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19.03.11 / Erneuter Sündenfall / Merkel gibt weitere deutsche Interessen zugunsten der Euro-Rettung preis – Unruhe im Bundestag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-11 vom 19. März 2011

Erneuter Sündenfall
Merkel gibt weitere deutsche Interessen zugunsten der Euro-Rettung preis – Unruhe im Bundestag

Aus dem guten Vorsatz, bei der Euro-Rettung endlich harte, messbare Kriterien durchzusetzen, ist ein Interpretationen jeder Art zulassender „Pakt für den Euro“ geworden.

Manchmal lenken selbst die schlimmsten Katastrophen nicht vom eigenen Scheitern ab, sondern eröffnen sogar noch eine neue Front. Diese Erfahrung muss­te die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenem Wochenende machen, an dem nicht nur die Presse die Ergebnisse des Gipfels zur Euro-Rettung vom Freitag hinterfragte, sondern das Erdbeben in Japan samt Folgen der Anti-Atomlobby wieder Zündstoff lieferte.

Dabei hatte Merkel doch mit dem „Pakt für den Euro“ endlich Vorgaben machen wollen. Zu oft war die Deutsche von ihren europäischen Partner anlässlich der Euro-Krise überfahren und zu für Deutschland kostenträchtigen Zusagen genötigt worden, so dass sie jetzt endlich den Kurs vorgeben wollte. Verbal tat sie auch nach dem Gipfel so, als ob ihr das gelungen sei, doch ihre Argumente waren so schwach, dass fast alle Medien über Merkels erneutes Nachgeben schrieben.

So lästerte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, dass Merkels „Pakt für den Euro“ seit seiner Ankündigung vor fünf Wochen nach starkem Protest seitens der Euro-Partner inzwischen so aufgeweicht worden sei, dass alle Regierungschefs mit gutem Gewissen hätten zustimmen können, da die Formulierungen jede Menge Raum für Interpretationen ließen.

Doch genau dies könnte dazu führen, dass der Deutsche Bundestag Merkel die Zusage verweigert. Zwar wurde noch nicht bekannt, wie weit sich mit der Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes die Haftungssumme für Deutschland erhöht hat – Merkel selbst sprach nicht von einer Ausweitung, sondern von einer „Ertüchtigung“ –, es wird aber davon ausgegangen, dass es um die 200 Milliarden Euro sein werden, für die Deutschland nun einstehen muss. Dies ist angesichts des Umstandes, dass Wirtschaftswissenschaftler wie Repräsentanten aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen gleichermaßen davon ausgehen, dass zumindest Griechenland und Irland um eine Insolvenz nicht mehr herumkommen, für die Deutschen kata-strophal.

Und genau aus diesem Grund schlugen Merkel schon aus dem eigenen Regierungslager größte Unmutsbekundungen entgegen. „Das Ergebnis liegt nahe an der Grenze zur Transferunion, die wir ablehnen“, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bundestagsfraktion, Michael Meister. Ihn stört besonders folgender Satz Merkels: „Ob man die vom Staat platzierte Anleihe aufkauft oder man dem Staat einen Kredit gibt, damit er seine Anleihe sozusagen platzieren kann, ist in der Wirkung egal.“ Diese Aussage kennzeichnet neben der Ausweitung des Rettungsschirmes inklusive drastischer Erhöhung der deutschen Haftung eine weitere Niederlage für die Deutschen, denn bisher war Berlin immer strikt gegen den Aufkauf von frischen wie bereits am Markt gehandelten Anleihen angeschlagener Staaten. Noch-Bundesbankpräsident Axel Weber hatte die Europäische Zentralbank (EZB) stark kritisiert, weil sie genau diese Politik fuhr und fährt. Daher kam für die deutsche Seite absolut nicht in Frage, dass der Euro-Rettungsschirm genau diesen geldpolitischen Sündenfall nachmacht. Doch aus irgendeinem Grund hat Merkel sich bereit erklärt, auch von dieser Überzeugung abzulassen, so dass jetzt sogar schon die EZB überlegt, ob sie die von ihr aufgekauften Staatsanleihen an den Euro-Rettungsschirm verkauft (siehe Artikel unten).

Doch Michael Meister meint, dass die Unionsfraktion trotzdem der Bundeskanzlerin bei der Abstimmung im Bundestag nicht die Zustimmung verweigern werde, auch wenn der nun zu erwartende Aufkauf von Staatsanleihen durch den Rettungsschirm an die Schmerzgrenze gehe.

Der Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT), Josef Schlarmann, tönt zwar, die Entwicklung zur Transferunion sei der Sargnagel der europäischen Idee, aber er hat keine Stimme im Bundestag und wie die Vergangenheit gezeigt hat, wenig maßgebliche Unterstützter in der Union. Trotzdem ist ungewiss, ob sich die CDU/CSU von Merkel weiterhin ein so großes Finanzrisiko wie die ausufernde Euro-Rettung in die Budgetplanungen der Zukunft einbringen lässt, zumal Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bereits der Kanzlerin vorwarf, mit ihrer Europapolitik die grundgesetzlichen Rechte des Parlaments zu missachten. Und auch in der FDP knirscht es gewaltig. „Das Ergebnis des Gipfels widerspricht der Beschlusslage der FDP-Fraktion. Wir wollten weder eine qualitative noch quantitative Ausweitung des Rettungsschirms“, so der FDP-Bundestagsabgeordnete und Finanzpolitiker Frank Schäffler.

Doch genauso wenig wie Union und FDP von den von Merkel mitgebrachten Gipfelergebnissen halten, genauso wenig hielten Merkels europäische Partner von ihren Vorschlägen, dass sie auf ihre an die Inflation angepassten Lohnerhöhungen verzichten, eine Schuldenbremse einführen, ihre Körperschaftssteuern erhöhen oder die Renteneinstiegsalter EU-weit anpassen sollten. Und da vor allem der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou wissen, wie ihre Landsleute auf derartige Vorschläge reagieren würden – Athen und Paris haben 2010 so manche von Gewalt geprägte  Demonstration ertragen müssen –, waren sie nicht bereit, irgendwelche konkreten Zusagen zu geben.

Merkel hatte da weniger Hemmungen, denn neben der Tatsache, dass der deutsche Michel schon immer lieber still litt, übertüncht die gut laufende deutsche Konjunktur derzeit die Risiken, die die Kanzlerin dem deutschen Steuerzahler zumutet.             R. Bellano


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