18.04.2024

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12.02.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-11 vom 12. Februar 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Schmutzige Schwestern / Was die SPD mit Ben Ali und Mubarak verbindet, warum Reagan für immer verdammt ist, und was die USA so abstoßend macht

Irgendetwas stimmt nicht. Es fehlt was! Wenn sonst irgendwo auf dem Planeten ein Volk gegen einen Despoten aufsteht, dann füllen sich für gewöhnlich auch unsere Straßen und Plätze mit Demonstranten, die die Kämpfenden wo auch immer auf dem Globus ihres Beistands versichern. Und natürlich die Bundesregierung, die USA – ach überhaupt den gesamten „Westen“ anprangern wegen seiner Untätigkeit.

Dass der „Westen“, also die USA und Europa und Deutschland sowieso, an Mubarak schuld ist, das haben die üblichen Ankläger auch erwartungsgemäß geklärt. Doch normalerweise schreien sie ihre Anklage richtig laut heraus! Wo aber ist die Palästinensertuch-Studentin, die mit brüchiger Stimme ihre moralische Empörung durchs Megaphon plärrt? Wo das bewährte Fahnenbouquet aus Linke-, Juso, Verdi-, Grünen- und Attac-Bannern über der Menschentraube? Wo die Trillerpfeifen?

Die Zurückhaltung macht neugierig. Einen Grund, warum sie alle nur mit belegter Stimme räsonieren, hatten wir schon letzte Woche gefunden: die peinlichen Sofafotos mit Mubarak. Auf dem Möbel hatten sich Vertreter nahezu aller politischen Lager mit dem Autokraten gelümmelt. Und von dort bis zum Podest des Anklägers ist es nun mal ein sehr weiter Weg.

Wenigstens kann man die unangenehmen Fotos damit erklären, dass sich Außenpolitiker ihre Gesprächspartner nicht immer aussuchen können. Ärgerlicherweise aber standen manche deutsche Politiker dem Ägypter näher, als es die breite Öffentlichkeit bislang wahrgenommen hat. Mubaraks Staatsmarionettenpartei war noch bis zum 31. Januar ganz offiziell Mitglied der „Sozialistischen Internationale“ (SI), und damit sozusagen amtlich eine Schwesterpartei der deutschen SPD. Wie übrigens auch die Gefolgschaft von Tunesiens Despot Ben Ali, die erst am 17. Januar dezent aus der SI entfernt wurde – drei Tage, nachdem sich Ben Ali auf einem Berg von Geld und Gold ins hochherrschaftliche Exil davon kutschieren ließ.

Da können wir verstehen, dass große Teile des empörungsbefugten Deutschland lieber leise nölen statt zu grölen. Zumal sich in dem prächtigen Reigen sozialdemokratischer Schwesterparteien noch weitere Perlen finden, über die wir uns gerne mit der SPD unterhalten würden. So etwa die Partei von Laurent Gbagbo, dem Staatschef der Elfenbeinküste. Der hatte im Herbst vergangenen Jahres die Präsidentschaftswahl verloren. Doch statt zu gehen, ließ er sich von seinen eigenen Hofschranzen im „Verfassungsrat“ zum Sieger erklären. Seitdem steht das Land am Rande des Bürgerkriegs, was Gbagbo ebenso wenig kratzt wie das gegen ihn daraufhin verhängte Einreiseverbot in die EU. Er will sein Land lieber im Blut ertränken, als seine Niederlage einzuräumen. Es ist schließlich sein Land.

Jawohl, seins! Viele afrikanische Führer haben eine weit innigere Beziehung zu ihrer Heimat als die kühl distanzierten Staatenlenker Europas. Um Uganda, das seinen Staatshaushalt zu über der Hälfte aus Entwicklungshilfe bestreitet, sorgt sich seit 25 Jahren der heute 66-jährige Präsident Yoweri Museveni. Diesen Monat sollen die Ugander wählen, und zwar wieder ihn und keinen anderen. Warum? Das ließ Museveni im Dezember wissen: „Ich kann doch meinen Stuhl nicht räumen, wenn wir gerade solche Bodenschätze wie Erdöl gefunden haben. Wenn ich einmal gehe, dann werde ich jemanden in meiner Partei auswählen, der auf diese Bodenschätze aufpasst!“ Heißt: Wir gehen erst, wenn wir alles abgeräumt haben, was zu holen war. Dem Herausforderer hat Museveni mit Gefängnis gedroht, sollte der das „offizielle“ Wahlergebnis (auf das wir alle wahnsinnig gespannt sind!) anzweifeln.

