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12.03.11 / »Aliens« in Europa / Baltische Minderheitenpolitik in der Kritik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-11 vom 12. März 2011

»Aliens« in Europa
Baltische Minderheitenpolitik in der Kritik

Es ist beschämend“, wetterte Russlands Außenminister Sergej Lawrow auf einer Sitzung des UN-Menschenrechtsrats Ende Februar in Genf. Er kritisierte scharf, dass die einschlägigen Empfehlungen des Europarats, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des UN-Ausschusses zur Beseitigung der Rassendiskriminierung von Estland und Lettland in Bezug auf die Problematik der staatenlosen Menschen in ihren Ländern nicht umgesetzt wurden.

In Lettland leben knapp 400000 Staatenlose, etwa 17 Prozent der Bevölkerung. Es sind Bürger, die seit der Unabhängigkeit Lettlands von der Sowjetunion ihre Staatsbürgerschaft verloren haben. Davon betroffen sind vor allem Kinder ethnischer Russen, die nicht automatisch die lettische Staatsbürgerschaft erhalten, auch wenn sie dort geboren wurden. Selbst wenn die Eltern bereits eingebürgert sind, können sie die lettische Staatsbürgerschaft nicht automatisch an ihre Kinder vererben. Sie muss erworben werden. An den Erwerb sind Prüfungen der Sprach- und weiterer Kenntnisse über das Land geknüpft. Weil die Sprachtests als zu schwer empfunden werden, teils aber auch aus Desinteresse oder prinzipiellem Widerwillen, bleiben viele lieber ohne Staatsbürgerschaft. Die Staatenlosen erhalten einen „grauen Pass“, mit dem sie sich inzwischen wie alle anderen EU-Bürger auch innerhalb der Europäischen Union bewegen dürfen. Ein Ärgernis bleibt allerdings: In der englischen Übersetzung werden sie als „alien“ (Fremder) bezeichnet.

Das Problem beschäftigt in Lettland vor allem russischsprachige Gemeinden, deren Situation sich verschlechtert hat. Dass eine positive Lösung nach italienischem Vorbild möglich ist, glaubt Konstantin Matwejew, Dozent an der juristischen Fakultät an der Baltischen Internationalen Akademie. Die Autonomen Provinzen Trient-Trentino und Bozen-Südtirol sind die einzigen italienischen Provinzen, die mit Gesetzgebungsfunktionen ausgestattet sind und ihre Verwaltung und Finanzierung selbst gestalten. Die deutsche Sprache gilt in dieser Region gleichberechtigt neben der italienischen, Deutsch darf in allen staatlichen Einrichtungen verwendet werden. Ruhe und Zufriedenheit waren die Folge dieser Politik.       M. Rosenthal-Kappi


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