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18.12.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-10 vom 18. Dezember 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

„Süßer die Glocken nie klingen als zu der Weihnachtszeit“, so singen wir jetzt auf unseren Adventsfeiern, und manchmal tönt auch der Klang unserer heimatlichen Kirchenglocken mit, moderne Tonträger machen’s möglich. Aber ostpreußische Kirchenglocken, die rechtzeitig ausgelagert und in Glockenarchiven bewahrt blieben, hängen heute in den Türmen hiesiger Kirchen, und von einer berichtet uns Frau Helga Krause aus Langenhagen. Was sie uns darüber mitteilt, passt so recht in diese Tage vor dem Fest: „Weihnachten steht vor der Tür, und ich wollte Ihnen schon lange geschrieben haben. Anlässlich einer Weihnachtsfeier im vergangenen Jahr, zu der mich meine Cousine in ihre Gemeinde eingeladen hatte, habe ich erfahren, dass eine Kirchenglocke aus Königsberg ihren Weg zu meinem jetzigen Wohnort gefunden hatte. Ich war darüber sehr erfreut und wollte Ihnen das schon längst mitgeteilt haben.“ Es ist gut, liebe Frau Krause, dass sie diese Glockenlegende für die Adventszeit aufbewahrt haben, jetzt fügt sie sich so gut in unsere weihnachtlich gestimmte Familie ein. Der zuständige Pastor übergab Frau Krause die Chronik der Kirche von Langenhagen, in der auch die Geschichte dieser ostpreußischen Glocke enthalten ist. So steht es da zu lesen:

„Das Geläut dieser Kirche bestand aus vier Glocken. Nach dem Krieg wurde das Geläut durch eine weitere Bronzeglocke bereichert. Diese Glocke mit Schlagton b-7/16, Durchmesser 0,86 Meter, 360 Kilogramm, stammt von der Glockengießerei Dörling in Königsberg/Preußen aus dem Jahre 1746 und trägt die Inschrift: Wenn ich die Ohren fülle, so füllst Du, Gott, das Hertz, sonst ist mein Ruf zum Grab und des Lebens gewiss vergebens. Soli den gloria, me fecit Johann Christoph Dorling Regiomonti 1746.

Diese Glocke hing nicht in einer Königsberger Kirche, sondern in der von Friedland, Kreis Bartenstein. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie vor dem Einschmelzen bewahrt und in den Westen Deutschlands gebracht. Bei der Kirchenvisitation im Jahre 1953 in Langenhagen hörte die Gemeinde durch den Glockenrevisor von der Existenz der ostpreußischen Glocke. Dank der Initiative des in Langenhagen tätigen, aus Ostpreußen vertriebenen Pastoren-Ehepaares Nasner wurde daraufhin die Glocke nach Langenhagen gebracht. Am 1. Weihnachtstag 1956 fand die Weihe der Glocke statt. So die Kirchenchronik von Langenhagen. Wir danken Frau Helga Krause für ihre Bemühungen um die Herkunft der Glocke und die Übermittlung ihrer Nachforschung. Es waren damals viele Glocken ausgelagert, ein Teil befand sich nach dem Krieg im Hamburger Hafen, und im Jenisch-Haus, an der Elbchaussee wurden alle geretteten Glocken sorgfältig registriert. Ich habe 1950 das Glockenarchiv besichtigt, das leider später aufgelöst wurde, und auch für das noch junge Ostpreußenblatt geschrieben.

