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19.02.11 / Mehr als Gesäßgeographie / Geschichte der politischen Definition von links, rechts und Mitte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-11 vom 19. Februar 2011

Mehr als Gesäßgeographie
Geschichte der politischen Definition von links, rechts und Mitte

Rechts, links und Mitte werden gern als „politische Gesäßgeographie“ verspottet. Tatsächlich bringt man die Bezeichnung erst seit der französischen Nationalversammlung von 1789 mit weltanschaulichen Richtungen in Zusammenhang. Dort saß links die revolutionär-republikanische Richtung, aus der später die Verantwortlichen für den

Blutrausch hervorgehen sollten. Rechts plazierten sich die moderaten Kräfte, die eine demokratisch und rechtsstaatlich eingehegte Monarchie anstrebten.

In der Sitzordnung spiegelte sich eine gesellschaftliche Umwälzung in der Tat revolutionären Ausmaßes: Zuvor spiegelte die Sitzordnung in Parlamenten die Standesgesellschaft wider. In Frankreich wie in Deutschland: Im „Immerwährenden Reichstag“ seit 1663 saßen die Vertreter der geistlichen und weltlichen Macht im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nach ihren Ständen genau verteilt. Ihr Sitzplatz gab dabei auch Auskunft darüber, welche Mitbestimmungsrechte sie besaßen.

Erst mit dem Übergang zum modernen Parlamentarismus hatten alle Abgeordneten das gleiche Stimmrecht. So gruppierten sie sich nun nach der politischen Richtung, wobei zunächst ein großer Teil ohne feste Bindung an einen der beiden Flügel blieb.

Nach und nach aber verfestigten sich die Lager, die lagerunabhängigen Abgeordneten wurden zur Ausnahme. Während indes die Parteien aufkamen und verschwanden, blieben die großen Lager erhalten und passten sich immer wieder an die Herausforderungen ihrer Zeit an.

Die grundsätzlichen Ausrichtungen blieben dabei erstaunlich konstant: Auch heute setzt die Linke vor allem auf Gleichheit, die Rechte auf Sicherheit. Daneben gesellt sich der Liberalismus, der oftmals daher als „Mitte“ definiert wird. Der konservativen Rechten gegenüber setzt er die Freiheit vor die Sicherheit, der sozialistischen oder sozialdemokratischen Linken gegenüber gibt er der Gleichberechtigung den Vorrang vor der Gleichstellung. Somit kann Liberalismus im europäischen Sinne sowohl als rechter wie als linker Liberalismus auftreten, je nachdem, in welchem Themenfeld er gerade seinen Schwerpunkt setzt.

In jüngerer Zeit ist indes vor allem in Deutschland etwas völlig Neues zu beobachten: bis mindestens in die 1970er Jahre waren rechts, links und Mitte bloße Zuordnungen politischer Lager, denen der Betrachter je nach persönlichem Standpunkt mit mehr oder weniger Sympathie begegnete, die aber sämtlich als legitim angesehen wurden. Lediglich die extremistischen Ränder wurden, und zwar von allen moderaten Kräften gemeinsam, strikt abgelehnt.

Seit den 1980ern jedoch wurde „rechts“ zunehmend stigmatisiert, schließlich gar kriminalisiert. Infolge dessen scheuen selbst Konservative und Rechtsliberale die Bezeichnung „rechts“, gegen die sie zuvor nichts einzuwenden hatten. Kritiker sehen darin eine gefährliche Erosion des Pluralismus.                      Hans Heckel


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