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25.12.10 / Jürgen Fuchs starb viel zu früh

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

Jürgen Fuchs starb viel zu früh
von Vera Lengsfeld

Selten ist der Veranstaltungsraum der Stiftung Aufarbeitung des SED-Unrechts so gefüllt wie an dem Abend, als der viel zu früh verstorbene Schriftsteller Jürgen Fuchs anlässlich seines 60. Geburtstags geehrt wurde.

Aus diesem Anlass hat "Hörbuch Hamburg" in Kooperation mit der Bundesstiftung Aufarbeitung des SED-Unrechts ein Hörbuch mit dem Titel "Das Ende einer Feigheit" herausgegeben. Eingerahmt werden die Texte von Fuchs, die der Autor selbst liest, von einem Essay der Nobelpreisträgerin Herta Müller und einem Lied seines Freundes Wolf Biermann.

So war es auch an diesem Abend. Erst las Herta Müller, dann diskutierten auf dem Podium die Witwe von Jürgen Fuchs, Ralf Giordano, Herta Müller und Wolf Biermann.

Es entstand ein Bild, wie es lebendiger nicht hätte sein können.

In der DDR galt der gut aussehende Fuchs als der Kopf der literarischen Opposition. Früh und scheinbar angstfrei sprach er aus, was andere kaum zu denken wagten: Die systematische, zerstörerische Schikane gegen die Soldaten der Nationalen Volksarmee, die Rekruten bis zum Selbstmord trieb, die Jagd auf desertierte sowjetische Soldaten, die immer tödlich endete, die Zensur von Veröffentlichungen, die Hohlheit der staatlichen Rituale.

Es ist das Verdienst von Herta Müller, immer wieder darauf hingewiesen zu haben, dass Jürgen Fuchs nicht nur ein politischer, sondern vor allem ein guter Schriftsteller war.

Als dem Publikum ein paar Texte, gelesen vom Autor selbst, zu Gehör gebracht wurden, fand es das bestätigt.

Man konnte sich dem Sog der klaren,  wohlgesetzten Worte nicht entziehen.

Jürgen Fuchs ließ sich von der Leidenschaft, mit der er die Diktatur der DDR bekämpfte, nie hinreißen. Sein Blick blieb stets kühl und analytisch. Es reicht, eines der Bücher von Fuchs zu lesen, und man weiß, dass die DDR ein Unrechtsstaat gewesen ist.

Mit Recht sah die Staatssicherheit in ihm einen ihrer Hauptfeinde.

Auch wenn es sich nie beweisen lässt: Fuchs’ früher Tod, er erlag einem Blutkrebsleiden, das von einer Überdosis radioaktiver Strahlen verursacht wurde, war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Werk der Stasi.

Am Schluss sang Wolf Biermann sein für Fuchs komponiertes Totenlied und erinnerte daran, dass der bedeutendste Komponist Deutschlands, Bach, fast 100 Jahre vergessen war. Und schloss: Jürgen Fuchs’ Zeit wird noch kommen.


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