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01.01.11 / Ein echter Wiener geht nicht unter / Er spielte den Grantler mit Herz: Erinnerung an den unvergessenen Schauspieler Hans Moser

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-10 vom 01. Januar 2011

Ein echter Wiener geht nicht unter
Er spielte den Grantler mit Herz: Erinnerung an den unvergessenen Schauspieler Hans Moser

Wien im Jahr 1938. Der "Anschluss" Österreichs ans Deutsche Reich ist vollzogen. Unterhaltungsfilme, die vom grauen Alltag der nationalsozialistischen Diktatur ablenken sollen, haben Hochkonjunktur. Hans Moser und Heinz Rühmann stehen für das Lustspiel "13 Stühle" vor der Kamera. Ungebetener Zaungast der Dreharbeiten ist NS-Reichskommissar Josef Bürckel. Moser gerät in Panik: Da seine Ehefrau Blanca Jüdin ist, fürchtet er Repressalien des Regimes. Heinz Rühmann versucht zu vermitteln und informiert Bürckel in einer Drehpause über Mosers Befürchtungen. Der Reichskommissar lässt ausrichten, Moser stehe unter seinem persönlichen Schutz und könne ihn tagsüber jederzeit anrufen. Hinter vorgehaltener Hand reagiert Moser voller Argwohn auf das Angebot: "Tagsüber? Und was mache ich bitte nachts?"

Die Tragikomik der eingangs beschriebenen Situation könnte Bestandteil eines typischen Hans-Moser-Films sein. Denn Kleinbürger, die der Willkür der Obrigkeit trotzen, gehören von jeher zu den Paraderollen des am 6. August 1880 als Johann Julier in Wien geborenen Schauspielers. Von Mitte der 1930er bis in die 1960er Jahre zählt Hans Moser zu den beliebtesten Stars des deutschsprachigen Unterhaltungsfilms. Kauzigkeit und Griesgrämigkeit der von ihm in über 150 Filmen dargestellten Charaktere lassen ihn als Anti-Typ zu strahlenden Leinwandhelden wie Hans Albers oder Willy Birgel erscheinen. Doch diese oberflächliche Wahrnehmung täuscht. Denn auch Moser spielt im Film seine ganz persönliche Heldenrolle: Die des Überlebenskünstlers und Alltagshelden.

Schauspieler Hans Moser ist die Summe seiner leidvollen Erfahrungen. Er ist bereits 45 Jahre alt, als ihn 1925 ein Ruf ans renommierte Theater in der Josefstadt ereilt. Durch seine jahrzehntelange Tätigkeit bei Bühne, Kabarett und Operette darstellerisch gereift, macht Moser als volkstümlicher Komödiant in Stücken von Nestroy, Arthur Schnitzler und Ödön von HorvÄ¡th von sich reden. Während das Aufkommen des Tonfilms Ende der 1920er Jahre manch altgedientem Stummfilmstar zu schaffen macht, erweist es sich für Moser als Glücksfall, beruht seine darstellerische Wirkung doch darauf, neben mimischen und ausladenden gestischen Mitteln auch seine eigentümliche Sprechweise einsetzen zu können. Binnen kurzem werden Mosers Nuscheln und wienerisches Raunzen zu unverwechselbaren Markenzeichen. Seinem Typ entsprechend wird er im Film zum Inbegriff des schrullig-geizigen Kleinbürgers mit harter Schale und goldenem Herzen. Vor allem seine gemeinsamen Auftritte mit Kollegen wie Heinz Rühmann und Theo Lingen kommen bestens an.  

Mosers berufliche wie persönliche Situation ändert sich schlagartig, als seine österreichische Heimat Mitte März 1938 von Wehrmachtstruppen besetzt und Teil des Deutschen Reiches wird. Zwar stehen Mosers komödiantische Qualitäten auch bei den nationalsozialistischen Machthabern hoch im Kurs. Dennoch darf Moser nur mit Sondergenehmigung des Berliner Propagandaministeriums beim Film arbeiten. Grund dafür ist Mosers Ehe mit seiner jüdischen Frau Blanca. Um der Verfolgung in Wien zu entgehen, emigriert Blanca Moser nach Budapest. Erst im Oktober 1944 kehrt sie zu ihrem Mann nach Wien zurück.

Mosers private Sorgen gehen mit einem beruflichen Höhenflug einher. Wie kein Zweiter scheint Hans Moser dazu berufen, der k.u.k. Vergangenheit Wiens zu einer filmischen Renaissance zu verhelfen. Bewährter Partner in vielen Wien-Filmen ist Paul Hörbiger, dessen elegantes Ä„ußeres und legerer Charme in effektvollem Gegensatz zum kleingewachsenen und meist hektisch agierenden Moser stehen. In "Wir bitten zum Tanz" spielen die beiden zwei miteinander verfeindete Tanzschulen-Inhaber und lassen 1944 im Musikfilm "Schrammeln" das Alt-Wiener Volkslied wieder aufleben.

Auch nach 1945 ist Hans Moser ein dem Kinopublikum stets willkommener Unterhaltungskünstler. Bei der Auswahl seiner Rollen bleibt er dem Rezept aus Vorkriegs- und Kriegsjahren treu. Mit dem Komödien-Evergreen "Hallo, Dienstmann" greift Moser 1951 nochmals seine Paraderolle des behäbigen, jedoch ums Wort nie verlegenen Wiener Dienstmanns auf.

Mehr denn je wirken Moser und sein Dauerpartner Hörbiger wie liebenswerte Relikte einer vergangenen Epoche. Bereits zu Lebzeiten als österreichische Schauspielerlegende verehrt, starb Hans Moser am 19. Juni 1964 83-jährig in seiner Heimatstadt Wien.    Michael Wenk/Ricore


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