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19.03.11 / Der Privatisierungsflop / Im Ausland hat man überwiegend negative Erfahrungen gemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-11 vom 19. März 2011

Der Privatisierungsflop
Im Ausland hat man überwiegend negative Erfahrungen gemacht

Das Ausland hat unterschiedliche Erfahrungen mit der Bahnprivatisierung gemacht, die von Katastrophen wie in Großbritannien bis zu befriedigenden Ergebnissen in Japan reichen.

Während in Deutschland unverdrossen an den Privatisierungsplänen festgehalten wird, hat Neuseeland alles wieder rückgängig gemacht. Im Jahre 1993 wurde die gesamte Bahn auf einen Schlag für 328 Millionen neuseeländische Dollar (175 Millionen Euro) an ein US-Unternehmen verkauft. Doch kaum, dass die privaten Investoren das Sagen über das Schienennetz sowie den Personen- und Frachtverkehr hatten, gingen ihre Sanierer zu Werke. Teilbereiche wurden verkauft, Strecken stillgelegt und Investitionen zurückgefahren. Die Bahn schrieb schwarze Zahlen und der bald folgende Börsengang brachte den Aktionären hohe Dividenden. Dafür verkamen das Schienennetz und der Fahrzeugbestand, Verspätungen wurden zur Regel. Es dauerte Jahre, bis die Regierung gegensteuerte und 2003 das Schiennetz verstaatlichte und das Unternehmen Toll Holding als Investor gewinnen konnte. Doch statt zu investieren, führte die Toll Holding mit der Regierung einen erbitterten Streit über die Höhe der Nutzungsentgelte für das Schienennetz. 2008 war für die Regierung das Maß voll und die Bahn wurde für 655 Millionen Dollar (346 Millionen Euro) zurückgekauft. Die privaten Investoren rieben sich angesichts dieses satten Gewinns auf Kosten der Steuerzahler die Hände. Heute räumt die Regierung ein, die Privatisierung sei eine „folgenschwere Fehlentscheidung“ und eine „schmerzliche Lektion für das Land“ gewesen.

Auch in Großbritannien ist die Bahnprivatisierung gescheitert. 1997 wurde die marode staatseigene British Rail zerschlagen und der Schienenverkehr in private Hand gegeben. Das Streckennetz und die Infrastruktur übernahm Railtrack, den Betrieb teilen sich 25 Gesellschaften. Railtrack ging an die Börse und machte in den ersten Jahren Milliardengewinne – und ließ dafür die Bahninfrastruktur verkommen. Die privatisierte Bahn kam durch Verspätungen, Streiks und schwerste Zugunfälle ins Gerede. Railtrack ging 2002 in Konkurs, wurde verstaatlicht und als Network Rail neu aufgestellt. Für deren Milliardenschulden und die Entschädigung der Aktionäre musste der Steuerzahler ebenso aufkommen wie für die milliardenteure Sanierung der heruntergewirtschafteten Anlagen.

Einzig Japan hat Erfolge bei der Bahnprivatisierung vorzuweisen. Nachdem ihr Schiennetz und der Fahrzeugpark zuvor modernisiert worden waren, wurde die unrentable staatliche Bahngesellschaft 1987 komplett privatisiert und an die Börse gebracht. Zwar gab es auch in Japan in der Folge viele Streckenstilllegungen, dafür wurde aber kräftig in die Modernisierung und den Ausbau der Infrastruktur investiert. Die sechs Nachfolgeunternehmen der Staatsbahn sind hoch profitabel. Allerdings muss der Staat auch hier zahlen: Für den Bau neuer Strecken und den Ausbau des kaum Gewinn abwerfenden Regionalverkehrs. Dafür fährt man in Japan aber pünktlich und komfortabel.     Jan Heitmann


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