Damals hatte ich auch über jenen Flüchtlingsjungen geschrieben, den ich in einem Lüneburger Kinderheim fand und der als „österreichisches“ Waisenkind nach Salzburg gebracht werden sollte, weil man dort seine Heimat vermutete. Er stammte aber, wie ich feststellte, aus Hohensalzburg, dem alten ostpreußischen Lengwethen, das 1938 so umbenannt wurde aufgrund seiner Geschichte als Siedlungsdorf der Salzburger Einwanderer. So konnte der kleine Werner, der auf der Flucht von seinen Angehörigen getrennt worden war, wieder zu seiner Familie finden. Ich erwähnte diesen Vorgang in Folge 46 in Zusammenhang mit dem Suchwunsch von Horst Ulrich aus Stemmen, dessen Schicksal als Findelkind noch immer ungeklärt ist, was auch nach so langer Zeit auch sehr schwierig ist, bislang erfolgte jedenfalls noch keine Reaktion auf die Veröffentlichung. Aber es kam eine andere und die bezieht sich auf den Fall des kleinen Werner in dem Lüneburger Kinderheim. Herr Gert-Hartwin Quiring, Erster Vorsitzender des BdV-Verbandes Mainz/Stadt und des Landesverbandes Rheinland-Pfalz des Bundes der Danziger, schreibt: „Vor einiger Zeit erhielt ich ein kleines Buch mit dem Titel ,Tohuus is tohuus‘ von 1951 für Ostpreußen, Westpreußen und Danziger, erschienen im Zeit-Verlag, Hamburg. Dort ist eine wunderschöne Geschichte abgedruckt, wie eine Flüchtlingsfrau ihren kleinen Sohn wieder fand. Die Gewissheit, dass es ihr Sohn war, kam ihr, als sie das Spiel der Waisenkinder ,Hänschen klein‘ beobachtet. ,Lieb Mama, ich bin da …‘ singen die Kinder am Schluss, und Hänschen läuft zu der Schwester, schlingt die Arme um ihren Hals und gibt ihr drei lange Küsse, einen auf die linke, einen auf die rechte Wange und einen auf den Mund. Damit hat die Mutter mit endgültiger Bestimmtheit festgestellt, dass es ihr Sohn ist, weil sie das Kinderlied damals mit ihm genau so gespielt hat. Steckt in dieser Geschichte eine wahre Begebenheit dahinter?“

Ich weiß nicht, ob Herr Quiring, als er den Brief schrieb, die „Ostpreußische Familie“ in Folge 46 schon gelesen hatte, ich glaube nicht, denn sonst wäre ihm die Ähnlichkeit der Vorgänge aufgefallen. Tatsächlich hat mich damals, als das Flüchtlingskind aus Hohensalzburg/Lengwethen durch meine Berichte seine Familie wieder gefunden hatte, dieser Vorgang so beschäftigt, dass ich ihn als Stoff für eine Kurzgeschichte verwendete, um auch in literarischer Form auf dieses so wichtige Thema aufmerksam zu machen, das – wie man jetzt am Beispiel des Horst Ulrich sieht – noch immer aktuell ist. Sie wurde in dem erwähnten Buch veröffentlicht, später schrieb ich sie noch einmal um, nannte sie „Das Pitschchen“, und unter diesem Titel erschien sie zuletzt im Kalenderbuch „Der redliche Ostpreuße“, Jahrgang 2002. Ich freue mich natürlich sehr, dass Herrn Quiring diese Geschichte so gefallen hat – was kann sich ein Schriftsteller mehr wünschen?

Ich würde auch gerne ein neues Buch schreiben, aber die Arbeit für die „Ostpreußische Familie“ hat nun einmal Vorrang, denn da geht es nicht um fiktive, sondern reale Schicksale. Die „Bunten Nuschtkes“, die früher unsere Kolumne bestimmten – also die kleinen, unsere ostpreußische Lebensart betreffenden Wünsche und Fragen –, sind längst und leider in den Hintergrund getreten. Und da viele neue Leserinnen und Leser hinzugekommen sind, die keine persönlichen Beziehungen zu uns Ostpreußen und unserer Heimat haben, ist die Arbeit schwieriger und zeitaufwendiger geworden. Immer wieder muss ich betonen, dass unsere „Ostpreußische Familie“ ein Redaktionsbeitrag ist, der unser Leserschaft eine Kommunikationsmöglichkeit auf breiter Basis bietet, aber wir können – um nur ein Kriterium zu nennen – keine fachlich fundierte Familienforschung betreiben. Meine „Ein-Frau-Redaktion“ wäre da gänzlich überfordert. So bin ich Herrn Dr. Wolfgang Klein aus Schwörstadt dankbar, dass er mir auf einem Seminar im Ostheim in Bad Pyrmont sein Ortsverzeichnis mit über 52000 Ortsnamen mit ihren Synonymen überlassen hat – eine großartige Arbeit! –, aber es stimmt schon, wie er jetzt in einem Brief schreibt: „Sie haben sicher nicht immer die Zeit, in verschiedenen Verzeichnissen nach Namen zu suchen“. Deshalb bin ich froh, dass er dies im Falle „Czarnowken“, den wir in Folge 47 behandelten, getan hat und Folgendes erklärt:

