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01.01.11 / Lebensschutz bleibt erlaubt / EGMR betätigt Irland: Abtreibung ist kein Menschenrecht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-10 vom 01. Januar 2011

Lebensschutz bleibt erlaubt
EGMR betätigt Irland: Abtreibung ist kein Menschenrecht

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Mitte Dezember ein Urteil zur Abtreibungspraxis in Europa und zur Frage der damit einhergehenden Souveränität der Mitgliedsländer gefällt. Geklagt hatten zwei Irinnen und eine Litauerin, die in Irland lebt. Alle drei hatten im Jahr 2005 in England abtreiben lassen. Zwei Klägerinnen hatten ihren Wunsch nach Abbruch der Schwangerschaft mit familiären Motiven begründet, die dritte nannte medizinische Gründe. In Irland sind Abtreibungen seit langem mit hohen (theoretisch sogar lebenslangen) Freiheitsstrafen bedroht. Seit 1983 steht das Lebensrecht der Ungeborenen sogar in der irischen Verfassung.

Die geübte Praxis in Irland verbietet zwar eine Abtreibung im Inland, ohne aber Abtreibungen im Ausland zu ahnden. Sogar die medizinische Nachsorge in Irland wird sichergestellt. Die drei Klägerinnen hatten vorgetragen, dass das Abtreibungsverbot generell ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Recht auf Privatleben sei. Abtreibungen in England seien "unnötig kompliziert, teuer und traumatisch". In 40 europäischen Staaten sei eine Abtreibung aus gesundheitlichen Gründen möglich. In 30 Staaten sei der Schwangerschaftsabbruch sogar tendenziell erlaubt. Das strenge Verbot in Irland widerspreche einem "europäischen Konsens" und sei deshalb unverhältnismäßig.

Der Urteilsspruch stellte hingegen fest, dass das weitgehende Abtreibungsverbot in Irland nicht gegen Menschenrechte der Frauen verstößt. Man könne aus Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der den Schutz des Familien- und Privatlebens garantiert, kein Recht auf Abtreibung herauslesen. Die Richter bestätigten auch die irische Souveränität in dieser Frage. Der dortige Gesetzgeber habe auf der Grundlage der "tiefen moralischen Werte des irischen Volkes" zwischen den Grundrechten auf Schutz des Privatlebens und dem Recht der ungeborenen Kinder auf Schutz ihres Lebens abgewogen. Es liege im Ermessen jeden Staates, zu definieren, wann das Leben beginne, stellte die Große Kammer des Straßburger Gerichts fest.

Die dritte Klägerin erzielte einen Teilerfolg. Sie soll nun 15000 Euro Entschädigung erhalten, weil sie eine Abtreibung in Großbritannien habe vornehmen lassen. Die Litauerin war zunächst an Krebs erkrankt, hatte diese Krankheit aber schließlich überwunden. Die Schwangerschaft hätte zu einem neuerlichen Ausbruch der Krankheit führen können, so ein von ihr vorgelegtes ärztliches Attest. In diesem Fall sahen die Richter "ein Recht auf Abtreibung".

2009 wurden in Großbritannien 4422 Abtreibungen gezählt, bei denen die Frauen eine irische Adresse angegeben hatten. Da aber auch Irland in der Praxis weitgehend auf die Strafverfolgung verzichtet, ist die Aufrechterhaltung des Abtreibungsverbotes eher ein moralischer Appell. Der aber scheint Auswirkungen auf die Kinderzahl zu haben. Irland hat eine der höchsten Geburtenraten in Europa. Radio Vatikan begrüßte das Urteil, während die bundesdeutsche "taz" ihrer Empörung Ausdruck verlieh. Zwei andere Zeitungen verdrehten das Urteil fast in sein Gegenteil: Die Wiener Tageszeitung "Die Presse" titelte mehr als schief "Irland: Abtreibungsverbot verstößt gegen Menschenrechte", während die "Kölnische Rundschau" die Schlagzeile: "Gericht rügt irisches Verbot von Abtreibungen" über ihren Bericht setzte.   Hans Lody


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