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18.12.10 / Heiliger Schriftgelehrter / Vor 1100 Jahren starb Kyrills und Methods Schüler Naum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-10 vom 18. Dezember 2010

Heiliger Schriftgelehrter
Vor 1100 Jahren starb Kyrills und Methods Schüler Naum

Ende Oktober veranstalteten die Bulgaren, Anfang November die Mazedonier internationale Kongresse über Leben und Werk des Heiligen Naum, von dem nur zwei Fakten unstrittig sind – dass er einer der Schüler der „Slawenapostel“ Kyrill und Method war und dass er am 23. Dezember 910 verstarb. Kyrill und Method, byzantinische Mönche und Slawen aus Thessaloniki, hatte der byzantinische Kaiser Michael III. 863 ins Großmährische Reich geschickt, damit sie dort das Christentum in slawischer Sprache verbreiteten. Für Übersetzungen liturgischer Texte hatten die beiden ein neues Alphabet entwickelt, die „Glagoliza“, die ihre slawischen Gehilfen und Begleiter, darunter Naum, Kliment und Angelarij, im südslawischen Raum verbreiteten. Kyrill starb 869 in Rom, Method 885 in Mähren, ihre Schüler wurden von deutschen Klerikern unter Bischof Wiching von Neutra aus dem Land gedrängt.

Der Naum-Trupp kam nach Belgrad, damals ein Grenznest im altbulgarischen Reich, und reiste weiter in die Hauptstadt Pliska, wo Fürst Boris sie erfreut aufnahm. Der hatte 864 mitsamt allen Bulgaren und dank der Vermittlung seines fränkischen Partners, König Ludwigs des Deutschen, von Byzanz das Christentum angenommen. Das bescherte den slawischen Bulgaren eine gräzisierte Kirche, die sie nun durch Naum und die Seinen slawisieren wollten. Fürst Boris platzierte die Neuankömmlinge umsichtig, schickte den genialischen Kliment ins makedonische Ohrid, behielt den diplomatischen Naum in der Hauptstadt Pliska und ließ beide an ihren Wirkungsorten Schulen nach dem Muster der berühmten Magnaura-Schule von Byzanz gründen. An der hatten Kyrill gelehrt und Simeon, Sohn und Nachfolger des Bulgarenfürsten Boris, wie auch Naum studiert. Kliments Ohrider Schule ist die berühmtere, weil sie 3500 Mittler von Kyrills und Methods Schriftkultur ausbildete und zu allen Slawen schickte.

Das war möglich, weil im makedonischen Süden die Slawen unter sich waren und in der nördlichen Hauptstadt die slawische Magnaura-„Fraktion“ um Naum und Simeon ihre dortige Schule zur Denkfabrik gegen Byzanz ausbaute. Details hat Naum, unter dem Pseudonym Tschernorisez hrabar (mutiger Mönch), in dem Traktat „Über die Buchstaben“ gewürdigt, wo er als Mitbeteiligter das Werk von Kyrill und Metod feiert. Doch eigentlich haben wir keine Originaltexte von ihm – weil dieser polyglotte Schriftkundige den Herrschern Boris und Simeon als Premier, Außenminister, Geheimdienstchef, Archivar, Berater und in weiteren Rollen diente, die nicht für den offenen Markt taugen. So berichtete es der Deutsche Regino von Prüm, der 893 Augenzeuge des bulgarischen Reichstags war, als Simeon zum Zaren gekrönt wurde, Bulgarien die nationalkirchliche Unabhängigkeit von Byzanz erlangte und das Duo Simeon und Naum die alte Schriftnorm „Glagoliza“ gegen die leichtere „Kyrilliza“ auswechselte – ein Kompromiss-Alphabet, dem griechischen ähnelnd und so griechische Aggressivität gegen „barbarische“ Slawenkultur dämpfend. In Makedonien hielt man noch drei Jahrhunderte an der Glagoliza fest, und dorthin ging Naum, um am Ufer des Ohrid-Sees sein Kloster zu bauen, das später nach ihm benannt wurde. Seine und Simeons Kyrilliza ist seit dem EU-Beitritt Bulgariens 2007 „europäische“ Schriftnorm, die wohl bald auf jedem Euroschein erscheinen wird. Naums Lehrer Kyrill und Method hat Papst Johannes Paul II. 1980 zu Schutzpatronen Europas erhoben. Vielleicht wird Naum das auch, da doch aller guten Dinge drei sind. Wolf Oschlies


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