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29.01.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel / Gewissheit im Gestrüpp / Wie wir den »Baron« endlich zu fassen kriegen, woher wir wissen, wie es weitergeht, und wann sich Europa schlafen legt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-11 vom 29. Januar 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Gewissheit im Gestrüpp / Wie wir den »Baron« endlich zu fassen kriegen, woher wir wissen, wie es weitergeht, und wann sich Europa schlafen legt

Haben wir ihn endlich? Wie oft ist er uns entwischt, der Herr zu Guttenberg. Verzweifelt suchte das politische Berlin nach dem Stöpsel, wo man die Luft rauslässt aus diesem Kerl. Die Suche blieb erfolglos. Schließlich griff man zur ultimativen Waffe und steckte den Unerträglichen in die Politikerfressmaschine des Wehrministeriums. Die hatte noch fast jeden zerrissen.

Zu Guttenberg ist eine einzige Beleidigung für jeden formgerechten Parteipolitiker: Mühsam hat der sich von Ebene zu Ebene  nach oben gesessen, ist dabei immer glatter und unansehnlicher geworden, um schließlich durch die Berliner Hinterbänke in jenen  Kreis vorzurobben, der in der Zeitung steht. Und zu Guttenberg? Der war einfach plötzlich da und tritt immer auf, als wollte er seinen gedemütigten Politikerkollegen sagen: „Freunde, ich brauche das alles hier eigentlich nicht. Und euch brauch ich schon gar nicht, ihr Witzfiguren!“ Als ihn die Journalisten in Wildbad Kreuth fragten, ob er gegen Horst Seehofer bei der Wahl zum CSU-Chef antreten wolle, schmunzelte der Freiherr diabolisch: „In der CSU gibt es viele lustige Charaktere.“ Lustige Charaktere? Dieser Rotzlöffel! Wir konnten den Seehofer knirschen hören beim gequälten Kameralächeln.

Doch nun ist endlich was ans Licht gekommen, das wir dem Wehrminister vor den Latz knallen können. Er soll ja gar nicht verjagt werden, nur geschrumpft auf das pflegeleichte Maß jener Kabinettsköfferchen, die ängstlich dem Bannblick der Kanzlerin ausweichen. Und die dem Außenminister nicht frech über den Mund fahren, wenn er uns und der Welt Afghanistan erklärt.

Diesmal machen auch die Medien mit. Um maximale Empörung zu erzeugen, hat eine große Berliner Tageszeitung in die unterste Schublade gegriffen und einen Fuder schimmeliger Vorurteile herausgezogen: „Der Baron muss aufpassen“, lesen wir da. Ja, ja: „der Baron“! So werden ganz von selbst die gewünschten Assoziationsketten ausgelöst: Baron, Adel, Großagrarier, Ausbeuter, Bauernschinder – Jungs, holt die Mistgabeln raus, dem zeigen wir’s, dem „feinen Herrn“! Glaubt wohl, er sei was Besseres, wie? Das genannte Blatt zeichnet uns von zu Guttenberg das Schreckbild des schnarrenden, knarrenden Junkers: „Dieser Ton, diese Art. Schneidend, von oben herab.“ So gemalt sieht der Freiherr aus wie der berüchtigte „Herrenreiter“, der das arme Gesinde mit der Reitpeitsche züchtigt!

Doch: Ob die Kampagne zündet, nachdem alle anderen verpufft sind? Ungewiss. Die Zukunft ist ja immer ungewiss, wie jeder Küchenphilosoph bemerkt, wenn ihm nicht noch was Banaleres einfällt.

Das heißt: Stimmt das überhaupt noch? Unsere Zeit ist derart verschroben, dass sogar die Ungewissheit zunehmend ungewiss wird. Wie ich das meine? Nun ja, angesichts der Euro-Krise vernehmen wir fast täglich aus kompetenten Mündern, dass es „ungewiss“ sei, wie die vielen Rettungsmaßnahmen ausgehen würden. Das ist Unsinn, wie immer offenkundiger wird. Anders als behauptet, steht nämlich ziemlich genau fest, wie das alles ausgeht. Wenn uns die Eurotiker beispielsweise versprechen, dass beim Rettungsschirm oder dem Stabilisierungsmechanismus, bei irgendwelchen Konsolidierungsprogrammen oder wo auch stets „strengste Maßstäbe“ angelegt werden, ist absolut gewiss, dass wir belogen werden.

Sie wollen Beweise? Kein Problem: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat versprochen, dass wir einen „Europäischen Stabilisierungsmechanismus“ bekommen, der den Schuldenstaaten strengste Auflagen zur Haushaltsdisziplin auferlegt. Würde gegen diese Auflagen verstoßen, dann setze es automatisch Strafen, zack! Und Kredite werde der Mechanismus überhaupt nur an Länder ausreichen, denen es wirklich dreckig gehe. Damit sei garantiert, dass aus den Hilfen kein zig Milliarden schwerer Dauertransfer wird, der die Leichtfüße mästet und die Disziplinierten ausblutet.

