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05.03.11 / Feindin der Demokratie / Warum Rosa Luxemburgs Nimbus die Sowjetherrschaft überlebt hat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-11 vom 05. März 2011

Feindin der Demokratie
Warum Rosa Luxemburgs Nimbus die Sowjetherrschaft überlebt hat

Kaum ein anderer Kommunist erfreute sich während des Kalten Krieges bei den Blockfreien und auch in der westlichen Welt einer derartigen Wertschätzung und wird auch noch nach dem Zusammenbruch der Sowjetherrschaft derart geehrt. In Josip Broz Titos Jugoslawien war ihr Todestag ein gesetzlicher Feiertag. Die westdeutsche Bundesrepublik widmete ihr eine Briefmarke. Und erst vergangenes Jahr wurde im Zossener Ortsteil Wünsdorf-Waldstadt eine Straße nach ihr benannt

Das liegt vor allem daran, dass sich Rosa Luxemburg kritisch mit dem sogenannten real existierenden Sozialismus in Sowjetrussland auseinandersetzte, am Leninismus dessen Freiheits- und Demokratiedefizit kritisierte. Berühmt und viel gelobt sind ihre Worte: „Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden.“ Weiter heißt es: „Nicht wegen des Fanatismus der ,Gerechtigkeit‘, sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die ,Freiheit‘ zum Privilegium wird.“ Und über die Demokratie schrieb sie: „Das öffentliche Leben der Staaten mit beschränkter Freiheit ist eben deshalb so dürftig, so armselig, so schematisch, so unfruchtbar, weil es sich durch die Ausschließung der Demokratie die lebendigen Quellen allen geistigen Reichtums und Fortschritts absperrt.“ Ähnlich wie beim späteren KPdSU-Chef Michail Sergejewitsch Gorbatschow waren auch Luxemburg die Segnungen einer offenen Gesellschaft weniger Selbstzweck denn Mittel zum Aufbau des Sozialismus. Denn der Sozialismus, so ihr Credo, „lässt sich seiner Natur nach nicht oktroyieren ... Die ganze Volksmasse muss daran teilhaben.“

Trotz ihres Plädoyers für Freiheit und Demokratie sollte man sich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Luxemburgs Lehren außerhalb des Verfassungsbogens stehen und sie, wenn sie heute noch leben würde, ein Fall für den Verfassungsschutz wäre. So avancierte sie im sogenannten Revisionismusstreit der deutschen Sozialdemokratie zur Wortführerin des linken Flügels. Nach der Rücknahme der Sozialistengesetze durch den in vielerlei Hinsicht modernen und fortschrittlichen Kaiser Wilhelm II. keimte bei den sogenannten Revisionisten um Eduard Bernstein die Hoffnung, im kapitalistischen Staat die Ziele der Arbeiterpartei auf legalem Wege erreichen zu können. Luxemburg hingegen hielt die Nutzung der legalen Möglichkeiten, die der kapitalistische Staat bietet, zwar für sinnvoll, eine Revolution zur Beseitigung des kapitalistischen Systems jedoch nichtsdestoweniger für unersetzlich. Folgerichtig beteiligte sie sich denn auch am Spartakusaufstand, bei dessen Niederschlagung sie am 15. Januar 1919 getötet wurde.

Angesichts dieser Biographie bietet es sich für deutsche Kommunisten, die sich von der durch die friedliche Revolution überwundenen leninistisch-stalinistischen SED-Diktatur in Mitteldeutschland aus Überzeugung oder aber aus taktisch-opportunistischen Erwägungen heraus abgrenzen wollen, an, unter der Flagge Rosa Luxemburgs zu segeln. Deshalb werden auch dieses Jahr wieder Kommunisten unterschiedlichster Provenienz den Geburtstag der am 5. März vor 140 Jahren geborenen Politikerin mehr oder weniger festlich begehen.        Manuel Ruoff


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