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25.12.10 / Umstrittene Notwehr / Überlegungen zum "Fall Sittensen" - Wer hat den Fehler gemacht?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

Umstrittene Notwehr
Überlegungen zum "Fall Sittensen" - Wer hat den Fehler gemacht?

Wenn fünf maskierte und bewaffnete Räuber in ein Haus eindringen und der gehbehinderte 77-jährige Hausbesitzer zur Waffe greift und einen der Einbrecher erschießt, scheint der Fall klar: Ein lupenreiner Fall von Notwehr! Genau so liegen die Dinge im Falle der Tötung eines Bandenmitglieds Anfang vergangener Woche im niedersächsischen Sittensen. Doch da der Eindringling von hinten getroffen wurde, hat die Staatsanwaltschaft zunächst ein Ermittlungsverfahren gegen den Hausbesitzer eröffnet. Wie es heißt, ist eine Anklageerhebung äußerst unwahrscheinlich und ohnehin war nicht daran gedacht, den überfallenen Hobby-Jäger in Untersuchungshaft zu nehmen.

Der Fall hat indessen Anlass zu einer Diskussion über das Notwehrrecht gegeben. Alle Rechtsordnungen der Welt kennen seit Menschengedenken das Recht eines Angegriffenen, sich im Moment des Angriffs zu verteidigen, und nicht nur das: Auch attackierten Dritten darf durch "Nothilfe" gewaltsam geholfen werden.

Das Notwehrrecht steht wie ein archaischer Findling in der Rechtsordnung der modernen Staaten. Dem Privatmann ist in Deutschland seit der Verkündung des Ewigen Landfriedens von 1495 die Gewaltanwendung sonst verboten - nur Polizei und Militär dürfen noch Gewalt anwenden. Das Notwehrrecht ist gleichsam der verbliebene Rest des alten Fehderechtes aus vorstaatlicher und vormoderner Zeit.

Aber nicht nur zum staatlichen Gewaltmonopol stellt das Notwehrrecht eine Ausnahme dar, sondern auch zum Gewaltverbot als solchem: Das absolute Verbot aggressiver Gewalt begründet als singuläre Ausnahme das Recht der Selbstverteidigung, also der defensiven Gewalt. Das Notwehrrecht bestätigt dabei nur das Verbot der offensiven Gewalt. In diesem doppelten Sinne begründet das Notwehrrecht sogar die (ziemlich aus der Mode gekommene) Lehre vom gerechten Krieg, die zugleich das kategorische Verbot von Angriffskriegen bestätigt. So wie Einzelne sich gegen Angriffe wehren dürfen, ist dies auch Staaten erlaubt.

Noch in weiteren Bereichen steht das urtümliche Notwehrrecht "quer" zu anderen Gesetzen: Wer illegal eine Waffe führt oder gar benutzt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Nicht so bei Notwehr. Wer als Angegriffener sich mit einer illegalen, "schwarzen" Pistole wehrt, bleibt nicht nur waffenrechtlich straflos. Er hat sogar gute Chancen, in Zukunft einen Waffenschein zu bekommen, denn das sonst schwer nachweisbare "berechtigte Interesse" am Führen einer Waffe wurde durch den Angriff belegt.

Eine heikle Variante des Notwehrrechts ist die "Putativnotwehr": Jemand zieht im Finstern eine Waffe und ruft "Geld oder Leben!" Der Angegriffene zieht eine Pistole und drückt ab. Später stellt sich heraus, dass der Räuber nur eine Plastikwaffe gezogen hatte - was dann? Er bleibt straflos - genauso wie beim Notwehrexzess, wo der Angegriffene überreagiert hat. Im Falle Sittensen könnte just ein solcher Exzess vorliegen - wenn überhaupt. Wie zu lesen war, hat die Bande dem Hausbesitzer vor dem tödlichen Schuss eine Waffe an den Kopf gehalten.

Übrigens waren alle fünf Einbrecher Einwanderer, zwei davon mit deutschem Pass. Vielleicht hat also nicht der wehrhafte Hausbesitzer einen Fehler gemacht, sondern die deutsche Migrationspolitik.      K.B.


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