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22.01.11 / Integration gescheitert / Lebenswege türkischer Männer, deren Eingliederung missglückte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-11 vom 22. Januar 2011

Integration gescheitert
Lebenswege türkischer Männer, deren Eingliederung missglückte

Die Münchner Journalistin Isabella Kroth hat aufgrund der vielen Debatten über die türkische Parallelgesellschaft das Bedürfnis verspürt, sich diese etwas näher anzuschauen. Und erstaunlicherweise fand sie schnell Zugang zu dieser Welt, denn der Berliner Psychologe Kazim Erdogan war von ihrem Wunsch angetan und vermittelte ihr Kontakt zu einigen seiner türkischen Patienten. Erstaunlich viele türkische Männer erklärten sich dann auch bereit, der 30-jährigen Autorin für ihr Buch „Halbmondwahrheiten – Türkische Männer in Deutschland – Innenansichten einer geschlossenen Gesellschaft“ ihre Lebensgeschichte zu erzählen.

Kroth erzählt die Lebenswege aus der Perspektive der Männer, wahrt aber genügend Distanz, so dass der Leser aus der Entfernung die Möglichkeit hat, die Probleme der Männer im Ganzen zu erkennen. So erzählt ein 66-jähriger türkischer Gastarbeiter, dass er, obwohl er immer fleißig war, inzwischen arm und un- glücklich ist, vor allem, weil er den Zugang zum Leben seiner Söhne verlor. Auch der 1953 geborene Psychologe Erdogan erzählt selbst über seine Probleme, sich in Deutschland einzugewöhnen. Und der heute 40-jährige Ahmet hat es bis heute nicht verkraftet, dass er als „Importbräutigam“ nach Deutschland kam, wo er weder die Sprache kannte noch den ihm so vertrauten familiären Rückhalt hatte.

Die Probleme jener Männer, die in der Türkei geboren wurden und dann Schwierigkeiten hatten, sich in Deutschland heimisch zu fühlen, sind durchaus nachvollziehbar. Weniger nachvollziehbar sind die Wege von Türken, die in Deutschland geboren wurden, die Traditionen ihrer Familien jedoch mit extremen westlichen Freiheiten vermischten. Nur wenig Verständnis kann man mit dem einstigen Türsteher Serkan haben, der seine türkische Importbraut ignorierte, zahlreiche Geliebte und zwei weitere europäische Ehefrauen hatte und sich trotzdem als Opfer der missglückten Integration sieht. So mancher hier porträtierte Sohn türkischer Zuwanderer verfiel zudem den Drogen, die meisten haben gar keine oder nur eine schlechte Ausbildung, viele nutzten den Rückhalt ihrer Familien, damit diese die von ihnen aus Launen heraus gemachten Fehler ausbügelten und fast immer leiden Kinder unter den Fehlern ihrer trotz Therapie oft nur bedingt zur Selbstreflexion fähigen Väter.

Natürlich hat die Autorin vor allem „kaputte Existenzen“ interviewt, da sie Patienten eines Psychologen befragte. Trotzdem wirken die dargestellten Lebenswege repräsentativ: Fast alle der Männer heirateten türkische Frauen, was laut Statistik auch absolut üblich ist. Und eigentlich waren diese zumeist von den Eltern arrangierten Ehen für alle Beteiligten katastrophal, dabei dienten sie doch eigentlich dem Ansinnen der Eltern, ihre orientierungslosen, häufig drogenabhängigen Söhne auf den rechten Weg zu bringen.

Mancher der Gescheiterten fand inzwischen stattdessen im Islam Orientierung. Serkan schwärmt sogar von deutschen Konvertiten: „Die Deutschen wären das perfekte islamische Volk: Die sitzen nicht nur rum, engagieren sich, arbeiten, sind fleißig und hygienisch.“ Und Tarik ist Allahs neuer Musterschüler. Seit er täglich mehrfach betet, nimmt er keine Drogen mehr. Allerdings befindet er sich in einem Gewissenskonflikt, denn sein Imam hat ihm gesagt, er würde mit Allahs Gnade spielen, wenn er Zinsen zahle, da er aber einen Kredit über 15000 Euro laufen hat, weiß er nun nicht, wie er das Dilemma lösen soll.

In ihrem Nachwort weist die Autorin darauf hin, die deutsche Gesellschaft solle den türkischen Mitbürgern helfen, sich zu integrieren. Doch was sind eigentlich die größten Probleme dieser Männer? Mangelnde Bildung und Drogen! Überall gibt es für alle Schulen im Land und unzählige Informationskampagnen, dass Drogen Schaden anrichten. Und die Entschuldigung, dass man quasi zum Drogenhändler werden musste, weil das Lehrlingsgehalt mit 800 Euro so niedrig war, dürfte in breiten Teilen der Gesellschaft auf wenig Verständnis stoßen. Auch irritiert es, dass die jungen Männer zwar in Sachen Drogen durchaus fähig waren, sich gegen ihre Eltern aufzulehnen, sich aber angeblich nicht gegen eine Zwangsehe wehren konnten.             Rebecca Bellano

Isabella Kroth: „Halbmondwahrheiten – Türkische Männer in Deutschland – Innenansichten einer geschlossenen Gesellschaft“, Diederichs, München 2010, kartoniert, 220 Seiten, 16,95 Euro


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