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12.03.11 / Im Paradies der Malerei / Die Alte Pinakothek in München wird 175 Jahre alt – Große Sonderausstellungen geplant

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-11 vom 12. März 2011

Im Paradies der Malerei
Die Alte Pinakothek in München wird 175 Jahre alt – Große Sonderausstellungen geplant

Besser als in der Alten Pinakothek von München kann es der Kunstfreund kaum haben. Auf Schritt und Tritt begegnet er Meisterwerken der Malerei des 13. bis 18. Jahrhunderts. Es herrschen geradezu paradiesische Zustände: Die Gemälde von Dürer, Leonardo da Vinci, Rubens und vielen anderen alten Meistern vermitteln allerhöchste Kunstseligkeit.

Die auf Geheiß des bayerischen Königs Ludwig I. für den Kunstgenuss von Jedermann erbaute und am 16. Oktober 1836 eröffnete Pinakothek in München beherbergt eine der bedeutendsten Gemäldesammlungen der Welt. Zusammengetragen wurde sie im Auftrag des Königs und seiner Vorfahren aus dem Hause Wittelsbach. Nach dem Erlöschen verschiedener Familienzweige wurden deren bis dahin in den Residenzstädten Düsseldorf, Mannheim und Zweibrücken beheimateten Gemäldekollektionen um 1800 mit den kurbayerischen Beständen zu einer gewaltigen Sammlung vereint. Sie umfasst mehrere 1000 Gemälde, von denen rund 700 in der Alten Pinakothek ausgestellt sind.

Prachtstück der kleinen, aber feinen Abteilung altniederländischer Malerei ist Rogier van der Weydens „Columba-Altar“ (um 1455), der durch Detailrealismus in leuchtenden Farben besticht. Umfangreich wie nirgendwo sonst in Deutschland ist die Malerei von Peter Paul Rubens um sein sechs Meter hohes „Großes Jüngstes Gericht“ (1617) aufgereiht. Der Meister stellt sich mit seiner jungen Braut im grandiosen Ölbild „Rubens und Isabella Brant in der Geißblattlaube“ (1609) vor. Und in seinem Gemälde „Raub der Töchter des Leukippos“ (um 1617/18) paaren sich Dramatik und üppige Erotik. Auf Glanzstücke von Rembrandt folgen schließlich Meisterwerke der französischen und spanischen Malerei.

Im Jubiläumsjahr wartet die Alte Pinakothek mit Sonderausstellungen auf, deren Ausgangspunkt Prachtstücke der Galerie, die Geschichte der Sammlung oder ihrer Herberge sind. Das von Leo von Klenze entworfene Bauwerk ist eines der ersten in Deutschland, das als Museum konzipiert wurde. Im Zweiten Weltkrieg erlitt es schwere Bombenschäden. Der Wiederaufbau nach den Plänen von Hans Döllgast hat diese an der Fassade ablesbar belassen. Ab Juli werden historische Fotografien der Architektur gezeigt. Sie dokumentieren die einst mit Gold und Stuckreliefs geschmückten Decken der Säle und den Freskenzyklus, den Peter von Cornelius entwarf.

Das Museum beherbergt Hauptwerke der altdeutschen Malerei wie Stefan Lochners „Anbetung des Kindes durch Maria“ (1445) oder Albrecht Altdorfers „Alexanderschlacht“ (1529). Faszinierend ist Albrecht Dürer mit seinem „Selbstbildnis im Pelzrock“ (1500) und den beiden Tafeln der lebensgroß dargestellten „Vier Apostel“ (1526) vertreten.

Ab Juli werden unter dem Titel „Drunter und Drüber“ sechs prominente Werke der altdeutschen Malerei Seite an Seite mit Infrarotaufnahmen von ihnen präsentiert. So wird nach Jahrhunderten ans Licht gebracht, was der Künstler auf den Bildträger zeichnete, bevor er zu malen begann. Im März startet die Schau „König Max I. Joseph von Bayern (1756–1825) als Sammler alter Meister“. Der erste König von Bayern legte eine Privatsammlung von höchster Qualität an. Sein Hauptinteresse galt der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, insbesondere den Landschaften und Genreszenen. Seine Kollektion wurde 1826 versteigert. Einige Werke wurden für die bayerischen Staatssammlungen erworben, andere kamen über Umwege in die Alte Pinakothek. Größter Verlust ist Jan Vermeers „Frau mit Waage“ (1662–1664). Für drei Monate wird die offenbar schwangere junge Frau, die gedankenverloren eine kleine Balkenwaage in der Rechten hält, aus Washington nach München zurückkehren.

Eine der glanzvollsten Mu-seumsabteilungen ist die der italienischen Malkunst des 14. bis 16. Jahrhunderts. Die liebliche „Maria mit dem Kinde“ (um 1473) ist ein Frühwerk Leonardo da Vincis. Auf Sandro Botticellis „Beweinung Christi“ (um 1490) ist Maria von Trauer überwältigt in Ohnmacht gefallen. Eines der berühmtesten Gemälde der Sammlung ist Tizians packendes Spätwerk der „Dornenkrönung Christi“ (um 1570). Ebenso berühmt ist eine traute Szene im Freien: Raffaels „Heilige Familie aus dem Hause Canigiani“ (um 1505/06).

„Perugino – Raffaels Meister“ heißt der ab Oktober laufende Höhepunkt des Ausstellungsprogramms. Die Alte Pinakothek besitzt ein Hauptwerk Pietro Peruginos (wohl kurz nach 1450 bis 1523): „Die Marienvision des hl. Bernhard“ (um 1490/94). Andreas Schumacher, Kurator der ersten Perugiono-Schau außerhalb Italiens, berichtet: Das „Gemälde markiert als eine der frühen klassischen Altarbildinventionen des Meisters den Beginn seiner erfolgreichsten Schaffensperiode.“ Diese, geprägt von feierlich ernsten, von tiefer Empfindung beseelten Gestalten, steht im Mittelpunkt der Ausstellung. Die 30 kostbaren Leihgaben veranschaulichen in Malerei und Zeichnung Peruginos Schaffensspektrum: Religiöse Motive wie die „Madonna del Sacco“, das „Porträt des Franceso delle Opere“ und andere Bildnisse sowie mythologische Darstellungen.              

            Veit-Mario Thiede

Die Bayerische Staatsgemäldesammlungen: Alte Pinakothek, Barer Straße 27, München, ist dienstags von 10 bis 20 Uhr, mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Sonderausstellungen 2011: „Vermeer in München: König Max I. Joseph als Sammler Alter Meister“, 17. März bis 19. Juni; „Schätze aus dem Depot, 17. März bis 15. Januar 2012; „Drunter und Drüber – Altdorfer, Cranach und Dürer auf der Spur“, 7. Juli bis 18. September; „Die Alte Pinakothek in historischen Fotografien“, 28. Juli bis 18. September; „Perugino – Raffaels Meister“, 13. Oktober bis 15. Januar 2012.


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