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19.03.11 / Werke von Friedrich bis Menzel und Schadow / Vor 150 Jahren wurde in Berlin die Nationalgalerie gegründet – Bewegte Geschichte der Sammlung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-11 vom 19. März 2011

Werke von Friedrich bis Menzel und Schadow
Vor 150 Jahren wurde in Berlin die Nationalgalerie gegründet – Bewegte Geschichte der Sammlung

Es ist die Zeit der Jubiläen. Große Museen feiern in diesem Jahr ihre Geburtstage. Das Wallraff-Richartz-Museum in Köln machte den Anfang, es folgte die Alte Pinakothek in München. Jetzt begeht die Alte Nationalgalerie in Berlin ihr Gründungsjubiläum.

Es war eine ganz besondere Ehre, die Wilhelm I. an seinem Geburtstag, dem 22. März 1861, zuteil wurde: In Berlin eröffnete im Gebäude der Akademie der Künste Unter den Linden die Alte Nationalgalerie. Anlass hierzu war das Legat, das der Bankier Joachim Heinrich Wagener dem König unter der Maßgabe schenkte, seine über 40 Jahre in zusammengetragene Sammlung an Gemälden als Grundstock für eine künftige Nationalgalerie zu nutzen. Auftakt zu dessen Sammleraktivität, die sich in den folgenden Jahrzehnten vor allem auf Architektur- und Historiendarstellungen sowie Landschaften erstreckte, bildete die „Gotische Kirche auf einem Felsen am Meer“ von Karl Friedrich Schinkel, die der Bankier im Entstehungsjahr 1815 erwarb. Insgesamt 262 Bilder umfasste seinerzeit die testamentarische Überlassung von Joachim Heinrich Wagener an Wilhelm I.

1876 wurde die Nationalgalerie nach neun Jahren Bauzeit in einem eigenen Gebäude auf der Museumsinsel mit der Inschrift „Der Deutschen Kunst“ eingeweiht. Das von Friedrich August Stüler geplante und von Johann Heinrich Strack vollendete Gebäude steht stilistisch zwischen dem ausgehenden Spätklassizismus und der beginnenden Neorenaissance.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Nationalgalerie teilweise schwer beschädigt. Noch immer ist nicht geklärt, welche Werke in dieser Zeit in die Sowjetunion gelangten und welche der Zerstörung anheimfielen. Nach Kriegs-ende wurde die Nationalgalerie instand gesetzt und 1949 in Teilen und 1955 vollständig wiedereröffnet.

Infolge der Teilung in Mittel- und Westdeutschland, mit der auch eine Teilung der Nationalgalerie einher ging, verblieben bedeutende Werke in Westberlin. Anfangs in der Orangerie im Schloss Charlottenburg, dann ab 1968 in der Neuen Nationalgalerie am Kulturforum Potsdamer Platz und ab 1986 in der Galerie der Romantik in Charlottenburg ausgestellt, kehrten sie mit der Zusammenführung der Bestände zu Beginn der 1990er Jahre an ihren angestammten Platz auf der Museumsinsel zurück. Die Alte Nationalgalerie zeigt die wichtigsten Werke der Sammlung der Nationalgalerie Berlin aus dem 19. Jahrhundert. Hierzu gehören Werke aus Klassizismus und Romantik, Biedermeier, französischem Impressionismus und beginnender Moderne. Zu den wichtigsten Werken gehören unter anderem „Der Mönch am Meer“ von Caspar David Fried-rich, „Eisenwalzwerk“ von Adolph Menzel und die sogenannte „Prinzessinnengruppe“ von Johann Gottfried Schadow. „Der Mönch am Meer“ entstand zwischen 1808 und 1810 in Dresden und wurde gemeinsam mit dem Bild „Abtei im Eichwald“ 1810 auf der Berliner Akademieausstellung gezeigt. Nach der Ausstellung wurden beide Bilder von König Friedrich Wilhelm III. für dessen Sammlung gekauft.

