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25.12.10 / "Vive le Waldsterben"

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

"Vive le Waldsterben"

Die Franzosen, sonst eifrig um den Schutz ihrer Sprache bemüht, machten sich gar nicht erst die Mühe, ein eigenes französisches Wort zu kreieren, und übernahmen einfach "le Waldsterben". Bis heute zelebrieren sie es als Synonym einer typisch deutschen Gemütserkrankung, die man den östlichen Nachbarn immer dann um die Ohren schlagen kann, wenn sie wieder einmal Welt und Wälder am deutschen Wesen genesen lassen wollen.

Erfunden hat das Waldsterben  1979 der Göttinger Bodenforscher Bernhard Ulrich. Ihm assistierte 1981 der Münchner Botaniker Peter Schütt mit "neuartigen Waldschäden", die freilich dem Rest der Fachwelt altbekannt waren. Sofort bemächtigte sich das grün-rote Lager des ideologisch ergiebigen Themas.

Als Ursachen wurden ausgemacht: Saurer Regen (1979), Atomkraft (1984), Auto-Abgase (1988), Richtfunk und Radarwellen (1990). Nobelpreisträger Günter Grass erspähte im dahinsiechenden Wald "das Elend der Schöpfung" und bekannte, da falle ihm "nichts literarisch Wegführendes" mehr ein. Insofern scheint der Wald sein ständiger Wegbegleiter gewesen zu sein.

Doch entgegen allen Prognosen, nach denen der Deutsche Wald nur noch ein paar Jahre zu leben hätte, erklärte das Bundesforschungsministerium 1993, ein Absterben ganzer Wälder sei "nicht mehr zu befürchten". 1996 bestätigte das Europäische Forstinstitut, das Wachstum (!) der Wälder habe sich in ganz Europa, auch in Deutschland, beschleunigt. Diese Meldungen wurden in unseren grün lackierten Leitmedien ausgeblendet. Außer im "Spiegel": Das kreative Intelligenzblatt konterte, indem es ein "krankhaftes Wachstum" postulierte, und faselt weiter vom "ökologischen Hiroshima" im deutschen Wald.   EB

Zeitzeugen

Philipp Franz Freiherr von und zu Guttenberg - Der jüngere Bruder des Bundesverteidigungsministers (geboren 1973) hat von seinem Vater, dem Dirigenten Enoch zu Guttenberg, die ausgeprägte Liebe zur Natur geerbt. In Edinburgh studierte er Forstwirtschaft und Ökologie, um sich ganz der Bewirtschaftung der im Familienbesitz befindlichen Ländereien in Deutschland und Österreich zu widmen. Er ist Vizepräsident des Zentralverbandes der Europäischen Waldbesitzer und Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände. In dieser Funktion übergab er Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Auftakt der Adventszeit eine 16 Meter hohe Rotfichte aus dem Fichtelgebirge, die nun im festlichen Weihnachtsschmuck dafür sorgt, dass im Kanzleramt der Name Guttenberg höchst präsent ist.

Adalbert Stifter - Der böhmische Dichter und Maler (1805-1868) hat wie kein anderer Autor des 19. Jahrhunderts dem Wald ein literarisches Denkmal gesetzt. Vor allem der Böhmerwald, in den er sich immer wieder zurück­zog, um seine angeschlagene Gesundheit zu pflegen, regte ihn zu großartigen Naturbeschreibungen an. Seine literarischen Vorbilder waren Goethe, Herder und Jean Paul. Als bildender Künstler stand er in der Tradition des Biedermeier, zu dessen bedeutendsten Vertretern ihn viele Kunstkritiker zählen.

Carl Maria von Weber - Der Pianist, Dirigent und Komponist (geb. 1786 in Eutin, gest. 1826 in London) hat mit dem "Freischütz" das bedeutendste Bühnenwerk der deutschen Romantik geschaffen. Anfang des 20. Jahrhundert urteilte der Komponist Hans Pfitzner (1869-1949): "Die Hauptperson des Freischütz ist sozusagen der Wald, der deutsche Wald im Sonnenglanz." Von Weber verstand es meisterlich, die musikalische Entdeckung der Natur mit dem künstlerischen Ausdruck patriotischer Gesinnung zu verknüpfen.

Elia Canetti - Der Schriftsteller russisch-jüdischer Abstammung (1905-1994) wuchs in England, Österreich, der Schweiz und Deutschland auf, wo er 1923 das Abitur machte. 1933 wurde er britischer Staatsbürger. 1981 erhielt er den Literaturnobelpreis. Von ihm stammt das wohl abfälligste Urteil über den deutschen Wald: "Das Massensymbol der Deutschen war das Heer. Aber das Heer war mehr als das Heer: Es war der marschierende Wald. Das Rigide und Parallele der aufrechtstehenden Bäume, ihre Dichte und ihre Zahl erfüllt das Herz des Deutschen mit tiefer und geheimnisvoller Freude." Adalbert Stifter scheint ihm auf seinen geistigen Waldspaziergängen nie begegnet zu sein. Schade.


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