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05.03.11 / Private Eintreiber geplant / Berliner Bezirk will Außenstände von Bürgern »verkaufen«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-11 vom 05. März 2011

Private Eintreiber geplant
Berliner Bezirk will Außenstände von Bürgern »verkaufen«

Die Verwaltung des Berliner Bezirks Hellersdorf-Marzahn hat sich mit dem Vorhaben, ältere Außenstände des Bezirks bei zahlungssäumigen Bürgern an private Inkassounternehmen zu verkaufen, heftige Kritik zugezogen. Der zuständige Finanzstadtrat Stefan Komoß (SPD) verspricht sich einen Geldsegen für den klammen Bezirk: „Wir haben 13 Millionen Euro Außenstände.“ Darunter sind Forderungen wie Mieten oder Pacht, Unterhaltsrückstände von Vätern oder Hortgebühren, die nun von privaten Eintreibern eingezogen werden sollen. Komoß hofft in den kommenden Jahren auf zusätzliche sieben Millionen Euro.

Üblicherweise schreibt das Bezirksamt eine Rechnung, mahnt und beauftragt schließlich einen Gerichtsvollzieher. Wolfgang Spitz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU), freut sich erkennbar über die neuen Klienten und spottet über die öffentliche Hand: „Ihr Forderungsmanagement ist verbesserungswürdig.“

Von anderer Seite wird der „Verkauf“ der Forderungen hingegen scharf kritisiert. Wer bereits eine eidesstattliche Erklärung abgegeben habe und gelegentlich Besuch vom Gerichtsvollzieher erhalte, bei dem könne eigentlich auf legalem Weg nichts mehr zu holen sein, heißt es. Ein Gerichtsvollzieher, der namentlich nicht genannt werden will, erklärte gegenüber der PAZ, dass ihm ein Fall bekannt geworden sei, wo private Inkasso-Unternehmen sich „Methoden“ bedient hätten, die er ablehne. Erfahrungen aus Baden-Württemberg und Hamburg zeigten zudem, dass sich die „Erfolge“ in Grenzen hielten. Dort ließen sich durch private Inkasso-Unternehmen zwischen 1,6 bis zwölf Prozent der Forderungen eintreiben.

Monika Thiemen, Bürgermeisterin von Wilmersdorf-Charlottenburg (SPD): „Sensible Daten gehören nicht in private Hände.“ Auch Reinickendorfs Bürgermeister Frank Balzer (CDU) weist das Vorhaben zurück: „Wenn das Bezirksamt bei der Eintreibung der Forderung durch den Gerichtsvollzieher nicht erfolgreich ist, stellt sich die Frage, warum private Firmen erfolgreicher sein sollen, wenn sie sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen halten.“ Heinz Buschkowsky, der populäre Bürgermeister des sozialen Problembezirks Neukölln, und sein Kollege Ekkehard Band aus Schöneberg-Tempelhof (beide SPD) sprachen sich ebenso gegen die neue Praxis in Hellersdorf-Marzahn aus.        Hans Lody


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