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12.02.11 / Pommersche Bibliothek wiedereröffnet / Festakt in Stettins ehemaliger Stadtbücherei an der Grünen Schanze mit Übergabe eines Museums der Literatur

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Pommersche Bibliothek wiedereröffnet
Festakt in Stettins ehemaliger Stadtbücherei an der Grünen Schanze mit Übergabe eines Museums der Literatur

Die festliche Neueröffnung der ältesten Bibliothek Stettins, der ehemaligen Stadtbücherei der pommerschen Provinzhauptstadt, an der Grünen Schanze (Dworcowa 8) wurde zu einem bedeutenden kulturellen Ereignis. Das Besondere an diesem feierlichen Tag, an dem zahlreiche geladene Gäste aus Politik, Kunst und Kultur ins Haus kamen, war die Übergabe eines Museums der Literatur in den modern umgestalteten Räumlichkeiten der Bibliothek.

Für den Benutzer der Bücherei muss es ein Genuss sein, in den Lesesälen oder mit den nach neuzeitlichen Gesichtspunkten eingerichteten Katalogen zu arbeiten. Das altehrwürdige Gebäude, ursprünglich eine Schule, wurde im Jahre 1905 zur Stadtbibliothek umgewandelt. Die Außenfront des Hauses ist sorgfältig und repräsentativ restauriert worden. Der Eingang von der Grünen Schanze aus ist nunmehr wieder zum Betreten der Pommerschen Bibliothek geöffnet worden. Der Besucher kann sich den Umweg über eine Art Hinterhof und über das Gelände, auf dem die am 9. November 1938 von den Nationalsozialisten in Brand gesteckte und dann abgerissene Synagoge stand, ersparen.

Direktor der Stettiner Stadtbücherei war von 1907 bis 1945 Erwin Ackerknecht. Nachdem die deutsche Stadtverwaltung ihr Amt aufgeben musste und Stettin am 5. Juli 1945 unter polnische Verwaltung gestellt wurde, nahm am 12. Juli 1945 die polnische Stadtbibliothek ihren Betrieb auf. Heute ist die Pommersche Bibliothek in Stettin die Kulturinstitution der Selbstverwaltung der Woiwodschaft Westpommern, eine regionale und die größte öffentlich zugängliche wissenschaftliche Bibliothek in dem Teil Pommerns östlich der Oder-Neiße-Grenze. Die Bibliothek hat einen großen Teil des alten deutschen Bücherbestandes bewahrt.

Das war unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht so einfach. Das Haus hatte die schweren Bombenangriffe und die Zeit nach der Besetzung durch die Rote Armee am 26. April 1949 relativ gut überstanden. Die Verluste an Büchern waren zu ertragen. Am härtesten betroffen waren die ausgelagerten Bestände. Anfangs bestanden die polnischen Behörden darauf, die deutschen Bücher zu vernichten. Es waren polnische Wissenschaftler, die sich dagegen verwahrt haben, Kulturgut zu vernichten. Ein Teil der geretteten deutschen Bücher wurden nach Innerpolen verbracht. Die Stettiner Leiter der Bibliothek haben zäh um eine Rückkehr der „vertriebenen“ deutschen Literatur gekämpft. Bis heute ist dieses heikle Problem noch nicht völlig gelöst.

Als Woiwodschaftsbibliothek – die Sammlungen umfassen ungefähr 30000 wertvolle alte Drucke und über eine Million Bände – führt die Einrichtung die inhaltliche Aufsicht über das Netzwerk von über 180 öffentlichen Verwaltungsbibliotheken in der Woiwodschaft Westpommern. Hier werden zahlreiche kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen, Ausstellungen, Buchvorstellungen, Vorträge und Konferenzen organisiert. Überdies veröffentlicht die Bücherei eigene Bücher, zum Beispiel in der Reihe „Monumenta Pomeranorum“, und stellt Werke der Stettiner und regionalen Schöpfer, Schriftsteller und Künstler aus. Wie seinerzeit unter der Obhut von Ackerknecht und seinen Mitarbeitern deutsche Bibliothekare, werden in dem Haus an der Grünen Schanze jetzt polnische aus- und fortgebildet.

Es war ein feierlicher Augenblick, als der alte Eingang zur Bibliothek in der Dworcowa 8 geöffnet wurde, Direktor Lucjan Babolewski gemeinsam mit dem Marschall der Woiwodschaft Westpommern das Band zum Treppenaufgang in die neugestalteten Räume durchschnitt und damit den Weg zu den Lesesälen freimachte. Direktor Babolewski hieß die Gäste herzlich willkommen und fand auch freundliche Worte für die deutschen Gäste, die der Einladung zur Neueröffnung des ältesten Bibliotheksgebäudes ihrer Heimatstadt gefolgt waren. In seiner kurzen einführenden Begrüßung erwähnte er das „Haus Stettin“ in Lübeck, in dem das Andenken an das kulturelle Schaffen in Stettin auch bewahrt werde. Er freue sich, Mitarbeiter jenes Hauses aus der Stadt an der Trave begrüßen zu können. Die Eröffnung erfolgte durch den Marschall der Woiwodschaft Westpommern. Ein katholischer Priester segnete das Haus und überbrachte die Glückwünsche der Kirche.

Bei dem anschließenden Rundgang hatten die Besucher die Möglichkeit, das moderne Bibliotheksgebäude und auch die Ausstellungen „Stettiner Druckereien vom 16. bis zum 18. Jahrhundert“, „Stettiner Komponisten um die Jahrhundertwende“, „Geschichte des Buches und Schrifttums“ sowie „Schriftsteller von Westpommern“ zu besichtigen. In Vitrinen wurden die Schätze der Bücherei vorgestellt und sie fanden großes Interesse, das galt besonders für die alten Fotos, welche die Entwicklung der Bücherei bis in die Jetztzeit verdeutlichen.

Seit über 100 Jahren dient die Pommersche Bibliothek den Einwohnern Stettins und der Region als eine der wichtigsten kulturellen Einrichtungen der Stadt. Sie entwickelt und verändert sich, um den ständig wachsenden Anforderungen der gegenwärtigen Welt gerecht zu werden, ohne dabei die Vergangenheit zu vergessen. Das ist die Schlussfolgerung dieser literarischen Feierstunde.   Hans-Gerd Warmann (KK)


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