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15.01.11 / Vielerorts geht nichts mehr / Tote Gleise: Das Berliner S-Bahn-Chaos wird noch Jahre dauern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

Vielerorts geht nichts mehr
Tote Gleise: Das Berliner S-Bahn-Chaos wird noch Jahre dauern

Ihren Kunden hat die Deutsche Bahn (DB) in den vergangenen Wochen einiges zugemutet: ungeheizte Züge, Verspätungen, Ausfälle. An solche Zustände sind die Fahrgäste der Berliner S-Bahn schon länger gewöhnt. Seit 20 Monaten herrscht bei der DB-Tochter ein akuter Mangel an einsatzfähigem Zugmaterial. Zum Jahresanfang 2011 konnte aber selbst der bisherige Notfahrplan nicht mehr gewährleistet werden – auf einigen Strecken wurde der Zugverkehr in der ersten Januarwoche für einige Tage komplett eingestellt. Berliner Randgemeinden waren per S-Bahn nicht mehr erreichbar.

Statt der 562 für einen Normalbetrieb erforderlichen Doppelwagen waren zum Jahresbeginn nur 200 verfügbar. Gründe für den Ausfall der Züge sind neben eingefrorenen Weichen massive Probleme mit Rädern und Achsen. Hersteller Bombardier wirft der Berliner S-Bahn Versäumnisse in der Wartung vor. Dieses wiederum hält Konstruktionsmängel für die Ursache.

Vom Wintereinbruch und dem Sparprogramm der Bahn, die in den letzten Jahren für den Börsengang fit gemacht werden sollte, sind allerdings auch Großstädte wie München oder Hamburg betroffen, ohne dass der Nahverkehr zusammenbricht. Das Berliner Debakel hat eine Besonderheit: Das S-Bahnsystem ist nicht kompatibel mit anderen in Deutschland – es ist quasi Maßfertigung. Kurzfristig kann kein Ersatz für das Zugmaterial gekauft oder geliehen werden.

„Von der Bestellung von Wagen bis zur Lieferung braucht man fünfeinhalb Jahre“, erklärt Berlins Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Auch wenn der Berliner Senat den bis Ende 2016 laufenden Vertrag kündigen sollte, zurzeit hätte auch ein anderer Anbieter kein einsatzfähiges Zugmaterial.

Inzwischen hat sich das Bundesverkehrsministerium eingeschaltet. Nach einem Spitzengespräch zwischen Bahn-Chef Rüdiger Grube und dem Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Klaus-Dieter Scheuerle sind sich die Verantwortlichen einig, dass die derzeitigen Maßnahmen bei Wartung und Erneuerung nicht ausreichen. Mittelfristig müsse der Wagenpark komplett erneuert werden. Kostenpunkt: zwei Milliarden Euro. Selbst wenn die Bestellung für die neuen Züge sofort erfolgen sollte, werden die Berliner noch länger unter den Versäumnissen des Senats und der Deutschen Bahn leiden müssen. Norman Hanert


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