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25.12.10 / Aufregung um "Plan B" / In der Slowakei wächst die Euro-Skepsis - Ausstieg angedacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

Aufregung um "Plan B"
In der Slowakei wächst die Euro-Skepsis - Ausstieg angedacht

Die Skepsis gegenüber EU und Euro hat praktisch in ganz Europa steigende Tendenz. Für einiges Aufsehen sorgte nun aber eine Wortmeldung aus der Slowakei: Kein geringerer als Parlamentspräsident Richard Sulík, Chef der zweitstärksten Partei in der christlich-liberalen Koalitionsregierung, sagte in der Tageszeitung "Hospodárske Noviny", es sei höchste Zeit, dass die Slowakei aufhöre, blind den Führern der Eurozone zu vertrauen, und einen "Plan B" vorbereite, eine Rückkehr zur Slowakischen Krone. Man sei beim Beitritt vom Versprechen einer stabilen Währung und fester Regeln geleitet gewesen. Heute müsse man traurigerweise feststellen, dass diese Regeln nicht mehr die gleichen für alle seien. Die Haltung der EU-Kommission bezeichnete er als "weit entfernt von einem verantwortlichen Ansatz".

Zwar sah sich Sulík genötigt, seine Äußerungen zu relativieren, doch weiß er, dass sich seine Meinung mit der in der Bevölkerung und sogar in der Regierung deckt. Die Slowakei, die seit 2004 der EU angehört, ist nämlich das bisher einzige Land hinter dem einstigen Eisernen Vorhang, das 2009 den Euro einführte und auch alle Maastricht-Kriterien erfüllte. Was bereits damals längst nicht mehr für alle Euro-Teilnehmer galt. Die Slowakei hat sich auch als einziges nicht am "Rettungsschirm" für Griechenland beteiligt und war deswegen Anfeindungen ausgesetzt, besonders vom luxemburgischen Premier Jean-Claude Juncker. Nicht zuletzt nährt sich der slowakische Frust am Beispiel der Tschechei, des stärkeren Teils der vormaligen CSSR, die den Euro nicht einführte - und daraus keinen Schaden hatte.

Die Slowakei selbst konnte seit der Trennung 1993 ein erstaunliches Wirtschaftswachstum verzeichnen. Zur Vereinfachung des Steuersystems wurde 2004 zugleich mit dem Euro eine "Flat-tax" eingeführt. Der einheitliche Steuersatz von 19 Prozent auf alle Einkommen ist für ausländische Investoren dann attraktiv, wenn es mit dem eigenen Land Doppelbesteuerungsabkommen gibt.

Ein großes Problem ist aber das krasse West-Ost-Gefälle: Während die Gegend um die Hauptstadt Preßburg österreichisches Niveau erreicht, sind im Osten Wirtschaft und Infrastruktur eher wie in der Ukraine. Und das trübt auch das Ansehen der Slowakei im Ausland, denn viele Bettler und Einbrecher, die in Österreich und Deutschland ihr Unwesen treiben, kommen aus der Ostslowakei. In den Medien werden sie aber einfach als Slowaken bezeichnet, weil es als rassistisch gilt, deren Volksgruppe beim Namen zu nennen. Jüngstes Kuriosum: Ein ostslowakischer Bettler hat beim österreichischen Verfassungsgericht Beschwerde gegen das Verbot gewerbsmäßigen Bettelns eingereicht, weil durch das Gesetz seine Grundrechte auf Erwerbsfreiheit gestört würden. Es gilt als sicher, dass er nur ein Strohmann für die organisierte Bettel-Mafia ist.

Das Verhältnis der Slowakei mit Ungarn hat sich in jüngster Zeit entspannt, wobei gemeinsame wirtschaftliche Interessen wie etwa bei der Energieversorgung, aber auch die Regierungsbeteiligung einer gemäßigten Ungarnpartei mitspielen. Konfliktthema bleibt allerdings das ungarische Gesetz über die doppelte Staatsbürgerschaft für ungarische Minderheiten im Ausland. R. G. Kerschhofer


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