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22.01.11 / Neuer Liebling der Feuilletons / Anarchistische Hetzschrift kommt bei Intellektuellen in Deutschland offenbar gut an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-11 vom 22. Januar 2011

Neuer Liebling der Feuilletons
Anarchistische Hetzschrift kommt bei Intellektuellen in Deutschland offenbar gut an

Oft kann man sich nur abwenden von dem endlosen Palaver in unseren Talkshows und Parlamenten. Daher greift man zunächst mit Vergnügen zu dem Pamphlet „Der kommende Aufstand“ eines „Unsichtbaren Komitees“, das zurzeit von den Feuilletons eifrig besprochen wird. Das Positive vorweg: Das Manifest lässt einen nicht kalt. Dies ist schon einmal der erste Unterschied zu den beliebig gewordenen Programmen unserer Parteien, in denen alles und nichts steht. 

Dies haben auch die anonymen Autoren dieser Kampf- und Hetzschrift erkannt: „Von Links nach Rechts nimmt die gleiche Nichtigkeit mal die Pose von Mackern, mal ein jungfräuliches Gehabe an, sind es die gleichen Ausverkäufer, die ihre Rede gemäß den neuesten Erfindungen der Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit austauschen.“ Der durchaus mit Schwung ver- fasste Text ist schwer auf einen Nenner zu bringen. Die Verfasser von „Der kommende Aufstand“ leiden an ihrer Zeit, sie wenden sich gegen gesellschaftliche Zwänge, geben ihrem blanken Hass auf den Staat und seine Organe wie die Polizei ungeniert Ausdruck, lehnen die Arbeit in ihrer jetzigen Form als Sklaverei ab, ächzen unter einem imaginären neoliberalen Joch und sympathisieren offen mit den jugendlichen Brandstiftern in französischen Vorstädten.

Feuilletonisten mögen sich an dem Rausch der Worte erfreuen und bei einer Flasche Wein kann man sich an dem Text auch sehr wohl delektieren. Danach hat man allerdings einen dicken Kopf und dies liegt nicht am Rebensaft. Denn im Kern entpuppt sich das pseudogefährliche Geschreibsel, dessen Autoren wie der autonome Mob auf den Straßen den Mut vermissen lässt, mit Namen und Gesicht für eine Meinung einzustehen, als ein „Aufstand des Infantilismus“. Dieses schmale Buch ist der Traum philosophierender Linker, die sich an ihren Gewalt- und Allmachtsphantasien ergötzen. Es ist sehr leicht, mit der Feder zur Gewalt gegen Ordnungshüter aufzurufen und gleichsam auch die Abschaffung sämtlicher Gefängnisse zu fordern. Nur: Wem wäre damit geholfen? Welche Gesellschaft schwebt den anonymen Autoren vor, wenn ein wilder Mob einen siegreichen Kampf gegen den „Bullenstaat“ ausgefochten hätte? Darauf geben sie keine Antwort. Womöglich würden diejenigen, die hier laut und vernehmlich zur Gewalt aufrufen, am schnellsten nach der Polizei rufen, wenn ihnen selber jemand ans Leder wollte. Die Landkommunen, die sich die Verfasser zusammenphantasieren, sind einfach nur lächerlich. Ohne ein Mindestmaß an staatlicher Gewalt herrschen Anarchie und Willkür und das Recht der Stärkeren.

Doch dies interessiert unsere ideologischen Brandstifter wenig, die sich am Vorbild der Brände vom November 2005 in Frankreich ergötzen. Sie sind fest davon überzeugt, dass auf den Zusammenbruch des sozialistischen Blocks auch der Zerfall der kapitalistischen Welt folgen müsse, die man gerne in Brand stecken möchte. Doch nicht nur den Polizisten und Politikern, den Bankern und Börsenmenschen wollen die Aufständischen an den Kragen, auch der grünen Schickeria können sie nichts mehr abgewinnen. Die Weltanschauung der grünen Gutmenschen rüttelt nach Ansicht der Schreiber nicht an der Vorherrschaft des Kapitalismus. Die gutverdienende Öko-Fraktion wolle nur einen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz und eine Gesellschaft, in der sie den Ton angeben und den Diskurs bestimmen.

In dem Kapitel, in dem die Autoren darüber berichten, wie sich die Kommunen organisieren sollen, entpuppen sie sich vollends als, pardon, asoziale Schmarotzer. Arbeit schändet nur, lautet ihre Auffassung. Sozialbetrug in großem Stil beim Kindergeld, beim Krankfeiern, beim Erschwindeln von Prämien für fiktive Geburten und beim Einheimsen von mehrfachen Stipendien wird als revolutionäre Tat gepriesen. Die große Revolte als mickriger Betrug am Sozialstaat. Besser könnten es unsere Boni-Banker auch nicht formulieren. Vollends widerlich wird es auf den letzten Seiten des Pamphlets, das Nils Minkmar in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zum wichtigsten linken Theoriebuch unserer Zeit geadelt hat. Die Möchtegern-Militanten plädieren für eine Kultur der Gewalt und des Hinterhalts.

Wenn dann am Ende alle Macht auf die Kommunen übergegangen sein würde, wäre kein Platz mehr für Schreibtischtäter und Gehirn-akrobaten. Dann regierten mafiöse Muskelmänner, die weder Polizei noch Militär in Schach halten können. Letztlich wäre eine solche Gesellschaft die Hölle auf Erden. Oder wer möchte sich schon gern vom Pöbel aus den französischen Vorstädten regieren lassen? Sind Raub, Mord und Vergewaltigung wirklich so reizvoll, dass man diese Verbrechen pseudo-philosophisch verbrämen sollte? „Der kommende Aufstand“ leistet keinen ernsthaften Beitrag zur politischen Diskussion in unserer Zeit. Da hört man sich besser die Dreikönigs-Rede des FDP-Parteichefs an.      Ansgar Lange

Unsichtbares Komitee: „Der kommende Aufstand“, Nautilus, Hamburg 2010, 128 Seiten, 9,90 Euro


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