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05.03.11 / Tokio schlimmer als Athen / Schuldenberg entspricht den Steuereinnahmen von 20 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-11 vom 05. März 2011

Tokio schlimmer als Athen
Schuldenberg entspricht den Steuereinnahmen von 20 Jahren

Eine neue Zeitbombe tickt im weltweiten Finanzsystem. Japan, bisher als solventer Schuldner gehandelt, scheint größere Probleme als Griechenland oder Island zu haben. Steht eine der größten Volkswirtschaften der Erde bereits am Abgrund?

Der Schuldenberg Japans in Höhe von acht Billionen Dollar ist gut doppelt so hoch wie die Jahreswirtschaftsleistung (BIP) des Landes und erreicht damit den höchsten Wert aller Industrienationen weltweit. Bisher fiel dieser Schuldenturm kaum auf, weil sich der japanische Staat nur bei den eigenen Bürgern verschuldete. Rund 95 Prozent der Staatsanleihen im Land der aufgehenden Sonne liegen in den Händen der Bevölkerung oder großer Pensionsfonds.

Nun klopfte ausgerechnet der Chef des größten Pensionsfonds der Welt (GPIF) der Regierung auf die Finger. Die exorbitanten Staatsschulden müssten gesenkt werden, forderte der Chef von GPIF, Takahiro Mitani, kürzlich in einem Interview. Der Fond verwaltet 1,4 Billionen Dollar und damit mehr als die Wirtschaftsleistung von Kanada und Indien zusammen und ist eine der Hauptstützen des japanischen Rentensystems. Er hat sein Vermögen zu zwei Dritteln in Staatsanleihen angelegt.

Nicht nur japanische Pensionsfonds, sondern auch Ratingagenturen schlagen Alarm. In der letzten Woche gab „Moody’s“ bekannt, dass Japans derzeitige Bonitätsnote „Aa2“ nicht zu halten sein wird. Der Ausblick wurde auf „negativ“ gesetzt. Auch die konkurrierende Agentur „Standard & Poor’s“ hatte das Rating schon im Januar auf „AA-“ gesenkt. Solche Herabstufungen gingen in der Vergangenheit stets dem Ausbruch großer Wirtschafts- oder Währungskrisen voraus. Laut Mitani würde die Entwicklung erst in fünf oder zehn Jahren einen kritischen Punkt erreichen. Dieses wohlwollende Szenario wird allerdings in Anlegerkreisen bestritten. Denn im Verhältnis zu den Staatseinnahmen sind die Schulden Japans exorbitant hoch. Rund 20 Jahre lang würde Japan seine gesamten heutigen Steuereinnahmen aufwenden müssen, um seinen Schuldenberg abzutragen. Andere, bereits als riskant eingestufte Länder wie Island oder Griechenland bräuchten dazu „nur“ vier bis fünf Jahre – und das relativ solide Deutschland zwei Jahre.

Der eigentliche Sprengsatz liegt aber in der sinkenden Sparbereitschaft der japanischen Bevölkerung. Die Sparquote liegt heute bei nur noch fünf Prozent. So dürfte Japan bald gezwungen sein, ebenso wie andere notleidende Staaten, Gelder im Ausland aufzunehmen. Die bisher sehr niedrigen Zinssätze von ein bis zwei Prozent dürften dann der Vergangenheit angehören. Der japanische Staatshaushalt könnte dann schneller als erwartet vor dem Bankrott stehen. Schon heute steht Japan (nach der Türkei) auf Platz zwei der Länder, die die höchsten Summen für ihre Zinszahlungen aufwenden müssen.

Die bisher gezahlten 20 Prozent (Deutschland etwa sechs Prozent) der Staatseinnahmen könnten sich so schnell auf 40 bis 50 oder auch 80 Prozent erhöhen. Die japanische Regierung zeigt sich indes seit Jahrzehnten unfähig, die Riesendefizite des Haushalts in den Griff zu bekommen.    Hinrich E. Bues


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