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15.01.11 / In Berlin gelang ihm der Durchbruch / Paul Hörbiger verkörperte sowohl anspruchsvolle Rollen am Theater wie auch unterhaltsame im Film

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-11 vom 15. Januar 2011

In Berlin gelang ihm der Durchbruch
Paul Hörbiger verkörperte sowohl anspruchsvolle Rollen am Theater wie auch unterhaltsame im Film

Besonders durch seine Wien-Filme an der Seite von Hans Moser ist der Volksschauspieler Paul Hörbiger auch mehr als 25 Jahre nach seinem Tod dem breiten Publikum bekannt. Obwohl er als Darsteller leichter Unterhaltungsfilme gilt, wurde Hörbiger von dem renommierten Theaterregisseur Max Reinhardt entdeckt und spielte jahrelang anspruchsvolle Theaterrollen am Wiener Burgtheater.

Der Name Hörbiger steht für eine ganze Dynastie von erfolgreichen Schauspielern. Begründet haben diese die Brüder Paul (1894–1981) und Attila Hörbiger (1896–1987). Obwohl auch der um zwei Jahre jüngere Attila in über 80 Filmen mitwirkte, hat sich in der allgemeinen Wahrnehmung durchgesetzt, dass Paul eher der „leichten“ Film-Muse verfallen war und Attila eher die „ernsthaften“ Theater-Rollen spielte. Wenn man genauer hinsieht, merkt man schnell, dass sich beide in beiden Metiers wohl fühlten.

Obwohl in seinen Filmen zum Prototyp des Wieners avanciert, wurde Paul Hörbiger am 29. April 1894 im Österreich-Ungarischen Budapest geboren. Sein Vater war der Ingenieur und Erfinder Hanns Hörbiger, dessen noch existente Firma heute als Hoerbiger Holding Weltmarktführer für Kompressoren-Komponenten ist. Die Familie zog bereits 1902 nach Wien. Nach der Matura – wie das Abitur in Österreich heißt – meldete sich der junge Paul als Freiwilliger zum Kriegsdienst und wurde 1918 zum Oberleutnant befördert. Nach ersten Theaterengagements in Reichenberg und Prag gelang ihm 1926 unter der Regie von Theaterlegende Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin der Durchbruch. Dort spielte er bis 1931 parallel zu seiner Filmkarriere anspruchsvolle Rollen.

Seinen ersten von mehr als 250 Filmauftritten hatte Paul Hörbiger 1928 in „Sechs Mädchen suchen Nachtquartier“. Im selben Jahr spielte er bereits in Fritz Langs Klassiker „Spione“ mit. In diesen Stummfilmjahren stellte Hörbiger meist witzige oder gar bösartige Typen dar.

Mit dem Tonfilm, der für viele Stars das Ende ihrer Karriere bedeutete, lief die von Paul Hörbiger erst zu Hochtouren auf. In der Komödie „Der unsterbliche Lump“ (1930) stand er gemeinsam mit seinem Bruder Attila vor der Kamera. In den 1930ern wurde Paul Hörbiger zu einem der bekanntesten und beliebtesten deutschsprachigen Filmschauspieler. Einerseits stellte er überaus lebenslustige und herzensgute Typen dar, die aus der Unterschicht stammten. Andererseits verkörperte er österreichische Persönlichkeiten der Geschichte wie Kaiser Franz Joseph II., Joseph Haydn, Johann Strauß Vater und Sohn, Franz Schubert, Franz Grillparzer und Josef Wenzel Graf Radetzky von Radetz.

Durch seine menschliche Art erreichte er einen hohen Grad an Identifikation bei seinem Publikum. Ähnliche Rollen, nur grantiger, spielte auch Hans Moser. Mit ihm spielte Hörbiger erstmals 1931 in „Der verjüngte Adolar“ zusammen. Die beiden sollten über 30 Jahre lang gemeinsam in Filmen auftreten. Auch privat verband sie eine enge Freundschaft. Hörbiger wirkte in einer großen Anzahl sogenannter „Österreich-Filme“ mit, die meist in Wien oder in den Alpen angesiedelt waren. Dadurch wurde Hörbiger neben Moser im Film zu dem Österreicher schlechthin. Doch auch das Theater ließ ihn nicht los. Ab 1940 gehörte er zum Ensemble des renommierten Wiener Burgtheaters.

1935 gründete er gemeinsam mit Regisseur E. W. Emo (Emerich Wojtek) und Karl Künzel die Produktionsfirma Algefa-Film (Allgemeine Film-Aufnahme und Vertriebs GmbH) in Berlin, die bis 1955 leichte Unterhaltungsfilme realisierte. Im Gegensatz zu seinem Bruder Attila drehte Paul keine Propagandafilme im Dritten Reich. Auch setzte er sich für jüdische Künstler-Kollegen in Wien ein und half diesen, in die Schweiz zu fliehen. Kurz vor Kriegsende wäre ihm sein Engagement fast zum Verhängnis geworden. Er wurde von den Nationalsozialisten über zwei Monate wegen Hochverrats eingesperrt und zum Tode verurteilt. Voreilig meldete die BBC bereits das Ableben des international bekannten Schauspielers.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte Paul Hörbiger bereits 1947 mit der Titelrolle in „Hofrat Geiger“ an seine Erfolge anknüpfen. Er verkörperte eine kleine Rolle in dem international erfolgreichen britischen Filmklassiker „Der dritte Mann“, der im zerbombten Wien spielt. Bald war er wieder auf die Rolle des gemütlichen Wieners, der beim Heurigen singt, festgelegt. Privat beschäftigte ihn in den 1950ern in erster Linie der mysteriöse Tod seines Bruders Alfred Hörbiger.

Der ältere Bruder von Attila und Paul war Maler. Er übernahm die Firma des Vaters, die er mit großem Erfolg führte. In den Wirren der unmittelbaren Nachkriegszeit starb er im Juli 1945 unter nie geklärten Umständen im Alter von 54 Jahren in der Innsbrucker Universitätsklinik.

Paul Hörbiger erstattete 1951 Anzeige wegen Mordverdachts durch Vergiftung gegen Unbekannt. In den folgenden Jahren führte er mehr als ein Dutzend Prozesse, in deren Verlauf es zu Exhumierungen und Obduktionen des Leichnams kam. Im Zuge dieser Vorgänge zerrüttete sich sein Verhältnis zu seinem Bruder Attila völlig. Erst 1963 wurden sämtliche Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt.

Ab 1965 hatte Hörbiger immer weniger Lust, die immer gleichen Rollen zu spielen. Zudem war Hans Moser im Jahr zuvor gestorben und so ging Hörbiger zurück ans Wiener Burgtheater. In Wien konnte er bis kurz vor seinem

Tod erneut an-spruchsvolle Rollen spielen. Dennoch verkörperte er bis in die 1970er Jahre erfolgreich Nebenrollen in Fernsehfilmen.

In seinen letzten Lebensjahren versöhnte er sich mit Attila. Zwei Jahre vor seinem Tod spielte Paul Hörbiger 1979 seine letzte Rolle am Burgtheater in „Komödie der Eitelkeit“ von Elias Canetti. Im selben Jahr veröffentlichte er seine Autobiographie „Ich hab für euch gespielt“, bevor er am

5. März 1981 in seinem geliebten Wien starb.     Ulrich Blanché


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