Zu Menzels packendsten und bedeutendsten Werken gehört das 1872 bis 1875 entstandene Gemälde „Eisenwalzwerk“, das einst unter dem Titel „Moderne Cyklopen“ bekannt wurde und so auf die griechische Mythologie und die dadurch inspirierte barocke Darstellung der Schmiede des Vulkan anspielte. Heute gilt das Werk als erstes wirklich bedeutendes modernes Industriebild. Seinerzeit wurde es als „Symbol für die gründerzeitliche Explosion der Industrie“ gewertet und als „Ausdruck für Deutschlands neue wirtschaftliche Potenz“. Menzel selbst wollte sich nicht festlegen; er sagte: „Diese Cyklopenwelt der modernen Technik ist überreich an Motiven. Ich meine nicht bloß das biss-chen Rauch.“ Für sein Gemälde „Eisenwalzwerk“, das von der Königlichen Nationalgalerie in Berlin erworben wurde, war der akribische Beobachter Menzel eigens ins oberschlesische Königshütte gefahren und hatte im dortigen Schienenwalzwerk seine Studien betrieben.

Sein sehr persönliches und facettenreiches Bild dieses zum größten und modernsten Hüttenwerk Preußens gehörenden Industriebetriebs zeigt die Anlagen, Räume und Maschinen, vor allem aber auch die Arbeiter, einzeln oder in Gruppen. Doch auch nach seiner Rückkehr nach Berlin fertigte Menzel noch weitere Studien an, so in der Königlichen Eisengießerei, wo er auch seine Modelle fand.

Am Rande des Bildes ist eine Menschengruppe zu erkennen, die trotz des Trubels um sie herum eine Ruhepause einlegt. Einer der Arbeiter hält zwischen seinen Knien einen Bunzlauer Topf. Es sind die Arbeiter, die im Mittelpunkt von Menzels Interesse stehen. „Welch hohes Maß an Einfühlung und auch Bewunderung der Künstler ihnen entgegenbrachte, zeigt sich daran, dass er neben der Härte ihrer Arbeit auch ihre Bedeutung und Würde hervorhob. Den hier im Bilde zwischen Mensch und Maschine ausgetragenen Kampf entschied Menzel eindeutig zugunsten des Menschen“, schrieb Sigrid Achenbach vom Berliner Kupferstichkabinett.

An vielfältigen Skizzen lässt sich eindringlich der Gestaltungsprozess des Gemäldes nachvollziehen. Und so ist denn auch der Betrachter des „Eisenwalzwerks“ fasziniert von dem Geschehen in der düsteren Halle.

In dampferfüllter Dämmerung flackert hier und da ein Licht, das bizarre Schatten wirft. Man hört die Werkzeuge geradezu klingen, meint die Gluthitze zu spüren, die von dem flüssigen Eisen ausgeht. „Die figurenreiche Darstellung des Gemäldes ist mit der gestalterischen Kraft des erfahrenen Malers großer Gruppenszenen als kraftvolle Demonstration moderner Industriearbeit komponiert“ so die Kunsthistorikerin Karin Schrader.

Das anstehende Jubiläum wird mit der Ausstellung „Die Sammlung des Bankiers Wagener – Die Gründung der Nationalgalerie“ vom 23. März 2011 bis zum 8. Januar 2012 begangen. Etwa 140 Gemälde, welche die wichtigsten und repräsentativen Werke der damaligen Schenkung umfassten und Schwerpunktsetzungen dieser Sammlung auf dem Gebiet der zeitgenössischen Kunst in Deutschland und Europa erkennbar machen, werden dann in Berlin zu sehen sein. Corinna Weinert / Silke Osman

Die Alte Nationalgalerie, Bodestraße, Berlin, ist Dienstag, Mittwoch und Freitag sowie am Wochenende von 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 22 Uhr geöffnet.


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