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12.02.11 / Neues Lexikon bedeutender Ostpreußen / Auch unbekanntere Personen finden sich in dem von der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit herausgegebenen Band

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Neues Lexikon bedeutender Ostpreußen
Auch unbekanntere Personen finden sich in dem von der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit herausgegebenen Band

Die Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit weist seit einigen Jahren eine rege Verlagstätigkeit auf. Unter der Redaktion von Joanna Szymanowska sind die Reportagensammlungen von Joanna Wankowska-Sobiesiak „Agathas Schuhe“ und „Za mało na Polaka, za mało na Niemca …“ („Zu wenig für einen Polen, zu wenig für einen Deutschen …“) erschienen.

Seit kurzem gibt es wieder eine Neuerscheinung, die „Biographien Deutscher aus Ostpreußen“ von Jan Chłosta. Der 1938 in Allenstein Geborene verfasste bereits mehrere Lexika über die prominenten Persönlichkeiten Ostpreußens, darunter 1996 „Bekannte und unbekannte Allensteiner des 19. und 20. Jahrunderts“ in deutscher und polnischer Fassung, 1999 „Wieksi i najwieksi twórcy kultury niemieckiej z Prus Wschodnich“ („Die größeren und größten Schöpfer deutscher Kultur aus Ostpreußen“) sowie 2002 „Słownik Warmii“ („Ermlands Wörterbuch“). Die Veröffentlichungen trugen wesentlich zu einer Popularisierung des deutschen Kulturgutes im Bewusstsein der heutigen Bevölkerung Allensteins und der ganzen Region bei.

Chłostas aktuelle Publikation ist denjenigen Deutschen gewidmet, die in Ostpreußen geboren wurden oder hier wirkten. Sie unterscheidet sich von anderen Veröffentlichungen, da der Verfasser seine Aufmerksamkeit ausschließlich auf bereits verstorbene Deutsche fokussiert. Zeitlich reicht das Personenregister vom letzten Hochmeister des Deutschordensstaates und ersten Herzog Preußens, Albrecht von Brandenburg-Ansbach (1490–1568), bis zu Walter Angrik (1932–1993), dem Gründer der deutschen Gesellschaften nach der friedlichen Revolution des Jahres 1989. Die Personenwahl umspannt also Vertreter verschiedenster Berufe und Stände aus einem halben Jahrtausend. Es sind darunter Adelige wie Otto von der Groeben (1567–1644), Bischöfe wie Philipp Krementz (1819–1899), Lokalpolitiker, Musiker wie Otto Nicolai (1810–1849), Philosophen wie Immanuel Kant (1724–1804) und Johann Georg Hamann (1730–1788), Naturwissenschaftler, Literaturkritiker, Schriftsteller wie Johannes Bobrowski (1917–1965), Journalisten, Künstler, Architekten, Industrielle und Ärzte. Doch nicht die Biographien der meist auch in Polen allgemein bekannten Persönlichkeiten machen den besonderen Wert dieses Buches aus, sondern dass auch große Persönlichkeiten porträtiert werden, die noch nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit verankert sind.

Mitunter werden sie nicht unbedingt immer mit ihrem ostpreußischen Geburtsort oder ihrer Wirkungsstätte in Verbindung gebracht. Ein Beispiel hierfür ist Richard Schirrmann (1874–1961), der „Erfinder“ der Jugendherberge, der im Dorf Grunenfeld bei Braunsberg das Licht der Welt erblickte.

Der Autor nahm auch die Namen zweier erst vor wenigen Jahren Verstorbener auf, die sich durch ihr beispielloses Engagement besonders um die Annäherung zwischen Deutschland und Polen verdient gemacht haben: Irmgard Falken (1925–2003) und Pfarrer Johannes Gehrmann (1933–2004). Falken wird vor allem als Herausgeberin des in der Region viel gelesenen und oft in der Lokalpresse zitierten „Allensteiner Heimatbriefs“ gewürdigt: „Diese Zeitschrift mit einer Auflage von 5000 Exemplaren füllte sie mit eigenen Texten und Fotografien. Durch ihre Arbeit schuf sie eine Brücke zwischen den ehemaligen und jetzigen Bewohnern Allensteins. Sie vermittelte in der Zusammenarbeit von Allenstein und Gelsenkirchen, ihrem Bemühen verdanken wir die Sammlung von Spenden in Deutschland, um die im Jahre 1996 aufgestellte Figur des Heiligen Johannes Nepomuk auf der Allensteiner Johannes-Brücke zu finanzieren.“ Über Pfarrer Gehrmann ist Folgendes zu lesen: „Im Jahre 1981 organisierte er zusammen mit Helga und Herbert Monkowski die Hilfsaktion Polen, durch die Polen materielle Hilfe bekamen. Dank seines Einsatzes gingen 170 Lkw-Transporte im Gesamtwert von 80 Millionen Mark nach Polen, die nicht nur Lebensmittel brachten.“ In dem Buch wird ein weiterer Geistlicher, der gebürtige Diet­richswälder und Apostolische Visitator für die Ermländer in Deutschland, Johannes Schwalke (1923–2007), gewürdigt. „Auf sein Bemühen wurde nach 1989 in Allenstein eine Seelsorge für die deutsche Minderheit eingerichtet“, so Chłosta.

Kein Nachschlagewerk kann den Leser vollständig zufrieden stellen. Nicht anders ist es auch diesmal. So fehlen in dem Buch zwei wichtige bibliographische Angaben, und zwar Wilhelm Matulls Werk „Große Deutsche aus Ostpreußen“ und die Internetseite „Prominente Persönlichkeiten mit Geburt oder Wirken in Königsberg“ (www.ostpreussen.net/index.php?seite_id=12&bericht=

05&kreis=38&stadt=01). Auch ist die Wahl einzelner biographischer Einträge etwas eigenwillig. Warum solche wichtigen Ostpreußen wie der Barockmaler Michael Willmann, der Dichter Theodor Gottlieb von Hippel oder fortschrittliche Denker des 19. Jahrhunderts wie Fanny Lewald oder Eduard Simson übersehen wurden, bleibt unklar. Dennoch ist das Lexikon als ein weiteres Beispiel für eine durchdachte Ergänzung des Wissens über die Vergangenheit Ostpreußens zu begrüßen und es ist zu hoffen, dass weitere Beiträge dieser Art folgen. Das Buch ist auf Deutsch wie auf Polnisch erschienen, wobei die deutsche Fassung ein Ergebnis der Übersetzungskunst des Kaplans André Schmeier ist.

Zu beziehen ist das Buch über Joanna Szymanowska bei der Allensteiner Gesellschaft Deutscher Minderheit, ul. Partyzantów 3, 10-522 Allenstein, www.powiat.szczytno.pl       Grzegorz Supady


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