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08.01.11 / Die Kehrseite der Winteridylle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-11 vom 08. Januar 2011

Die Kehrseite der Winteridylle
von Vera Lengsfeld

Berlin ist seit vier Wochen schön wie selten. Der Schnee auf den Dächern, Bäumen und Wegen ist immer noch so weiß, dass die Stadt selbst bei grauem Himmel leuchtet. In der Nacht lässt der weiße Schein die Straßenbeleuchtung verblassen. Die Parks haben sich in romantische chinesische Tuschezeichnungen verwandelt. Die Vögel zwitschern, als wäre es Sommer. Lustige Schneemänner sehen den Kindern bei der Schneeballschlacht zu. Jede noch so kleine Erhebung wird zur Rodelbahn. Sogar Loipen sind entstanden, die eifrig von Skilangläufern genutzt werden.

Wer nicht arbeiten muss, für den ist Berlin ein Winterurlaubsparadies mit viel Kultur.

Alle, die ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, kennen die Kehrseite dieser Winteridylle.

In der Hauptstadt funktioniert nichts mehr so, wie es sollte. Wer morgens aus dem Haus geht, betritt, sofern er nicht selbst die Schaufel geschwungen hat, ungeräumte Gehsteige.

Selbst auf der Touristen-Meile Unter den Linden müssen sich die Besucher durch knöchel-, bis knietiefen Schnee pflügen. Wer sein Auto an einer Hauptstraße stehen hat, die noch geräumt wird, muss sein Fahrzeug von einer Schneemauer befreien, die der Schneepflug hinterlassen hat.

Im öffentlichen Nahverkehr verkehren die meisten Busse und Bahnen ohne jeden Bezug zum Fahrplan. Wer auf dem S-Bahnsteig seit 25 Minuten friert, bekommt alle fünf Minuten zu hören, dass man sich für die witterungsbedingten  Verspätungen entschuldige, weiß aber nicht, ob die ersehnte Bahn in fünf Minuten oder einer weiteren halben  Stunde kommt. Der Weg zur Arbeit wird somit unkalkulierbar.

Zwar gibt es eine Verordnung des rot-roten Senats, die hohe Strafen für Hausbesitzer vorsieht, die Schnee und Eis vor ihrer Tür nicht ordnungsgemäß beseitigen. Die Strafen werden aber nicht verhängt, weil sich selbst vor dem Roten Rathaus der Schnee türmt.

Die vom Senat verpflichtete Winterdienstfirma hat schon vor Wochen den Vertrag gekündigt, wie viele andere auch. Die Abschlüsse waren im Vertrauen auf die Klimaerwärmung getätigt worden, die für unsere Breiten angeblich nie wieder Winter bedeuten sollte.

Im unerwarteten Winter fehlt es nun an Personal, Material und Maschinen, um mit seinen Folgen fertig zu werden. Ist ein Schelm, wer da an sozialistische Misswirtschaft erinnert wird?


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