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05.02.11 / Stalinist bleibt frei / Slowakei: Freispruch für Chefideologen Bilak

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-11 vom 05. Februar 2011

Stalinist bleibt frei
Slowakei: Freispruch für Chefideologen Bilak

Hochverrat“ betrifft Taten gegen Sicherheit und Bestand eines Staates – wie ihn 1968 fünf Spitzenpolitiker in Prag begingen, als sie die Sowjets um „Hilfe“ gegen Alexander Dubceks Reformprogramm baten. Am 21. August überfielen 500000 Soldaten des Warschauer Pakts die Tschecho-slowakei und machten Dubceks „Prager Frühling“ ein jähes Ende. Von den fünf Verrätern lebt heute noch Vasil Bilak, damals „Chefideologe“ des stalinistischen Parteiflügels. Stalinist ist er immer noch, hat zudem „viele Komplizen in Justiz und Polizei“, wie slowakische Medien böse Bilaks Freispruch Ende Januar kommentierten.

Bilak wurde 1917 in einer ruthenischen Familie aus der Ostslowakei geboren. Früh verwaist, erlernte er das Schneiderhandwerk – „nicht an Sakkos lassen, die kann er nicht“, soll auf seinem Gesellenbrief gestanden haben, wie ein Witz behauptete. 1944 nahm er am Slowakischen Nationalaufstand teil, dessen Prestige später die Kommunisten „stahlen“. Bei denen machte Bilak Karriere, 1968 wurde er slowakischer Parteichef, als sein slowakischer Landsmann Dubcek in die Prager Parteiführung wechselte.

Dubceks Reformkurs wurde von der Masse der Tschechen und Slowaken begrüßt, von Walter Ulbricht und anderen Stalinisten aber angefeindet, denen die Prager Verschwörer, von Dubcek bald als „sowjetische Agenten“ erkannt, zuarbeiteten, eben mit dem brieflichen „Hilferuf“, der die Soldateska in Marsch setzte. Bilak kontrollierte fortan weiter als Chefideologe bis Dezember 1988 das Land. Dann fegte die „samtene Revolution“ ihn hinweg, 1991 begann ein Verfahren gegen ihn. Die Akten zählten 2000 bereits 23000 Blätter, aber es fehlte das Original des Hilferufs von 1968, was dem Gericht eine graphologische Prüfung von Bilaks Unterschrift verwehrte und diesem nun den Freispruch verschaffte.

Bilak hat Gorbatschow als „Verräter“ beschimpft und nach 1989 bedauert, dass Prags „samtene Revolution“ nicht mit Waffen niedergeschlagen wurde. Dafür applaudierten ihm DDR-Betonköpfe wie Klaus Kukuk, 1968 Botschafter in Prag, und Ralph Hartmann, Botschafter in Jugoslawien. Sie haben Bilaks Bücher auf Deutsch herausgebracht und mit treffenden Titeln versehen: Aus „Meilensteine eines Lebens“ wurde „Wir riefen Moskau zu Hilfe“.   Wolf Oschlies


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