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26.03.11 / Symbiose von Preußenerbe und Architektur / In Hamburg-Wandsbek wurden historische Militärbauten in einen neu entstandenen Wohnpark integrier

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-11 vom 26. März 2011

Symbiose von Preußenerbe und Architektur
In Hamburg-Wandsbek wurden historische Militärbauten in einen neu entstandenen Wohnpark integriert

In einer kleinen Grünanlage im Hamburger Stadtteil Wandsbek stehen weitgehend vergessen zwei Ehrenmale. Das eine erinnert an ein preußisches Reiterregiment, das andere ist dessen Gefallenen im Ersten Weltkrieg gewidmet. Auch der Straßenname „Am Husarendenkmal“ und die Benennung eines neuen Wohnquartiers als „Husarenhof“ deuten darauf hin, dass die preußische Kavallerie an diesem Ort einstmals eine wichtige Rolle gespielt haben muss.

Auch wenn die Zeit, in der Wandsbek Kavallerie-Garnison war, nur eine verhältnismäßig kurze Episode in der langen Geschichte der einstigen Fleckengemeinde darstellt, hat sie für deren Entwick­lung zur Stadt große Bedeutung gehabt. Ab 1773 Teil des dänischen Gesamtstaates, kam der holsteinische Ort 1864 zu Preußen. Im November 1866 wurde der Flecken mit dem Einzug des 2. Brandenburgischen Ulanen-Regiments Nr. 11 ständige preußische Garnison. Diese dauerhafte Belegung mit Militär brachte dem Ort große wirtschaftliche Vorteile und führte zu seinem stetigen Wachsen, so dass er 1870 die Stadtrechte erhielt. Nach dem siegreichen Feldzug gegen Frankreich wurde Wandsbek im Juni 1871 auf Wunsch seiner Stadtväter erneut mit Truppen belegt. Der feierliche Einzug des preußischen Husaren-Regiments Nr. 15 bedeutete einen Wendepunkt in der Stadtgeschichte. Um die etwa 800 Mann starke Truppe angemessen unterbringen zu können, ließ der Reichsfiskus am südlichen Stadtrand in den Jahren 1885 bis 1887 ein mehrgeschossiges Dienst- und Unterkunftsgebäude, Stallungen und Nebengebäude errichten, die als „Husarenkaserne“ bekannt wurden.

Im Laufe der Jahre wuchs der Reiterverband immer mehr in das Leben seiner Garnisonsstadt hinein. Viele Söhne Wandsbeks und der Umgebung dienten freiwillig bei den Wandsbeker Husaren. Die Kavalleristen, die wegen der Farbe ihrer schmucken Uniformen die „blauen Husaren“ genannt wurden, waren gern gesehene Gäste bei Tanzvergnügen, Reiterfesten sowie Sportveranstaltungen, und das Offizierkorps spielte eine bedeutende gesellschaftliche Rolle. Die Wirtschaft florierte, denn Handwerker, das Bau- und Wohnungsgewerbe, Lebensmittelbetriebe und Vergnügungsetablissements profitierten vom Militär. Im August 1898 „verlieh“ der Kaiser das Regiment der niederländischen Königin, und im folgenden Jahr wurde ihm die Tradition der alten hannoverschen Regimenter übertragen, so dass es nun den Namen Husaren-Regiment Königin Wilhelmina der Niederlande (Hannoversches) Nr. 15 führte. Infolge dieser Tradition beging das Regiment im Dezember 1903 mit zahlreichen Feierlichkeiten und in Anwesenheit der niederländischen Monarchin sein 100-jähriges Stiftungsfest.

Im Sommer 1914 war die glückliche Friedenszeit vorbei. Schon am Abend des ersten Kriegstages wurde das Regiment auf dem Wandsbeker Güterbahnhof verladen. Auch wenn die Bevölkerung den Soldaten beim Ausmarsch zujubelte, floss manche Träne. Erst nach vier harten Kriegsjahren, in denen sie im Westen wie im Osten gekämpft hatten, kehrten die Wandsbeker Husaren in ihre Friedensgarnison zurück, um hier demobilisiert zu werden.

