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12.03.11 / Schreiben gegen das Vergessen / Der Schriftsteller Siegfried Lenz begeht seinen 85. Geburtstag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-11 vom 12. März 2011

Schreiben gegen das Vergessen
Der Schriftsteller Siegfried Lenz begeht seinen 85. Geburtstag

Man wird den Erkenntniswert von Herders Gedanken begreifen, wenn man sieht, wie sie sich in der modernen Literaturkritik und Sprachtheorie, vielleicht mehr oder weniger umgebildet, behaupten. Sie fordern in ihrer Konsequenz, mit nicht geringerer Leuchtkraft als einst, immer von neuem, sich auf die entschlossene Suche nach dem Ursprung zu begeben, die verschütteten Schächte der Poesie gleichsam frei zu legen ...“, schrieb Siegfried Lenz 1953 in „Die Hand an der Wurzel – Gedanken eines jungen ostpreußischen Schriftstellers zu einigen Sätzen von Herder“ in Das Ostpreußenblatt. Bereits zwei Jahre zuvor hatte der Feuilletonredakteur der Wochenzeitung, Erwin Scharfenorth, „die zuchtvolle, klangreine Sprache“ des jungen Schriftstellers gelobt. 1966 wurde der Lycker mit dem Ostpreußischen Kulturpreis ausgezeichnet, 35 Jahre später mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Hansestadt Hamburg. Zwischen diesen Ereignissen liegen eine Fülle von Romanen, Erzählungen, Hörspielen, Schauspielen und Essays, die der Feder des Ostpreußen entflossen, mehr als 8500 Buchseiten mit einer Auflage von weltweit über 20 Millionen. Seine Bücher wurden in 22 Sprachen übersetzt. Die Werkausgabe, bei Hoffmann und Campe in Hamburg erschienen, umfasst 20 Einzelbände.

Der erste Roman „Es waren Habichte in der Luft“ erschien bereits 1951 und war ein solcher Erfolg, dass Siegfried Lenz mit seiner Frau Lieselotte (sie starb nur wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag) auf einem Bananendampfer nach Marokko reisen konnte. Thomas Mann, der in der Jury für den René-Schickele-Preis saß und über den Roman zu befinden hatte, notierte in seinem Tagebuch: „Nicht schlecht.“

Es folgten so bekannte Titel wie „So zärtlich war Suleyken“, „Der Mann im Strom“, „Das Feuerschiff“ – beide übrigens wundervoll mit Jan Fedder in den Hauptrollen für das Fernsehen verfilmt –, „Deutschstunde“, „Heimatmuseum“, „Der Verlust“, „Die Klangprobe“, „Arnes Nachlaß“, „Schweigeminute“. Zurzeit arbeitet Lenz an einem neuen Buch, das Hofmann und Campe im Herbst herausbringen will. Auch hier hat ihm seine neue Frau Ulla Mut gemacht. Ihr verdankt Lenz es auch, dass er nach dem Tod seiner ersten Frau die Arbeit an seiner Novelle „Schweigeminute“ vollenden konnte, die einige Wochen in der Bestsellerliste stand.

Lange Zeit waren seine ostpreußischen Landsleute allerdings nicht gut auf ihren immer berühmter werdenden Sohn zu sprechen, hatte er doch 1970 den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt mit nach Warschau begleitet und schon sehr früh vom Verzicht der Ostgebiete gesprochen. Viele werden ihm noch immer zürnen, die meisten aber zeigen sich versöhnt mit dem damaligen Querdenker, haben sich doch seine Vorstellungen von einer Partnerschaft zwischen deutschen und jetzt polnischen Städten längst auch in der landsmannschaftlichen Arbeit als Basis für ein Miteinander bewährt. Sie sehen in Lenz den Landsmann, der es „zu was gebracht“ hat und auf seine Weise von den Besonderheiten Ostpreußens kündet. Sie sehen in ihm den Schriftsteller, der mahnend das Wort gegen Totalitarismus und für mehr Humanität und Völkerverständigung erhebt. Literatur ist für Lenz „Speicher und Fundus unserer Welterfahrung. Aufbewahren, was du gesehen, erlebt, durchstanden hast: Ich habe es immer als eine Aufgabe des Schriftstellers betrachtet … Erinnern, wenn Vergessen groß geschrieben wird: Damit möchte ich die Literatur betrauen.“

Am 17. März nun begeht Siegfried Lenz seinen 85. Geburtstag. Silke Osman


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