25.04.2024

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05.03.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-11 vom 05. März 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Dr. Dampf / Wie sich alles als schöner Traum erwies, was uns an gewissen Guttenberg-Jägern missfällt, und wie Erdogan die letzten Türken aufrichtet

Tief in unserem Inneren ahnten wir von Anfang an, dass wir uns das alles nur eingebildet haben: Ein Verteidigungsminister, der näher bei der Truppe zu sein schien als bei seinen Bürokraten und Gremienhengsten. Ein Mann, der Gesicht und Charisma mitbrachte und sogar beim Fehlermachen noch größer aussah als seine Kollegen im größten Triumph. Ein Politiker, dem das wankende „Wohlwollen“ seiner machtbewussten Parteilöwen herzlich schnuppe zu sein schien.

Es war ein wunderschöner Traum, herrlich – bis der Morgen graute und sie uns brutal aus den Federn geschubst haben. Missmutig und tief enttäuscht liegen wir im sumpfigen Grund der Berliner Realität und mustern die Schubser. Es sind Typen dabei, denen wir lieber nie begegnet wären.

Als erster und eifrigster unter ihnen hatte sich Gregor Gysi an die Zerstörung unseres Traums gemacht: „Es wäre besser für ihn, unverzüglich die Konsequenzen zu ziehen und zurückzutreten“, giftete der Postkommunist schon am 22. Februar gegen den Minister. Dem Linkspolitiker war es schlichtweg unerträglich, wie die Causa zu Guttenberg das noble Renommee des Doktorgrads besudelte.

Der Herr Gysi ist nämlich selber ein Herr Dr. Gysi und will sich nicht seine eigene Lebensleistung zerzausen lassen. Seine Doktorarbeit von 1975 trägt den Titel „Zur Vervollkommnung des sozialistischen Rechts im Rechtsverwirklichungsprozess“. Darin schreibt uns Doktorand und Genosse Gysi, dass das Rechtssystem der Bundesrepublik ein „Ausdruck der Schwäche des Imperialismus“ sei, andererseits aber auch „Ausdruck der noch vorhandenen Kraftreserven des Imperialismus“. Und „diese Kraftreserven gilt es zu überwinden“, so Gysi, damit die „Scheindemokratie“ BRD verschwinde.

Dieses Meisterwerk kommunistischer Kampfprosa also ist die „akademische“ Basis, von der aus Gysi heute an vorderster Front für die wissenschaftliche Würde des deutschen Doktortitels in die Schlacht stürmt. Selbstverständlich geht es ihm dabei ausschließlich um Glaubwürdigkeit und Anstand. Worum sonst. Ein Magenbitter gefällig?

Warum der Gysi seinen Doktor überhaupt noch hat? Er, und beileibe nicht er allein, hatte gleich zweimal richtig Glück in der Geschichte.

Erstens: Im kommunistischen Propagandadeutsch kann man gar kein „geistiges Eigentum“ stehlen, da konsequente Geistlosigkeit dort Programm ist. Daher diese schrecklich öden, immer gleichen Satzbrocken, die in einer „Doktorarbeit“ ebenso auftauchten wie in der Rede des Genossen Bezirkssekretär zur Eröffnung der Sickergrube „Freundschaft“ anlässlich des 35. Republikgeburtstags.

Zweitens machten es findige Verhandlungsführer während der Beitrittsgespräche zwischen DDR und Bundesrepublik zu einer Sache der Selbstachtung aller Deutschen in der DDR, dass auch die platten Politpamphlete ungeprüft als ordentliche Doktorarbeiten anerkannt wurden.

Daraufhin durften die Fachleute für „Wissenschaftlichen Kommunismus“ und ähnlichen roten Dampf Platz nehmen neben den seriösen Wissenschaftlern von Greifswald bis Konstanz. Und deshalb darf heute ein „Dr. Gysi“ hinter dem Herrn zu Guttenberg herlaufen und mit der Würde des deutschen Hochschulwesens auf ihn eindreschen. Noch ein Gläs­chen?

Wo Frechheit sich als Anstand kleidet, ist sie einfach unwiderstehlich. Was das angeht, war Recep Tayyip Erdogan wie immer glänzend gewandet. Drei Jahre nach seinem letzten Angriff ritt er am Wochenende die zweite Attacke gegen Deutschland auf dessen eigenem Boden.

Erdogan kam tief besorgt nach Deutschland. Offenbar hat er beobachtet, dass sich der eine oder andere Türke regelrecht wohlfühlt bei uns, womöglich sogar freundschaftlichen Kontakt zu Deutschen pflegt. Dagegen ging der türkische Ministerpräsident in Düsseldorf mit feurigem Elan an.

