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12.03.11 / In Kürze

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-11 vom 12. März 2011

In Kürze

Laboratorium für die Hausfrau

Eine Küche im Museum? Kaum zu glauben. Es müsste schon eine ganz besondere Küche sein, die Aufnahme findet in die „heiligen Hallen“ der Kunst und Kultur. Seit einiger Zeit nun ist eine Küche in der Schausammlung des Berliner Werkbundarchivs – Museum der Dinge zu bestaunen, und sie ist wahrlich etwas Besonderes. Die sogenannte „Frankfurter Küche“ zählt zu den berühmtesten Inneneinrichtungen des Neuen Bauens in den 1920er Jahren und gilt als Urmodell der heutigen Einbauküchen. Es war Margarete Schütte-Lihotzky (1897–2000), Architektin aus Wien, die 1926 diese Küche im Rahmen des Siedlungsbauprojekts „Das Neue Frankfurt“ entwickelte. Als erste Frau in Österreich hatte sie 1919 ihr Architekturstudium an der Wiener Kunstgewerbeschule abgeschlossen. Sie entwarf Kindergärten und spezielle Wohnungstypen für berufstätige Frauen. 1926 berief sie der Architekt Ernst May an das städtische Hochbauamt in Frankfurt am Main. Dort herrschte, wie in allen großen Städten Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg, eine große Wohnungsnot. Es galt, mit einem Minimum an Geld ein Maximum an Wohnungen zu errichten.

Auf die Küche, das Reich der Hausfrau, legte man besonderes Augenmerk; eine breite Öffnung mit Schiebetür verband diesen 1,90 Meter breiten und 3,44 Meter langen Raum mit dem Wohn- und Essbereich. „Die Küche“, so erläuterte Margarete Schütte-Lihotzky ihren Entwurf, „ist eigentlich eine kleine Fabrik. Deshalb habe ich jeden Schritt nachgerechnet, den die Hausfrau machen muss, mich daneben gestellt mit der Stoppuhr und jeden Handgriff gemessen. Alles ist genau durchdacht. Die Küche ist fast wie ein Laboratorium. Und aussehen muss sie wie eine Apotheke, wo jedes Fläschchen und jede Kleinigkeit sein bestimmtes Fach oder ihren ganz bestimmten Platz haben, mit genauer Aufschrift ... Aber alles ist am Ende Architektur ...“

Die in Berlin gezeigte Küche stammt aus der Frankfurter Römerstadt-Siedlung, die 1927/28 entstanden ist. Sie ist nicht restauriert worden und trägt noch Gebrauchsspuren. Anders als in der ursprünglichen „Frankfurter Küche“ gibt es keine Schiebetür und Kochkiste. Ergänzend zum Ausstellungsstück wird eine Audio-Video-Installation gezeigt, die Äußerungen von Margarete Schütte-Lihotzky aus einem Interview enthält sowie Positionen zweier Erforscher der „Frankfurter Küche“, Joachim Krausse und Astrid Debus-Steinberg, deutlich macht.    os

Das Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Oranienstraße 25, Berlin, ist freitags bis montags von 12 bis 19 Uhr geöffnet.


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