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19.03.11 / Europäische Wurzeln stets gepflegt / Das Einwanderungsland Australien war bei der Aufnahme von Immigranten immer wählerisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-11 vom 19. März 2011

Europäische Wurzeln stets gepflegt
Das Einwanderungsland Australien war bei der Aufnahme von Immigranten immer wählerisch

Australien liegt nahezu am anderen Ende der Erde, doch mehrere große Themen prägen die Politik dort genauso wie in Europa. Obwohl in dem Land, das mehr als 21 Mal so groß wie die Bundesrepublik ist und nur 22 Millionen Einwohnern hat, zweifellos genug Raum vorhanden ist, weist es ähnliche Konflikte über Zuwanderung und Integration wie das dichtbesiedelte Europa auf. Zwei Reibungspunkte kommen hinzu: Die Sorge vor zu starker chinesischer Zuwanderung und ungelöste soziale Probleme der Ureinwohner, denen lange massives Unrecht angetan wurde. Zuwanderungsfragen sind zwar kein „heißes“ Thema der australischen Tagespolitik, und doch begleiten Integrationsfragen das Land im Grunde, seit es existiert.

Als sich im Jahre 1788 die ersten Europäer dauerhaft niederließen, lebten in Australien erst schätzungsweise 350000 bis 600000 Ureinwohner. Sie sprachen etwa 250 Sprachen, von denen viele inzwischen ausgestorben sind. Die absolute Zahl der Ureinwohner liegt heute bei etwas über 500000 – also ähnlich wie vor Ankunft der Weißen – nur stellen die Aborigines damit gerade mal noch 2,5 Prozent der Einwohner. Dass der Anteil unter Fürsorgeempfängern, Alkoholikern und Gefängnis-insassen um ein vielfaches höher ist (letzterer beträgt 20 Prozent!), ist sicher nicht allein den Ureinwohnern zuzuschreiben. Die Geschichte der Unterdrückung dieser Menschen hat enge Parallelen zur Behandlung der Indianer in Nordamerika und wird erst seit einigen wenigen Jahren ernsthaft aufgearbeitet. Zu dieser Wiedergutmachung gehören übrigens Landrückgaben in großem Stil, teilweise über 100 Jahre nach der Enteignung – eine Tatsache, die ost- und mitteldeutsche Enteignete hellhörig machen kann.

Die weitaus wichtigeren Konfliktfelder der australischen Integrationspolitik waren und sind indessen andere. Die Ureinwohner galten der europäisch-stämmigen (insbesondere britischen) Mehrheit weder in sozialer noch in wirtschaftlicher Hinsicht als Konkurrenten. Auch Sicherheitsrisiken befürchtete hier niemand, anders als seit einigen Jahren bei muslimischen Zuwanderergruppen. Dementsprechend richtete sich die in Europa wenig bekannte „White Australia Politik“, mit der das Land fast drei Generationen lang versuchte, seinen europäischen Charakter zu bewahren, in erster Linie gegen die von asiatischer Zuwanderung her befürchteten Probleme. Die Wurzeln dieser Politik, die bald nach 1900 begann und deren letzte Maßnahmen erst 1973 beendet wurden, liegen im 19. Jahrhundert. Als 1851 im südöstlichen Bundesstaat Victoria Gold entdeckt wurde, strömten Glücksritter aus aller Welt in den bis dahin erst extrem dünn besiedelten Erdteil. Allein in den nächsten 20 Jahren vervierfachte sich die Bevölkerung von 470000 auf 1,7 Millionen (jeweils ohne die Ureinwohner). Unter den Zuwanderern dieser Jahre befanden sich erstmals auch in größerer Zahl Nichteuropäer – vor allem Chinesen und ab den 1860er Jahren Melanesier, die als Plantagenarbeiter ins Land kamen. Obwohl die absoluten Zahlen nur im fünfstelligen Bereich lagen und damit vergleichsweise winzig waren, ließen die entstehenden Konflikte die Idee des „weißen“, nur für europäische Zuwanderer offenen Australiens entstehen und populär werden. Durch zwei Weichenstellungen 1901 und 1906 wurde diese im Grunde rassistische Linie Staatspolitik und blieb es bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als sie in mehreren Stufen gelockert und schließlich abgeschafft wurde. Zu den für politische Linke wenig verdaulichen Tatsachen gehört, dass diese Politik maßgeblich von Gewerkschaften und Arbeiterpartei schon ab etwa 1870 unermüdlich gefordert und schließlich durchgesetzt wurde – man befürchtete schlicht Lohndrückerei von genügsamen chinesischen und melanesischen Malochern.

Auch nach Ende der „White-Australia-Politik“ hat der fünfte Kontinent eine ganz andere Zuwanderungspolitik betrieben als Deutschland. Während hier seit Jahrzehnten gering qualifizierte Zuwanderer zu Millionen einwandern, gab sich das offensichtlich unterbesiedelte Australien bereits 1966 überaus wählerisch bei der Aufnahme von Immigranten. Möglichst hoch qualifiziert mussten sie sein und zwar mit Fähigkeiten, die ausdrücklich dem Lande zu nutzen hatten, außerdem absehbar integrationsfähig und natürlich nicht vorbestraft. Unter der strikten Bedingung des Nutzens für das Land bekennen sich alle relevanten politischen Kräfte zur Einwanderung, nur definieren sie diesen Nutzen unterschiedlich rigide. In den letzten Jahren nahmen die Zahlen wieder zu, obwohl die Bedingungen nicht groß gelockert wurden: Kamen 1992/93 nur 30000 Migranten aus Übersee ins Land, waren es 2006/07 immerhin fast 180000.

Völlig unvorstellbar wäre in Australien, dass ein großer Teil der Zuwanderer ungesteuert als vermeintliche oder tatsächliche Flüchtlinge ins Land käme. Dies zeigt eine Entscheidung von 1992, die trotz einiger Lockerungen bis heute gilt: Wer ohne Visum Australien erreicht, wird zunächst einmal inhaftiert – auch wenn alle Umstände für Verfolgung sprechen. Inzwischen versucht man, Kinder zu schonen, auch die Dauer der Festsetzung wurde in den meisten Fällen begrenzt. Doch im Kern gilt diese Politik weiter. Beschlossen von einer Gesellschaft, die zu 92 Prozent aus europäischen und zu sieben Prozent aus asiatischen Immigranten und deren Nachkommen besteht.     Konrad Badenheuer


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