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19.02.11 / Quartiersmanager und anderer Unsinn

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-11 vom 19. Februar 2011

Quartiersmanager und anderer Unsinn
von Vera Lengsfeld

Berlin, weiß man seit dem berühmt gewordenen Spruch des Regierenden Bürgermeisters Wowereit, ist „arm, aber sexy“. Damit der Sex-Appeal bleibt, wird an der Verstetigung der Armut hart gearbeitet. Und das geht so: Ende der 90er Jahre wurde in der Hauptstadt der „Problemkiez“ erfunden. Im Beamtendeutsch sind das Viertel „mit besonderem Entwicklungs­bedarf“. Für solche Gebiete wurden „Quartiersmanager“ eingesetzt, die vor allem die Aufgabe hatten, das zusätzlich aus dem Länderfinanzausgleich bereitgestellte Geld unter die Leute zu bringen. 

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Es gibt Kiez-Rapper, Kiez-Läufer, Kiez-Zeitungen und Kiez-Schreiber. Auf letzteren Posten habe ich mich spaßeshalber mal beworben, im Problemkiez Soldiner Straße im Wedding. Früher durch die Mauer von meinem Wohnort getrennt, heute keine zehn Laufminuten entfernt. Die Stelle war auf ein Jahr befristet und mit 1000 Euro monatlich dotiert.

Was nicht in der Ausschreibung stand: Bewerber mussten mindestens zwei Jahre arbeitslos und Arbeitslosengeld-II-Empfänger sein. Das Geld sollte nicht nur durch Schreiben von Artikeln und einer längeren Abhandlung über den Kiez verdient werden, sondern durch Teilnahme an allen Veranstaltungen und „Höhepunkten“ im Kiez.

Davon gibt es in einem Problemgebiet jede Menge: „Kiezkaraoke zu Nikolausi“, Operettenförderung für Liebhaber, denen die „Komische Oper“ in Mitte zu weit oder zu teuer ist, Lauftreffs für Gesundheitsfreaks und solche, die es werden wollen, Christbaum­paraden mit Preisen für die bestgeschmück­ten Exemplare. Der kürzlich herausgegebene „Sozialbericht“ des rot-roten Senats hält eine Fülle weiterer Beispiele bereit. Natürlich ist auch an die Mitbürger mit Migrationshintergrund gedacht. Mit einer Ausstellung von    Satellitenschüsseln beweist Berlin, dass der Empfang des türkischen Fernsehens nicht nur selbstverständlich, sondern eine ästhetische Bereicherung des Stadtbildes ist.

Damit die Hundehaufen, die jede Berliner Straße reichlich zieren, nicht länger über-

sehen werden, ist man auf die Idee gekommen, sie mit Fähnchen zu versehen. So ist es nicht nur möglich, ihnen auszuweichen, sondern man kann die Lücken besser erkennen, wo sich der eigene Vierbeiner erleichtern kann, ohne in Kollision mit den Hinterlassen­schaften seiner Mithunde zu geraten.

Kurz: der Berliner Problemkiez ist ein Erfolgsmodell. Gab es 1999 lediglich 15, sind es zehn Jahre später schon 39. Tendenz steigend. 

Die Zukunft des Berliner Modells „Armut für alle“ (Henryk M. Broder) ist gesichert!


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