In der Erinnerung der Wandsbeker blieben „ihre“ Husaren noch lange lebendig, und in mehreren Traditionsvereinen pflegten die Regimentsangehörigen ihre in Frieden und Krieg bewährte Kameradschaft weiter. Im Jahre 1923 errichteten die Ehemaligen in einer Grünanlage gegenüber dem Hauptgebäude der Kaserne ein Ehrenmal, das einen abgesessenen Husaren zeigt, der sein Pferd am Zügel hält. Auf der Rückseite sind die Namen der im Ersten Weltkrieg gefallenen Regimentsangehörigen aufgeführt. Zum 135. Traditionstag ihres Regiments enthüllten sie im Mai 1938 in unmittelbarer Nähe ein weiteres Ehrenmal, das, dem damaligen Zeitgeist folgend, eine ganz andere Note trägt: „Kein Husar, in Betrübnis verloren, mit dem Blick nach rückwärts“, sondern „ein Meldereiter im Galopp, wie wir ihn kennen“, wie es im Spendenaufruf hieß. Zu Ehren der Wandsbeker Husaren erhielt die Straße vor der Kaserne im gleichen Jahr den Namen „Am Husarendenkmal“, und die umliegenden Straßen wurden nach ehemaligen Kommandeuren und Schlachtorten des Regiments umbenannt. Im September 1966 kamen die Veteranen des Regiments anlässlich der 100. Wiederkehr des Regimentsgründungstages letztmalig in Wandsbek zusammen. Diese festlichen Tage waren die letzten, in denen die blauen Uniformen der Husaren in den geschmückten Straßen ihrer ehemaligen Garnisonsstadt zu sehen waren.

In ihre frühere Kaserne zogen im Herbst 1933 Teile der Landespolizei ein. Nach der Wiederherstellung der Wehrhoheit des Reiches wurde die Formation geschlossen in die Wehrmacht überführt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde ein Drittel der Kasernengebäude, die nun den Namen „Hermann Göring Kaserne“ trugen, durch Bomben so stark beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten. Nach dem Krieg wurde wieder die Polizei für viele Jahre Hausherr in der Husarenkaserne, die zusätzliche Dienstgebäude errichten ließ.

Anfang des neuen Jahrtausends wurde im Rahmen des Konzepts der „wachsenden Stadt“ des Hamburger Senats die städtebauliche Verdichtung des Raumes beschlossen. Diese Pläne sahen unter anderem die Aufgabe und Konversion zahlreicher öffentlicher Liegenschaften und Flächen vor. Auch für das Gelände der Husarenkaserne wurden Entwürfe zur Umwandlung in ein Wohngebiet erarbeitet. Zunächst bestand unter Stadtplanern, Politikern und Behörden Konsens, die Gebäude vollständig zu schleifen. Doch dann wurden immer mehr Stimmen laut, die auf deren stadthistorische Bedeutung hinwiesen. Schließlich setzte sich der Denkmalschutz durch. So entstand um den Kern des historischen Gebäudeensembles herum auf fünf Hektar Fläche ein modernes Quartier mit knapp 300 Wohneinheiten. Nach dem Abbruch der Nachkriegsbauten erfolgte im Sommer 2007 die Grundsteinlegung für den „Wohnpark Husarenhof“. Seitdem sind Eigentums- und Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern und 45 Reihenhäuser entstanden. Die Reithalle und die Pferdeställe wurden entkernt, restauriert und für Wohnzwecke umgebaut. In das Stabsgebäude ist eine Kindertagesstätte eingezogen. Insbesondere die Reithalle stellt als „revitalisiertes Denkmal“ eine architektonische Besonderheit dar. Das alte Dach mit seinen 23 Metern Spannweite blieb im mittleren Teil als „offener Luftraum“ erhalten, so dass die historische Holzkonstruktion sichtbar ist. Unter dem offenen Dachbereich ist ein neues Haus mit elf Eigentumswohnungen entstanden.

An keinem anderen Ort sind die Wandsbeker Husaren und die preußische Vergangenheit Wandsbeks, das seit 1938 zum als „nicht militärfromm“ geltenden Hamburg gehört, so präsent wie hier. Doch auch sonst sind die blauen Reiter nicht ganz vergessen. Ein Chor hat sich ihren Namen gegeben, und auch die örtliche Feuerwehr führt stolz die Bezeichnung „Die Wandsbeker Husaren“.  Jan Heitmann


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