Klingt doch ganz vernünftig! Der Euro wird gerettet, ohne dass Europa zum Fass ohne Boden wird, in dem die hart erarbeiteten Gewinne und Ersparnisse der Deutschen versinken. Und siehe da: Mit ihrer hammerharten Linie hat sich Merkel in Brüssel auch noch „durchgesetzt“, wie wir voller Stolz erfahren durften. Haste Töne!

Sogar EU-Währungskommissar Olli Rehn, der die Kanzlerin sonst immer so kritisiert hatte, pflichtete Angela Merkel bei: Ja, nur die bekommen Geld, die wirklich am Abgrund stehen und ja, wer sich nicht an die strengen Sparauflagen hält, der wird automatisch bestraft. Das hat er gesagt.

Hat er das gesagt? Na ja – beinahe. Wörtlich sagte Rehn, die Schuldensünder sollten „nahezu“ automatisch bestraft werden. Und neben akuter Nothilfe solle Staaten, die in eine Krise geraten könnten, schon vorsorglich eine großzügige „Kreditlinie“ eingeräumt werden, damit es gar nicht erst so schlimm komme.

Vom Gestrüpp diplomatischer Artigkeiten („Ich stimme Frau Merkel zu!“) befreit, sagte der Herr Rehn nichts anderes als: Von Strafen für Schuldensünder braucht ihr nicht mal zu träumen. Denn von „nahezu“ bis „niemals“ ist es in der Euro-Zone nur ein Tippelschritt, wie wir am Schick­sal des „Stabilitätspakts“ erfahren konnten, wo nie ein Sünder bestraft wurde. Genauso kurz wird der Schritt sein von der „Kreditlinie“ zu handfesten Krediten. Und die kriegt, wenn man Kommissar Rehn gegen den Strich liest, jede Euro-Regierung, die sich irgendwie unwohl fühlt, weil sie Probleme bei der Finanzierung der Rente mit 52 befürchtet, die sie ihren Wählern versprochen hat.

Sollten wir jenen EU-Partnern deshalb gram sein? Das wäre ungerecht: Wir Menschen passen uns nun mal jeder Situation an und versuchen, das Beste für uns rauszuholen. Als die US-Notenbank die Welt mit billigen Dollars geflutet hat, haben die Märkte eben zugegriffen. Wer seinen Goldschmuck abends an den Gartenzaun hängt, soll sich nicht wundern, wenn er morgens weg ist. Und wenn wir Deutschen den anderen die Früchte unserer Arbeit zum Verzehr anbieten, langen sie eben zu.

Doch keine Sorge, irgendwann kommt das schon wieder ins Gleichgewicht. Denn eines Tages werden die Deutschen selber merken, dass sich Arbeit und Erfindungsreichtum, Disziplin und Sparsamkeit gar nicht mehr lohnen. Warum sollten wir uns noch anstrengen, wenn schließlich sowieso alle gleichgestellt werden in der großartigen Völkerfamilie der EUdSSR. Dann legen wir lieber ebenso die Beine hoch, gehen mit 50 in Rente und appellieren an den Internationalen Währungsfonds (IWF), uns aus unserer „unverschuldeten Notlage“ zu befreien.

Allerdings könnte uns da eine fürchterliche Enttäuschung drohen: Was, wenn der IWF kühl mitteilt, das ihm seit dem Niedergang Deutschlands die Deppenstaaten ausgegangen seien, die für die Versäumnisse anderer zahlen, sich dafür beschimpfen lassen und sich obendrein einreden, sie würden von dem falschen Spiel „von allen am meisten profitieren“. Und dass er, der IWF, daher leider kein Geld für uns habe.

Na gut, dann helfen uns aber bestimmt unsere europäischen Brudervölker, nicht wahr? Da könnte es das nächste Erwachen geben: Wo sollten die sich denn Geld beschaffen, wenn die Mittel der „reichen“ Euro-Länder wie Deutschland, Österreich, Holland etc. aufgebraucht sind? Wie bei ihrem großen russischen Vorbild profitiert zum Schluss nur noch die Brüsseler Nomenklatura von dem ganzen Geschiebe und Geschacher. Alle anderen sind gleich arm und gleich lethargisch

Historisch gesehen folgt an diesem Punkt die Schlussvorstellung: Die Nasen der Völker füllen sich mit Unmut und sie jagen ihre EUdSSR ebenso in die Luft wie einst die Sowjetunion. Aber wen interessiert das dann noch? Für die Weltwirtschaft spielt das von der EUdSSR eingeschläferte Europa der Zukunft keine Rolle mehr.


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