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18.12.10 / Andere Blickwinkel / Kulturhistorisches Seminar für Frauen im Ostheim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-10 vom 18. Dezember 2010

Andere Blickwinkel
Kulturhistorisches Seminar für Frauen im Ostheim

Was erwartet Referenten, wenn sie auf dem alljährlich im November stattfindenden Kulturhistorischen Seminar für Frauen im „Ostheim“ in Bad Pyrmont sprechen? Fast 40 interessierte Frauen bilden den Teilnehmerkreis der Seminartage. Er setzt sich zusammen aus Frauen, die überwiegend aus Ostpreußen stammen und aus einigen, deren dauerhafte Liebe Ostpreußen gilt. Die Teilnehmerinnen legen Anreisewege aus ganz Deutschland, aus Polen und aus Litauen zurück. Mehr als die Hälfte sind Wiederkehrer, und das spricht für das Seminar. Alle eint, dass sie wissbegierig sind, dazulernen wollen und nach Möglichkeit neu erworbenes Wissen verbreiten.

Was erwarten die Zuhörerinnen von den Referenten? Verständlichkeit – auch bei komplizierten Themen – Anschaulichkeit, Fakten und (historische) Bezüge, Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit bei Zusammenhängen oder Beweisen. So die Anspruchshaltung zum Thema „Ost- und westpreußische Gedenktage 2010/11“.

Nach der von Uta Lüttich, Bundesvorsitzende der ostpreußischen Frauenkreise, gehaltenen Einführung in das Seminarthema, war es der Historiker Sven Ekdahl, der den Reigen der Referate eröffnete. In seinem Vortrag zu „1410 – Die Schlacht bei Tannenberg und ihre Folgen für das Deutschordensland“ war nicht nur von den Ursachen zu hören, die zum „Großen Krieg 1409−1411“ führten, sondern auch von der teils widersprüchlichen Geschichtsschreibung aus deutscher oder polnischer Sicht. Wer glaubte, schon viel über „Tannenberg“ zu wissen, konnte hier vom Detailwissen des Forschers profitieren. Schon 1411 (erster Thorner Friede) gab es ein „geheimes Zusatzprotokoll“ – ein Dokument, das erst 1979 entdeckt wurde.

Der „Fürst der Astronomie“ aus Danzig stand im Mittelpunkt der Ausführungen von Hans-Jürgen Kämpfert, „Zur Wiederkehr des 400. Geburtstages von Johannes Hevelius“. Dem Referenten gelang überzeugend, vor den Zuhörerinnen einen Menschen aus Fleisch und Blut auferstehen zu lassen, ihn in seiner Zeit und in seiner Bedeutung zu würdigen. Auch nicht Astronomie-Kundige werden jetzt den 28. Januar 1611, Hevelius Geburtstag, als Datum bewerten, an dem ein Mensch auf die Welt kam, dessen Lebensleistung sich nicht national einstufen lässt. Sie wurde für die Menschheit erbracht.

Einen völlig anderen Lebensweg, der vor 200 Jahren begann, zeichnete Bernd-Rüdiger Kern, der eine Professur für Bürgerliches Recht, Rechtsgeschichte und Arztrecht an der Universität Leipzig innehat, an der Person des in Königsberg geborenen Juristen und Parlamentariers Eduard von Simson. Simson, mit hoher rhetorischer Begabung ausgestattet, wurde 1848 in die Deutsche Nationalversammlung gewählt, war später Präsident des Reichstages bis 1874. Er wurde der erste Präsident des Reichsgerichts in Leipzig und 1885 der erste Präsident der von ihm mitbegründeten Goethe-Gesellschaft.

Stefan Hartmann, der 30 Jahre das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz geleitet hat, sprach über „Die Volksabstimmungen in Ost- und Westpreußen und ihre Bedeutung für das deutsch-polnische Verhältnis in der Zwischenkriegszeit“ – ein Thema, das neuralgische Punkte betrifft, die immer wieder Gegenstand von Untersuchungen von deutscher wie polnischer Seite sind. Hartmann konnte mit Hilfe eines konzentrierten Rückblicks auf die polnische Geschichte die in Teilen so andere Sehweise von polnischer Seite auf die Abstimmung im Jahr 1920 veranschaulichen. Er schloss mit dem Hinweis, dass die Dialogfähigkeit mit dem Beherrschen der polnischen Sprache wachse.

Der mit Spannung erwartete Vortrag von Margarete Dörr über „1945: Frauen- und Kindheitserfahrungen im II. Weltkrieg“ unter der Fragestellung „Was hat die Kriegsgeneration ihren Kindern mitgegeben?“, konnte leider wegen Erkrankung der Referentin nur verlesen werden. So entfiel auch die Diskussion.

„Fanny Lewald – eine Kämpferin für Frauenbildung und Frauen-emanzipation“ stellte Bärbel Beutner vor. Beutner wurde auf der Flucht aus Ostpreußen geboren; sie ist Lehrerin für Deutsch, Latein und Philosophie. Die 1811 in Königsberg geborene Fanny Lewald verdient, aus heutiger Sicht nach der Wirkung ihrer Ideen abgeklopft zu werden. Da, und auch in ihrem literarischen Nachlass sind überraschende Entdeckungen möglich.

An eine herausragende preußische Königin und ihren Tod vor 200 Jahren erinnerte Jürgen W. Schmidt. Er gehört, nach einem Studium der Geschichte, Psychologie und Erziehungswissenschaft, seit Anfang 2010 zu den vier Schriftleitern des neuen wissenschaftlichen Jahrbuchs „Preußenland“, das von der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung und der Kopernikus-Vereinigung gemeinsam herausgegeben wird. Wem ist Luise, die „Königin der Herzen“, nicht ein Begriff? In einem klar gegliederten Vortrag gab der Referent einen Überblick über ihre Lebensstationen und eine Einschätzung von Luises Nachleben in der Geschichte. Das „Luisenjahr 2010“ ist mit Beweis ihrer anhaltenden Bedeutung.

Ein weiterer Referent war der Chefredakteur der Preußischen Allgemeinen Zeitung / Das Ostpreußenblatt, Konrad Badenheuer. Seine Ausführungen zur Geschichte, Gegenwart und Zukunft dieses wichtigen Wochenblatts fand bei den Anwesenden großes Interesse. Ute Eichler


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