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19.03.11 / Ohne Antrag läuft nichts / Bildungspaket: Kinder aus armen, aber bildungsnahen Familie sind Gewinner, doch sie sind in der Minderheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-11 vom 19. März 2011

Ohne Antrag läuft nichts
Bildungspaket: Kinder aus armen, aber bildungsnahen Familie sind Gewinner, doch sie sind in der Minderheit

Die Politiker sind froh, das Thema Sozialhilfe vom Schreibtisch zu haben. Doch bei Kommunen und Jobcentern herrscht Ratlosigkeit, wie sie das Bildungspaket umsetzen sollen. Das Paket könnte indes den Bund deutlich billiger kommen als geplant, weil offenbar nur ein Bruchteil der Berechtigten Leistungen beantragt.

„Was Kindern jetzt zusteht“, verkündete die mitteldeutsche „Super-Illu“ vergangene Woche mit großen Lettern. Darunter präsentiert die Zeitung ihren – offenbar großteils auf Sozialhilfe angewiesenen – Lesern im Stil eines Ratgebers eine Liste von Leistungen, auf die viele Kinder nach dem neuen „Bildungspaket“ jetzt Anspruch haben. Das bezieht sich auf Kinder und Jugendliche bis 25 Jahre aus Haushalten, die Sozialhilfe und/oder Wohngeld empfangen.

Laut Bundesregierung sind das 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche, die Kosten veranschlagt der Bund auf 1,6 Milliarden Euro im Jahr. Diese Summe ist während der äußerst schwierigen Verhandlungen der Regierungskoalition mit der SPD kontinuierlich gestiegen. Die Schwerpunkte des Paketes sind Essenszuschuss, Freizeit-Gutscheine, Zuschüsse für Wandertags-Kosten, Nachhilfe-Kosten, Fahrkarten in die Schule sowie Schulbedarf.

Für weitere Fragen bietet die „Super-Illu“ ein Info-Telefon an. Es könnte sein, dass einige kommunale Sozialämter oder Jobcenter sich in ihrer Not auch dorthin wenden. Denn speziell die Regelungen aus dem Bildungspaket sind nur schwer durchschaubar. Die Umsetzung stockt an vielen Stellen, obwohl das Gesetz bereits in Kraft getreten ist.

Wie man hört, reiben sich einzelne Schulleiter offenbar die Hände und fragen sich, wie sie das Geld aus dem Bildungspaket, das sie über den Topf „Schulessen“ zusätzlich einnehmen, einsetzen können – der Ausbau von Ganztagsangeboten und Schul-kantinen steht an erster Stelle vieler Wunschlisten. Es darf aber nicht so kommen, dass genuine zusätzliche Bildungsangebote der Schulen ausgedünnt werden, weil die dafür bestimmten Gelder für die Schaffung von Schulkantinen ausgegeben werden. Das würde die Intention des Gesetzgebers konterkarieren. Wie solchem behördlichen Prestige-Denken aber vorgebaut werden soll – dazu schweigt das Gesetz.

Zunächst der Essenszuschuss: Auf Antrag der Eltern bekommen Kindergarten-, Hort – und Schulkinder ein warmes Mittagessen, die Eltern müssen einen Euro pro Tag zuzahlen. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Einrichtung überhaupt Kantinen mit warmem Essen anbietet. Solche Angebote sollen natürlich ebenfalls aus dem Topf gefördert werden. Und die Eltern müssen zumindest insoweit selbst initiativ werden, dass sie ihr Kind schriftlich beim Jobcenter zum Essen anmelden.

Auch die Mitgliedschaft im Sportverein für Kinder soll künftig nicht mehr an den Kosten scheitern: Bis zu zehn Euro monatlich übernimmt die Kommune, das Geld kommt ebenfalls aus dem Bildungspaket. Auf die Initiative der Eltern kommt es auch an, wenn das Kind an einem kostenpflichtigen Schulausflug oder Wandertag teilnehmen will. Den Ausflug und die Kosten dafür müssen die Eltern beim Jobcenter anmelden, die Anspruchsberechtigten erhalten dann einen Gutschein oder eine Kostenerstattung. Schon bisher konnten Kosten für mehrtägige Fahrten erstattet werden, daran hat sich nichts geändert.

Wenn die Schule einem Kind bescheinigt, dass Förderbedarf vorliegt und sie selbst keine Förderangebote macht, wird künftig auch Nachhilfe bezahlt – ebenfalls auf Antrag. Ebenso verhält es sich mit den Fahrkarten für Bus, S- oder U-Bahn zur Schule. Die gibt es nur, wenn die Fahrten notwendig sind und wenn die Eltern das beantragen. Gegen Vorlage einer Schulbescheinigung erhalten Schulkinder wie bisher 100 Euro pro Schuljahr für Schulmaterial – 70 Euro zu Beginn des Schuljahres, 30 Euro in der zweiten Hälfte.

Doch schon an der erwarteten minimalen Eigeninitiative der Eltern scheitert es häufig: Wie die „Augsburger Allgemeine“ aus Mindelheim im Landkreis Unterallgäu berichtet, haben erst sieben (!) Elternpaare überhaupt Leistungen aus dem Bildungspaket beantragt – geschätzte 1200 Personen hätten Anspruch. Wenn diese Tendenz so bleibt, könnte das Bildungspaket den Bund einerseits deutlich billiger kommen als veranschlagt. Andererseits muss sich der Gesetzgeber, vor allem Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), schon fragen lassen, ob das Paket richtig gestrickt ist, wenn die Betroffenen offensichtlich kaum Wert darauf legen.

Man muss dabei bedenken, dass ein großer Anteil der betroffenen Kinder und Jugendlichen aus dem islamisch-türkisch-arabischen Kulturraum stammt. Diese Familien gelten bei Sozialforschern als bildungsfern und aufstiegsresistent. Mit anderen Worten: Die türkisch-arabischen Familien lehnen sich lieber zurück und warten auf ihre nunmehr ebenfalls erhöhten Hartz-IV-Regelleistungen und Zusatzzahlungen. Die „Bildung“ ihrer Kinder aber hat für sie kaum Wert, darum engagieren sie sich nicht dafür – und sei es nur durch das Stellen von Anträgen. Kritiker monieren, es sei von vornherein illusorisch gewesen, anzunehmen, dass die Eltern dieser Kinder durch zusätzliche Angebote aus ihrer Passivität gelockt werden können.

Vielen konservativen Kritikern passt ohnehin die ganze Richtung nicht. Ihnen besteht die deutsche Sozialpolitik zu viel aus Fördern und zu wenig aus Fordern. Die immer wiederkehrende sozialistische These, höhere Sozialhilfe vermindere Armut, sei nämlich genau falsch. Umgekehrt werde ein Schuh draus: Je komfortabler die soziale Hängematte ausgestattet ist, desto besser kann man sich dauerhaft darin einrichten und desto weniger Druck gibt es, Arbeit aufzunehmen. Man kann ja keineswegs davon ausgehen, dass alle Sozialhilfeempfänger unverschuldet arbeitslos geworden sind. Gerade in der jetzigen Aufschwungphase wird jede taugliche Arbeitskraft gebraucht. Anton Heinrich


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