„Nun zum Ort Czarnowken (wohl gegründet und erstmalig in Urkunden erwähnt 1572). In meinem Verzeichnis sind folgende Synonyme für diesen Ort aufgeführt: Czarne (1663), Carnowken, Zarnen, Zarnoffcken und Zarnoffken. Der von Herrn Becker genannte Namen Zarnowski ist die oft verwendete Anwendung – von Laien – von Ortsnamen mit en-Endung im masurischen Gebiet, was ich selbst erlebt habe. Bei Orten mit dem Anfangsbuchstaben Z in diesem Gebiet sollte fast immer nach SZ oder CZ gesucht werden. Was Sie auch getan haben.“

Vielen Dank, lieber Herr Dr. Klein, für diese Ortsnamen-Erklärung, wie sie präziser nicht sein kann. Das hätte wohl Herr Becker nicht erwartet, als er sich auf seiner vergeblichen Suche nach dem Heimatort seiner Vorfahren an uns wandte. Lieber Herr Dr. Klein, bleiben Sie mir und unserer Ostpreußischen Familie gewogen!

Und natürlich haben wir auch heute einen Suchwunsch. Er bezieht sich auf das Foto, das in den 20er Jahren in Wartenburg, Kreis Allenstein, aufgenommen wurde und drei junge, gut gekleidete Herren zeigt – schließlich handelt es sich um eine Atelieraufnahme. Dazu schreibt Herr Lothar Gadomski aus Delitsch: „Vertrauensvoll wende ich mich an Sie und unsere Ostpreußische Familie, die mir schon einmal bei meinen Nachforschungen zur Familiengeschichte geholfen hat. Diesmal besonders an die Wartenburger gerichtet, weil das Foto dort seinen Ursprung hat. Es wurde vermutlich Ende der 20er Jahre beim Fotografen Hermann in der Breitenstraße aufgenommen. Auf dem Foto sind drei junge Männer zu sehen. Stehend vermutlich der Neffe meines Vaters, ein Sohn des Fischers Grammsch, mit dem die Schwester meines Vaters verheiratet war. In dieser Familie wurde mein Vater aufgezogen, da seine Eltern sehr früh verstorben waren. Mein Vater Erich Gadomski, *21. November 1904, sitzt auf dem Foto rechts, erkenntlich an den ledernen Schaftstiefeln. Der neben ihm sitzende Mann ist unbekannt.“ Nach ihm sucht nun Lothar Gadomski, wie auch nach seinem Vetter Grammsch. Seinen Vater kann er nicht mehr befragen, Erich Gadomski verstarb bereits 1990. Die Abgebildeten dürften nicht mehr leben, aber vielleicht leben Nachkommen, die sich aufgrund dieses Fotos bei Lothar Gadomski melden, der für jede Information dankbar wäre. (Lothar Gadomski, Zur Wassermühle 7 in 04503 Delitsch, Telefon 034202/53045.)

Frau Roloff suchte in der Folge 49 alles über den Heiligen Martin, leider hat sich bei der Adresse der Fehlerteufel eingeschlichen. Es ist nicht Südring 716 sonder 71b. (Hildegard Roloff, Südring 71b, 18059 Rostock, Telefon 0381/200689.)

Auch das Jahr nähert sich nun langsam seinem Ende zu. Aber unsere Ostpreußische Familie nicht, sie läuft weiter, und wenn uns unsere Leserinnen und Leser weiter so die Treue halten, werden wir noch so manchen Wunsch erfüllen, manche Frage lösen können.

Eure Ruth Geede


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