19.04.2024

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19.02.11 / Recht auf Rache?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-11 vom 19. Februar 2011

Recht auf Rache?
von Hans Heckel

Die Verbrechen der Nationalsozialisten werden zurecht als einmalig in der Geschichte bezeichnet. Die Vertreibung von rund 15 Millionen Deutschen, bei der mehr als zwei Millionen den Tod fanden, wiederum steht einsam an der Spitze der größten Massenvertreibungen der Menschheitsgeschichte. Warum das Gedenken an das eine das Gedenken an das andere schmälern oder, wie es vieldeutig heißt, „relativieren“ sollte, das bleibt das Geheimnis von Leuten, die immerfort vor „Aufrechnung“ warnen, um genau diese Aufrechnung ständig selbst zu betreiben.

Staunend stehen wir nun abermals vor einer weiteren historischen Einmaligkeit: Wohl nie in der Geschichte haben sich wesentliche Teile der politischen Klasse eines Landes mit solcher Emphase, ja solcher Wut von weiten Teilen ihres eigenen Volkes losgesagt wie jüngst wieder SPD und Grüne im Bundestag von den deutschen Opfern der Vertreibung.

Man sollte die Denkart, die dort gepflegt wird, nur einmal auf ein anderes Feld übertragen, um zu erahnen, wie absurd bisweilen argumentiert wird: Man stelle sich vor, jemand mordet wahllos Menschen in einer Menge. Vor Gericht gestellt, führt der Täter an, dass er gesehen habe, wie sich einzelne gesuchte Schwerverbrecher in die Menge geflüchtet hätten, weshalb seine Tat auch als gerechte Sühne zu betrachten sei. Die unschuldigen Opfer täten zwar schon leid, aber das müsse man „im Zusammenhang“ sehen. Was würden wir dem antworten? Genau das Gleiche, was allen entgegenzuhalten ist, welche die NS-Verbrechen gegen Vertreibungsverbrechen aufrechnen wollen: Die Untaten der braunen Herren und ihrer Handlanger geben nicht auch nur den Schimmer einer ethischen Rechtfertigung her für die Massenverbrechen an 15 Millionen Deutschen.

Genau dies will Wolfgang Thierse offenbar nicht verstehen: Die Charta der Heimatvertriebenen von 1950 sei eine „Anmaßung“, weil die Vertriebenen wegen der NS-Verbrechen das „Recht auf Rache“ ohnehin verwirkt hätten. So erscheinen die NS-Verbrechen wieder als klammheimliche Rechtfertigung für die Vertreibungsverbrechen

Und überhaupt: „Recht auf Rache“? Nicht weil sie auf ein solches „Recht“ großzügig verzichten wollten, erteilten die Vertrieben Rache und Vergeltung feierlich eine Absage, sondern weil sie die barbarische Unsitte von Rache und wieder Rache und nochmals Rache für immer begraben wollten. Sie waren, nur fünf Jahre nach dem Krieg, sittlich und zivilisatorisch weiter im Denken als ein Wolfgang Thierse, der heute noch von einem „Recht auf Rache“ schwafelt. Die Bundestagdebatte über einen „Tag der Vertriebenen“ zeigte, dass der Weg zur Versöhnung der Deutschen mit sich selbst noch ein sehr weiter sein wird.


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