Zunächst einmal machte er seinen begeisterten Zuhörern klar, in was für einem fürchterlichen Staat sie sich befinden: Die Türkei sei die Schutzmacht für die in Deutschland und Libyen lebenden Türken, so Erdogan. Warum ausgerechnet Libyen? Na, weil das ein zurzeit zwischen Chaos und Unterdrückung zerriebenes Land ist, wie Deutschland eben. Nur dass wir weniger Öl, dafür aber umso mehr Ausländerfeindlichkeit haben, die – das hat Erdogan bei der türkeibegeisterten Claudia Roth gelernt – ständig beängstigend zunimmt.

Schrecklich war es allerdings schon immer für die Türken in Deutschland, wusste Erdogan zu berichten. Sie seien vor Jahrzehnten hierhergekommen, wo sie „unter schlimmsten Umständen“ gearbeitet hätten. Aha? Ach deshalb sind sie ja auch bei der ersten besten Gelegenheit              zurückgeflüchtet in ihr anatolisches Paradies, aus dem sie fiese teutonische Werber zuvor weggelockt hatten. Und deshalb gibt es heute auch so gut wie keine Türken mehr auf deutschem Boden. Eigentlich. Also, wenn es nach Erdogan geht, jedenfalls.

Den allerletzten 11000, denen die Flucht noch nicht gelungen ist, wollte der Ministerpräsident väterlichen Beistand leisten mit seiner Rede in Düsseldorf. Am schlimmsten sei die „Islamphobie“ der Deutschen, die genauso übel sei wie der Antisemitismus. Ja, die Lage der Menschenrechte im finsteren Germanien. Da versteht Erdogan keinen Spaß. Den „Menschenrechtspreis“, den er erst unlängst von seinem guten Freund Gaddafi überreicht bekommen hat, den hält der Türke hoch in Ehren.

Wegen der unerträglichen Menschenrechtslage soll Deutschland künftig auch nicht mehr allein entscheiden dürfen, nach welchen Kriterien hier eingebürgert wird, so der Gast aus Ankara. Dafür müssten die Deutschen künftig das Placet der türkischen Behörden einholen. 

Zur Feier seines Besuchs hatte ihn Kanzlerin Merkel nach der Rede auf der Cebit in Hannover begrüßt, wo die Türkei dieses Jahr „Partnerland“ ist. Erdogan nutzte auch diese Gelegenheit, um den Deutschen einzuschärfen, wer hier Herr und wer dummer Knecht ist. 40 Minuten ließ er die Kanzlerin warten, die da ziemlich belämmert auf dem roten Teppich herumstand.

Als er endlich eintraf, faltete er die Deutsche erst mal zusammen wegen ihrer zögerlichen Haltung zu einem EU-Beitritt der Türkei, um sie dann gleich wieder stehen zu lassen. Für den traditionellen Rundgang war keine Zeit, weil Erdogan zur Beerdigung seines poltischen Ziehvaters, des Islamistenführers Necmettin Erbakan, in die Heimat zurück musste. Erbakan ist der Gründer der Islamistengruppe „Milli Görüs“, die auch in Deutschland recht aktiv ist. Ex-„Milli Görüs“-Funktionäre haben bei der Organisation der Duisburger Veranstaltung laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ kräftig mitgeholfen. Es waren ganz gewiss „gemäßigte Islamisten“, die jederzeit zum „Dialog“ bereit sind. Aber das kennen wir ja schon.

Genug Zeit blieb dem Gast hingegen für einen Privatbesuch bei Gerhard Schröder, der sich – wie die Führung der Grünen – noch einmal mächtig für die Interessen seines osmanischen Besuchers ins Zeug legte: Die Türkei müsse als Vollmitglied in die EU aufgenommen werden, alles andere sei „Gerede“, das endlich aufhören müsse.

Da ist sie wieder, diese pitores­ke Schwäche vieler deutscher Linker für alle Arten von Nationalismus und Religionseiferei, solange die Nation nicht deutsch und die Religion nicht hiesig ist. Da ist Herr Erdogan natürlich ein geborener Verbündeter.

Für den Ministerpräsidenten war seine Deutschlandattacke jedenfalls ein voller Erfolg. Nicht wenige Deutsche, Türken und Deutschtürken, die den Besuch verfolgt haben, dürften die Nase nun noch ein wenig voller von einander haben. So klärt, nein, so macht man Fronten. Das mit den „schlimmsten Umständen“, das muss doch hinzukriegen sein, nicht wahr, Herr Erdogan?


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