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25.12.10 / Hoffen auf ein Weihnachtswunder / 1944: Alfred Graf Schenk

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-10 vom 25. Dezember 2010

Hoffen auf ein Weihnachtswunder
1944: Alfred Graf Schenk von Stauffenberg glaubte, der letzte Stauffenberg zu sein

Obwohl Hitler angekündigt hatte, die ganze Familie Stauffenberg auszurotten, betet der Neffe des Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg, der sich am Heiligabend 1944 bereits in Kriegsgefangenschaft befand, um  ein Weihnachtswunder.

Die stille Hoffnung auf ein "kleines Weihnachtswunder" erfüllte sich bei der letzten Kriegsweihnacht 1944 nicht für Alfred Graf Schenk von Stauffenberg. Der 21-jährige Fallschirmjägerleutnant blieb hinter Stacheldraht in einem amerikanischen Gefangenenlager ohne jedes Lebenszeichen von seiner Familie auf Schloss Amerdingen und auch der Verwandtschaft des Fürstenhauses Oettingen-Wallerstein in Bayerisch-Schwaben.

Nach dem misslungenen Attentat des Onkels von Graf Alfred, Claus Graf Schenk von Stauffenberg, auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" bei Rastenburg in Ostpreußen war jede Verbindung abgebrochen. Amerikanische Zeitungen berichten, Hitler habe die ganze Sippe Stauffenberg "erbarmungslos ausrotten lassen". Den Weihnachtsgottesdienst mit einem Mitgefangenen deutschen Militärpfarrer und rund 50 Kameraden beging der 21-Jährige im Gedenken an seine tot geglaubte Familie. Der Gesang von der "Stillen Nacht … der Heiligen Nacht" fiel schwer. Heute gesteht der 87-jährige Schlossherr von Amerdingen: "Wenn es mir dreckig ging, habe ich gebetet."

Bei den letzten Kämpfen des deutschen Afrikakorps in Tunis war der Leutnant des Fallschirmjäger-Sturmregiments am 13. Mai 1943 im Granatwerferbeschuss schwer verwundet worden. Mit 24 Granatsplittern im Kopf wachte Graf Alfred als Kriegsgefangener im Wüstensand auf. In der drückenden Hitze hatte der "Stauff", wie ihn seine Kameraden nannten, den Stahlhelm abgesetzt. Vielleicht rettete die schmerzhafte Verwundung dem wegen seiner Tapferkeit bewunderten und die vorderste Front nie scheuenden Amerdinger das Leben. Auf jeden Fall war er der einzige Stauffenberg, welcher 1944 der Sippenhaftung nicht zum Opfer fiel.

Ungeachtet aller schmerzlichen Erfahrungen ist Alfred Graf Schenk von Stauffenberg in mancherlei Hinsicht dankbar für ein reich erfülltes und kampferprobtes Leben. Freunde sagen ihm nach, solche Vorbilder würden heute schmerzlich vermisst: "Der Amerdinger Graf ist wie eine starke Eiche in seinem Wald."

Dankbarkeit erfüllt Graf Alfred für die Wehrmachtseinheit unter Offizier Wichard von Alvensleben, die kurz vor Kriegsende im Tiroler Pustertal seine Eltern, Graf Marwart und dessen Ehefrau Olga-Marie, die Töchter Ines und Alexandra sowie den 15-jährigen Bruder Clemens auf einem Todesmarsch der SS befreite. Mit Waffengewalt wurden rund 160 KZ-Gefangene gerettet. Unter ihnen waren auch der frühere Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht, Pastor Martin Niemüller und ausländische Politiker. Sie alle sollten ermordet und in einem See versenkt werden.

Von großen Glücksgefühlen überwältigt war das Wiedersehen der Grafenfamilie Stauffenberg nach dem Zweiten Weltkrieg im Schloss Amerdingen.

Voller Bewunderung ist Alfred Graf Schenk von Stauffenberg für die tapferen Frauen der Familien, voran für die Ehefrau des Hitler-Attentäters Graf Claus, Nina Gräfin Schenk von Stauffenberg († 2006). Sie hatte am 27. Januar 1945 in der Haftzeit die Tochter Konstanze zur Welt gebracht. Sehr bewundert er auch seine fast 92-jährige, von hohen Idealen geprägte Schwester, Delie Fürstin zu Oettingen-Wallerstein, die er regelmäßig besucht. Und Denkmäler im Herzen setzt er auch der Prinzessin Rose-Marie zu Oettingen-Wallerstein (Gräfin Strasoldo-Graffenberg). Sie starb 85-jährig im Jahr 2008. Die einzige Tochter des Fürstenpaares Eugen und Marianne zu Oettingen-Wallerstein führte mit großem Mut Anfang 1945 einen Pferdetreck von Schlesien bis nach Wallerstein.

Unvergessen ist auch die unerschrockene Testpilotin Melita, die Ehefrau Alexander von Stauffenbergs, dem älteren Bruder des Hitlerattentäters. Sie wurde nach dem 20. Juli 1944 verhaftet, kam aber angeblich auf dringenden Einspruch von Hermann Göring frei. "Litta" absolvierte insgesamt über 2500 Sturzflüge auf mitunter gefährlichen Erprobungen neuer Flugzeugtypen. Melitta Stauffenberg hielt einfallsreich und ihre Sonderstellung ausnutzend Kontakt zu Häftlingen und deren Familien. Sie linderte so manches Fegefeuer der Verzweiflung. Große Trauer herrschte, als diese Heldin am 8. April 1945 von einem amerikanischen Jäger in Bayern abgeschossen wurde und starb.           Johannes Schmidt


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