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05.03.11 / Kant im Sperrmüll / Spuren führen zu Porträtmaler

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-11 vom 05. März 2011

Kant im Sperrmüll
Spuren führen zu Porträtmaler

Ostpreußens Hauptstadt Königsberg, Immanuel Kant und ein Bildnis des Philosophen, dessen Herkunft und Urheberschaft bis heute ungeklärt blieb, bilden die drei Themenkreise in dem Roman „Kant, die Handschrift und das Bild“ von Günter R. Scherer, einem Hobby-Schriftsteller aus Königswinter. Bekanntlich gibt es nur wenige malerische und graphische Bildnisse Kants, die als authentisch, also als zeitgenössische Darstellungen angesehen werden. Eigenartigerweise wurden sie durchweg von relativ unbedeutenden Künstlern ausgeführt. Fast alle Originale sind verschollen, wobei zu vermuten ist, dass sie bei der Zerstörung Königsbergs Ende des Zweiten Weltkriegs vernichtet wurden.

Mit dem wohl bekanntesten und gleichzeitig ausdrucksvollsten, aber auch rätselhaftesten Kant-Porträt beschäftigt sich der Autor in seinem Roman. Es entstand „um 1790“ und wurde von Clasen 1924 anlässlich der Königsberger Ausstellung zum 200. Geburtstag von Immanuel Kant der Schule des berühmten Malers Anton Graff zugeordnet. Nachdem das Werk erst 1896 im Dresdener Antiquariatshandel aufgetaucht und von der Stadt Königsberg erworben worden war, gelang es anschließend nicht, dessen Spur zurückzuverfolgen. Es handelt sich um ein Brustbild, auf dem sich nur das hell beleuchtete Gesicht des Perücke tragenden Philosophen, der den Kopf leicht vorn-über geneigt hält, von fast völlig dunkler Umgebung abhebt. Kommt die Königsberger Kaufmannstochter Elisabeth von Stägemann, die Kant nachweislich porträtiert hat, als Malerin in Frage? Der Romanautor hielt das aus bestimmten Gründen für unwahrscheinlich. Er machte sich seine eigenen Gedanken und ließ seiner Phantasie freien Lauf. 

Der Roman beginnt und endet mit einer Rahmenhandlung. Der Ich-Erzähler, ein Verwaltungsjurist, und sein Freund Markus, ein Zahnarzt, beschäftigen sich in ihrer Freizeit mit einem alten Manuskript, das Ersterem beim Durchsuchen von Sperrmüll aus dem Haus eines Bekannten in die Hände gefallen ist. Zwar gelingt es den beiden Freunden nicht auf Anhieb, die altdeutsche Schrift zu entziffern, doch die Jahreszahl 1792 und die Namen „Kant“ und „Königsberg“ fallen ihnen auf. Es ist der Auftakt zu einigen Gesprächen über Königsberg und seine Geschichte, über Kant, den berühmtesten Sohn der Stadt, und dessen Zeitgenossen – einige vulgäre Späße inbegriffen. Unterdessen bringen sie in Erfahrung, dass in dem fraglichen Konvolut ein Konterfei Kants eine wichtige Rolle spielt. Sollte ihr geheimnisvoller Fund womöglich zur Aufklärung der Urheberschaft jenes erst spät bekannt gewordenen Kant-Porträts beitragen?

Die zugrunde liegende Idee dieses Romans ist prächtig, insgesamt ist der Roman selbst jedoch nur als mittelprächtig zu bezeichnen. Dagmar Jestrzemski

Günter Richard Scherer: „Kant, die Handschrift und das Bild“, Husum Taschenbuch, Husum 2010, broschiert, 232 Seiten, 9,95 Euro


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