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08.01.11 / Musen, Maler, Musiker / Gedenktage 2011: Auch Männer und Frauen aus Ostdeutschland prägten die deutsche Kulturgeschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-11 vom 08. Januar 2011

Musen, Maler, Musiker
Gedenktage 2011: Auch Männer und Frauen aus Ostdeutschland prägten die deutsche Kulturgeschichte

Historisch Interessierte werden in diesem Jahr auf ihre Kosten kommen. Blättert man in den entsprechenden Nachschlagewerken, dann findet man den einen oder anderen bemerkenswerten Gedenktag. So bestätigten die Gebietiger des Deutschen Ordens am 6. Juli vor 500 Jahren in Königsberg die Wahl des Markgrafen Albrecht von Brandenburg (1490–1568) zum neuen Hochmeister des Ordens. Albrecht war mit 20 Jahren der jüngste Hochmeister, der jemals in dieses Amt berufen wurde, und hatte die schwere Aufgabe, den preußischen Ordensstaat zwischen polnischen Ansprüchen und außenpolitischen Zielsetzungen des Reiches zu sichern.

Auch Freunde der klassischen Musik haben in diesem Jahr etwas ganz Besonderes zu feiern: das Doppeljubiläum von Franz Liszt. Der Komponist und Klaviervirtuose wurde vor 200 Jahren im Burgenland geboren (22. Oktober) und starb vor 125 Jahren (31. Juli) in Bayreuth. „Lisztomania“ nennen die Österreicher das, was auf die Musikfreunde 2011 zukommt. Gemeint sind über das ganze Land verteilte Konzerte und Ausstellungen zum Thema Liszt.

Neben diesen beiden spektakulären Gedenktagen gibt es viele weitere bemerkenswerte Jubiläen. Vor 400 Jahren wurde der Astronom Johannes Hevelius in Danzig geboren (28. Januar). Er gab 1647 als erster eine Mondkarte heraus. Ebenfalls in Danzig wirkte ein Mann, der für die Kunstgeschichte nicht unbedeutend ist. Anton Möller aus Königsberg, den sie den Maler von Danzig nannten, war der erste große Barockmaler aus dem Osten. Er starb am 1. Februar vor 400 Jahren in Danzig. 125 Jahre sind vergangen, dass der Komponist und Musikkritiker Erwin Kroll in Deutsch Eylau, Kreis Rosenberg, geboren wurde. Der mit dem Ostpreußischen Kulturpreis der Landsmannschaft Ostpreußen Ausgezeichnete hinterließ ein Orchesterwerk „Ostpreußische Heimat“, eine Violinsonate in B-Dur, eine Sonatine in F-Dur, ostpreußische Tänze und eine Fantasie über ostpreußische Volksweisen für großes Orchester („Der Adebar“), Gesangswerke und Liedbearbeitungen, Lieder für Solo-stimmen und Chorlieder.

An vier Maler sei erinnert, die ebenfalls vor 125 Jahren geboren wurden: Ivo Hauptmann (9. Februar), Sohn des schlesischen Dichters Gerhart Hauptmann, Oskar Kokoschka (1. März), Alexander Kolde (2. März), Expressionist aus Rastenburg, und Wolf Röhricht (20. April) aus dem schlesischen Liegnitz, der vor allem durch seine virtuose Aquarelltechnik, seine Industrie- und Porträtdarstellungen sowie seine Landschaftsimpressionen bekannt ist.

Im böhmischen Benatek wurde 1709 Franz Benda geboren. Von 1773 bis zu seinem Tode am 7. März 1786 war er Mitglied der Hofkapelle Friedrichs des Großen. Er galt als einer der besten Geiger seiner Zeit und hatte zudem einen vorzüglichen Ruf als Violinlehrer. Doch auch als Komponist tat er sich hervor. Der Kraft des Wortes hatte sich Johannes Gillhoff verschrieben, der vor 150 Jahren, am 26. März 1861, in dem mecklenburgischen Dorf Glaisin geboren wurde. Mit seinem Brief-roman „Jürnjakob Swehn, der Amerikafahrer“ feierte er 1917 große Erfolge.

Vor 200 Jahren (24. März) wurde in Königsberg eine Frau geboren, die man heute eine „Emanze“ nennen würde. Bei Fanny Lewald, der Tochter des jüdischen Kaufmanns David Lewald, schieden sich die Geister. Gottfried Keller rühmte ihren „scharfen Verstand“, ver-

misste aber „Phantasie und Wärme“. Theodor Fontane gar fand sie „langweilig aus Prinzip“. Andere wiederum sahen in ihr eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und nannten sie in einem Atemzug mit George Sand. Auch bei der Bewertung des Schaffens von Friederike Kempner, der vor 175 Jahren (25. Juni) in Opatow, Provinz Posen, geborenen „schlesischen Nachtigall“, gingen die Meinungen weit auseinander. Die einen sahen in den Dichtungen des Landfräuleins einfach nur komische Entgleisungen, die anderen meinten hingegen, sie gehöre durchaus in die Literaturgeschichte des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Ins 20. Jahrhundert gehören zwei Künstler, deren Namen eng mit Ostpreußen verbunden sind. Vor 100 Jahren wurde die Bildhauerin und Dichterin Ursula Enseleit in Wenzken, Kreis Angerburg, geboren (25. Juli). In ihren Porträts vermochte sie die Seele ihres Gegenübers einzufangen, etwa bei der Büste des inzwischen verstorbenen pommerschen Schauspielers Klaus Granzow. In der Empfangshalle des Rathauses Bad Mergentheim findet sich eine besonders eigenwillige Bronzeskulptur der ostpreußischen Künstlerin, das „Quattuorvirat“, die die vier Köpfe der Ostdeutschen Georg Forster, Andreas Schlüter, Bogumil Goltz und Arthur Schopenhauer zeigt. 50 Jahre sind vergangen, da der Maler Hans Kallmeyer starb (25. August). Geboren in Erfurt, verbrachte er Kindheit und Jugend in Ostpreußen, wo er schließlich ein halbes Jahrhundert verbrachte. Auf der Kurischen Nehrung waren ihm naturnahe Studien der Tierwelt möglich. Bald wurde er als „Elchmaler“ belächelt, zu Unrecht, denn Kallmeyer hielt auch Hirsche, Seeadler, Reiher, Kraniche und Wildenten meisterhaft mit Pinsel und Farbe fest.

Alle diese Männern und Frauen haben auf ihre Art die Kulturgeschichte Deutschlands geprägt. Sie sind es wert, dass man sich ihrer erinnert.     Silke Osman


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