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26.03.11 / AKW: Obama lässt weiter bauen / US-Präsident will Kernindustrie stärken – Vier neue Anlagen beschlossen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-11 vom 26. März 2011

AKW: Obama lässt weiter bauen
US-Präsident will Kernindustrie stärken – Vier neue Anlagen beschlossen

Es besteht keine Gefahr atomarer Strahlung für die Vereinigten Staaten“, betonte US-Präsident Barack Obama in einer öffentlichen Erklärung zur Beruhigung der durch die Nuklearkrise in Japan aufgeschreckten amerikanischen Bevölkerung. „Ich wiederhole: Keine Gefahr. Weder für Hawaii noch für die Westküste, Alaska oder sonstige Gebiete.“

Für letzten Freitag war das mögliche Eintreffen der von den Fuku-shima-Reaktoren entwichenen Strahlen in Kalifornien angekündigt, die allerdings auf der 5000-Meilen-Strecke über den Pazifik so geschwächt waren, dass, wie berichtet, ein Zahnarztbesuch mit Röntgen 50 Mal gefährlicher sei. Doch das hielt Massen besorgter Bürger – nachdem der von dem Tsunami aufgewühlte Ozean bereits auf Hawaii und in Nordkalifornien Schäden in Höhe von 60 Millionen US-Dollar angerichtet, ganze Häfen überschwemmt und Boote zertrümmert hatte – nicht ab, Geschäfte zu „stürmen“, um „Nuke“-Pillen zu kaufen, die bei akuter Strahlung die von Krebs bedrohte Schilddrüse schützen. Dies geschah ausdrücklich gegen den Rat der Gesundheitsbehörden und der Ärzte, die warnen, dass die Pillen und nicht die kaum wahrnehmbaren Strahlen starke Gesundheitsschäden wie Erbrechen, Herzattacken und Schwindel hervorrufen können und absolut nur für einen Ernstfall gedacht sind.

Die Krise hat jedoch auch in den USA die Debatte über die Gefahr von Kernreaktoren erneut entflammt. Die Amerikaner haben ihre eigenen dramatischen Erfahrungen mit dem Unfall am Kernkraftwerk „Three Mile Island“ bei Harrisburg, Pennsylvania, vom März 1979, nach Tschernobyl der schwerste Kernkraftvorfall überhaupt. Dort versagte, ähnlich wie jetzt in Fukushima, das Kühlungssystem und radioaktive Strahlung trat aus. 180000 Menschen wurden evakuiert. Ausgerechnet, nachdem zwölf Tage zuvor der bekannte Anti-Atom-Film „China-Syndrome“ angelaufen war, in dem Jane Fonda und Michael Douglas als Reporter eine drohende Kernreaktor-Katastrophe aufdecken und ein Sachverständiger bemerkt, dass „ein Durchbrennen des Reaktors ein Gebiet wie Pennsylvania für Jahre unbewohnbar“ machen würde. Der Reaktor wurde am Ende unter Kontrolle gebracht. Kosten: 2,5 Milliarden US-Dollar. Aber die Krise stoppte den Bau weiterer geplanter Kernkraftwerke, startete mit Groß-Demonstrationen eine internationale Protestbewegung und sorgte für eine Überholung der Sicherheitsmaßnahmen.

Doch wie sicher sind die hochsensiblen Anlagen wirklich? In den 104 US-Reaktoren gab es seit 1961 außer in „Three Mile“ elf leichtere Unfälle. Den letzten im Februar 2010 an der „Vermont Yankee Nuclear Power Plant“, wo radioaktives Tritium ins Grundwasser sickerte, was mit 700 Millionen Dollar behoben werden konnte. 2006 gab die Atom-Behörde in Washington Sicherheitsanweisungen für eine Nuklear-Katastrophe heraus. Aber gedacht war dabei an einen Terror-Akt. Japan hat nun wieder die Furcht auf jene Reaktoren konzentriert, die in der Nähe von Erdspalten gebaut sind wie San Diablo und San Onofre in Kalifornien. Beide können einem Erdbeben der Stärke 7 auf der Richterskala widerstehen. Für beide Werke, die 15 Prozent von Kaliforniens Elekrizität liefern, wurden aber soeben neue Sicherheitskontrollen und eine Überprüfung der Lizenzverlängerung gefordert, da diverse Pannen in den letzten Jahren Anlass zu Besorgnis gegeben hatten. Doch nicht selten werden neue Spalten entdeckt. Wie bei San Diablo, was in den 80er Jahren mit der „Abalon Alliance“-Protestbewegung zu der größten Massendemonstration in der Geschichte der US-Nuklear-Industrie geführt hatte. Heute gibt es an die sieben Anti-Atom-Gruppen in den USA. Darunter neben „Greenpeace“ die „No-Nukes-Group“ und die „Musicians United for Safe Energy“. Doch Proteste finden eher gegen atomare Kriegführung statt. Deshalb bedeutet die Katastrophe von Fukuschima einen empfindlichen Rückschlag für Präsident Obama, der sich zum Ziel gemacht hat,  Amerikas Abhängigkeit von ausländischem Öl (über 50 Prozent) stark zu reduzieren. Er setzt auf Wind- und Solar-Anlagen, natürliches Gas, saubere Kohle ... und vor allem auf Kernkraft. Vier neue Projekte waren vor kurzem beschlossen worden, doch nun wird erst einmal nur eines in Bau gehen. Obama ist jedoch nicht gewillt, sich von der Tragödie in Japan beirren zu lassen: „Wir sind dabei, von der japanischen Erfahrung zu lernen“, ließ er durch seinen Energieminister Steven Chu erklären. „Doch werden wir weiter daran arbeiten, Amerikas Kernindustrie zu stärken. Es ist heutzutage unverzichtbar, alle Arten der Energie-Gewinnung zu nutzen, auch die nukleare. Und letztlich birgt jede Form von Energie in sich  ein Risiko.“ Liselotte Millauer


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