Soweit läuft also alles ganz normal. Verwundern tut einen nur, dass Musevenis Aufpasserpartei nicht auch Mitglied der SI ist. Die würde da doch prima reinpassen!

So wie Hugo Chávez: Die Truppe von Venezuelas Machthaber  darf sich immerhin mit dem Status des „Assoziierten Mitglieds der Sozialistischen Internationale“ schmücken. Chávez ist seit Jahren mit Elan und Zähigkeit dabei, sein Land in eine rote Diktatur nach kubanischem Vorbild zu verwandeln, wobei Freunde und Verwandte des Präsidenten nicht gerade schlecht wegkommen – ganz wie die Sippen der Genossen Mubarak und Ben Ali. Venezuela ist einer der führenden Erd­ölexporteure der Welt. Es gibt also einiges, auf das „aufzupassen“ sich lohnt.

Die Sozialdemokraten würden, auf ihre erklärungsbedürftigen Schwestern angesprochen, sicherlich einwenden, dass es besser sei, innerhalb der SI auf diese Parteien „einzuwirken“ als den „Gesprächsfaden“ abreißen zu lassen. Der Faden ist ein kostbares Instrument. Er erlaubt einem, vor aller Augen mit einem Freund zu kungeln, mit dem man aus moralischer Sicht eigentlich gar nicht befreundet sein dürfte. Man pflege ja nur den Dialog, kann man dann flunkern. Und wehe dem, der dieses faule Spiel aufdeckt, indem er Tacheles redet.

Ronald Reagan war so einer von der Tacheles-Fraktion. Der US-Präsident muss dafür noch Jahre nach seinem Tod im Fegefeuer der sozialdemokratischen Verachtung schmoren, dass er die Sozis einst so brutal bloßgestellt hat. Vergangenen Sonntag wäre er 100 geworden. Daher wurde Berlins SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit seit Monaten bedrängt, nach dem Amerikaner einen Platz oder eine Straße zu benennen oder wenigstens eine Plakette am Brandenburger Tor aufzustellen.

Ausgerechnet am Brandenburger Tor: Genau dort hatte der Präsident eine seiner schlimmsten Untaten begangen! Im Juni 1987 rief Reagan von der Westseite aus: „Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder! Öffnen Sie dieses Tor!“

Das ist unverzeihlich, bis heute. Denn gleichzeitig tagte gerade eine Kommission aus SPD- und SED-Grundsatzpolitikern, die freudig herausfanden, dass Sozialdemokraten und Kommunisten aus einem „gemeinsamen humanistischen Erbe“ schöpften. Im selben Jahr bezahlte der 24-jährige Lutz Schmidt ein Treffen mit dem kommunistischen Erbteil  mit seinem Leben. Er wurde beim Fluchtversuch an der Mauer erschossen. Bis zum Fall der Mauer folgten ihm noch drei weitere Menschen.

Mitten in diese wunderbare Annäherung, dieses entspannte Ranschmiegen und Anschmieren platzte nun der Reagan und demonstrierte aller Welt, dass man mit Kommunisten auch geradeaus reden kann. Wie stand man denn jetzt da! Das war vielleicht eine Blamage. Bis heute basteln Sozialdemokraten an der Legende, die Einschmeichelei bei Honeckers sei der eigentliche Anstoß gewesen für die Revolution in der DDR und damit für die Vereinigung.

Glauben tun sie es freilich selber nicht, daher der unstillbare Rochus auf den toten US-Politiker. Nicht einmal ein klitzekleines Plakettchen soll der kriegen, hat Klaus Wowereit verfügt.

Überhaupt die Amis, den fallen „Menschenrechte“ doch sowieso nur ein, wenn’s vor Ort nach Öl riecht. Wenn’s ihnen stattdessen politisch nützt, blicken sie über böseste Rechtsverletzungen kalt hinweg. Das ist der deutschen Linken nicht erst seit dem Irakkrieg zuwider, das konnte sie schon zu Reagans Zeiten nicht ausstehen.

Damals in den 80ern: Mit zornesrot geflecktem Gesicht erregt sich in meinem Heimatstädtchen die Aktivistin von „Amnesty International“: Reagan halte noch immer zum chilenischen Diktator Pinochet und sage dem Apartheit-Regime in Südafrika längst nicht laut genug die Meinung.

Das Städtchen lag kaum 30 Kilometer von der Zonengrenze entfernt. Von der DDR wusste die Menschenrechts-Kämpferin indes nichts Negatives zu berichten. Und sie ließ sich von einem „dumpfen Antikommunisten“ und „Kriegshetzer“ wie mir auch nichts Fieses einreden. Viel lieber wollte sie mit mir über die USA und deren „selektive Wahrnehmung von Menschenrechten“ diskutieren.


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