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08.01.11 / Darum West statt Ost / Warum die DDR falsch war

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-11 vom 08. Januar 2011

Darum West statt Ost
Warum die DDR falsch war

Riecht Lothar de Maizière nach Dackel? Wenn man das Buch nicht sehr großzügig liest, so drängen sich derartige Fragen auf. Anlass zu dieser Vermutung gibt eine ungelenk geschilderte Anekdote, in welcher neben de Maizière Barbara Bush und ihr Hund vorkommen. Leider handelt es sich nicht um eine einmalige Ungeschicklichkeit, über die man schmunzelnd hinweglesen könnte. Das Buch ist voller missverständlicher Formulierungen, Stilblüten, grammatikalischer Unsauberkeiten und lästiger Wiederholungen. Dies erstaunt umso mehr, als eigens ein Co-Autor ausgewiesen ist, der dem wahrscheinlich vielbeschäftigten Lothar de Maizière zur Seite gestanden hat. Oder besser: Zur Seite hätte stehen sollen.

Besonders ärgerlich ist das, weil der einzige und zugleich letzte frei gewählte Ministerpräsident der DDR, dessen Vorfahren Hugenotten waren, die sich in Berlin niedergelassen hatten, viel zu erzählen hat. Unter dem Titel „Ich will, dass meine Kinder nicht mehr lügen müssen – Meine Geschichte der deutschen Einheit“ legt er zwar keine umfassenden Memoiren, aber eine spannende Schilderung des sicher turbulentesten Jahres seines Lebens vor. Dabei lüftet der nicht einmal ein halbes Jahr amtierende Regierungschef zwar keine großen Geheimisse, zeigt aber doch eine Reihe von Ansichten und Aspekten auf, die die gängigen Darstellungen über diese Zeit eher stiefmütterlich behandeln.

Zu Recht weist de Maizière darauf hin, dass man noch immer von „Wende“ spricht und sich damit ausgerechnet eines Begriffs bedient, den der Honecker-Nachfolger Krenz aufgebracht hat. Als friedliche Revolution sei die Zeit vielmehr zu bezeichnen. Mehrfach zur Sprache kommt das gespannte Verhältnis zu Helmut Kohl, der zunächst von der unter Führung de Maizières stehenden DDR-CDU nichts wissen wollte. Kohl und insbesondere der damalige CDU-Generalsekretär Volker Rühe ließen im Umgang mit dem DDR-CDU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten mitunter die Fairness vermissen, was ihm bis heute sichtlich zu schaffen macht. Dass der Begriff „Allianz für Deutschland“ für das Wahlbündnis aus DDR-CDU, DSU und Demokratischem  Aufbruch eine Idee de Maizières war, die Kohl jedoch für sich reklamierte, ist dabei noch vergleichsweise harmlos, steht aber beispielhaft für den Umgang miteinander.

Die Anmerkung im Zusammenhang mit den Vorgängen des Jahres 1990, die Bundesrepublik habe sich 40 Jahre ein teures Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen, aber keines für Gesamtdeutsche Lösungen geleistet, ist treffend, wenn auch hinzuzufügen wäre, dass das Ministerium seit 1969 die Bezeichnung „für innerdeutsche Beziehungen“ führte. Klar Stellung wird auch zum Wort „Verfassungspatriotismus“ bezogen: Es sei ihm immer wie eine Pervertierung des Wortes Patriotismus vorgekommen – „meint das Wort Patriotismus doch Patria, also Vaterland“. Blühende Landschaften sieht de Maizière sehr wohl, wer dies nicht erkenne, sei blind oder ideologisch verblendet.

Der Beitritt sei der einzig richtige Weg gewesen, davon ist er fest überzeugt, auch wenn er mehrfach zu kämpfen hatte, dass dieser Beitritt nicht mittels einer unüberlegten ad-hoc-Abstimmung der Volkskammer schon mitten in den Verhandlungen erfolgte.

Die ihn belastenden Vorwürfe, er sei Zuträger der Staatssicherheit gewesen, kommen zur Sprache. Er versucht – natürlich – diese auszuräumen. Persönlich gibt sich de Maizière meist bescheiden und selbstkritisch.

Ganz uneitel ist er dann aber doch nicht. Dass Mitterand über ihn gesagt haben soll: „Endlich mal wieder ein deutscher Politiker mit Kultur“, freut ihn noch immer.          Erik Lommatzsch

Lothar de Maizière: „Ich will, dass meine Kinder nicht mehr lügen müssen – Meine Geschichte der deutschen Einheit“, unter Mitarbeit von Volker Resing, Herder-Verlag, Freiburg 2010, gebunden, 340 Seiten, 19,95 Euro


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