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29.01.11 / Allein gegen alle / Wieder Spekulationen über Schäuble – Klagen über »Starrsinn«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-11 vom 29. Januar 2011

Allein gegen alle
Wieder Spekulationen über Schäuble – Klagen über »Starrsinn«

Schließlich hat der Finanzminister doch nachgegeben. Es ging um eher bescheidene 300 Millionen Euro im Bundeshaushalt. Doch nach dem gefunden Kompromiss fragen sich viele, warum Wolfgang Schäuble (CDU) den Konflikt mit allen riskierte.

Nein, mit Rücktritt habe Schäuble in letzter Zeit nicht gedroht, versicherten Parteifreunde. Dafür wird aus der Unionsfraktion „Starrsinn“ des Ministers kolportiert. Er sei den Aufgaben seines Amtes nicht mehr gewachsen. Seit der spektakulären Standpauke für seinen Pressesprecher Michael Offer im November und den langen Krankheitsphasen im letzten Jahr liegt der Rücktritt des altgedienten Mannes in der Luft.

In der Frage der minimalen Steuerentlastung von rund 30 Euro jährlich für Arbeitnehmer stand Schäuble in der vergangenen Woche sogar gegen die eigenen Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP. Die Erhöhung des Arbeitnehmer-Freibetrages von 920 auf 1000 Euro (was im Grunde nur die allgemeine Teuerung abbildet) rückwirkend zum Jahresbeginn war bereits abgesprochen und nicht mehr zu verhindern.

Politische Wegbegleiter des dienstältesten Bundestagsabgeordneten (seit 1972) fragen sich, was derzeit in Wolfgang Schäuble vorgeht. Keiner im Parlament und im Kabinett hat so viel politische Erfahrung wie der frühere CDU-Vorsitzende, Fraktionschef, Innen- und Kanzleramtsminister. Er handelte den deutschen Einigungsvertrag von 1990 aus und galt bis zu seinem Sturz durch die CDU-Spendenaffäre im Jahr 2000 lange als Kronprinz Helmut Kohls.

Er habe ein gesundheitlich „miserables Jahr“ hinter sich, vertraute er der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“) an. Seit dem Attentat von 1990 ist Schäuble ab dem dritten Brustwirbel gelähmt. Der heute 68-Jährige spürt diese Behinderung mehr denn je bei seinen oft 15-stündigen Arbeitstagen mit mehreren Ortswechseln. Die europäische Finanz- und Wirtschaftskrise scheint zudem zunehmend an dem europafreundlichen Minister zu nagen, vermuten Insider.

Noch tritt Schäuble im Namen der Bundesregierung der geplanten Stärkung des Euro-Rettungsfonds (EESF) zusammen mit der französischen Amtskollegin entgegen. Doch die als „alternativlos“ gepriesene Rettungsaktion für Griechenland in Höhe von 110 Milliarden Euro scheint nicht die erhofften Wirkungen zu erzielen. Die Zinsen für langfristige griechische Staatsanleihen blieben, trotz umstrittener Stützungskäufe der Europäischen Zentralbank im Umfang von 73 Milliarden Euro, hoch. Der Schuldenberg Griechenlands wird größer. Derweil ziehen sich die Verhandlungen über den EESF hin, währenddessen stehen neue Hilfskandidaten vor der Tür. Durch immer neue Rettungsaktionen droht nun auch Deutschland seinen Status als bester Schuldner, also sein „AAA“-Ranking, zu verlieren. In den letzten beiden Jahren musste Schäuble mehr neue Schulden machen als alle seine Vorgänger.

Warum und wann sich daher der vierfache Familienvater auf Privatleben, Kinder und Enkel konzentrieren wird, fragen sich daher nicht nur seine Gegner, sondern auch wohlmeinende Weggefährten. Dazu gehört womöglich auch die Kanzlerin, die eine öffentliche Vertrauenserklärung für den bedrängten Minister vermied.     H.E.B.


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