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02.04.11 / Schweigen ist die Todsünde / Aktive Kommunikation ist für die Krisenbewältigung unverzichtbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-11 vom 02. April 2011

Schweigen ist die Todsünde
Aktive Kommunikation ist für die Krisenbewältigung unverzichtbar

Über einer Chemifabrik steht eine gelbe Wolke, aus einem verun- glückten Güterzug entweicht eine giftige Flüssigkeit, nach starken Schneefällen bricht die Stromversorgung zusammen. So unterschiedlich diese Situationen erscheinen, haben sie doch eines gemeinsam: Die Menschen sind verunsichert und erwarten von den Verantwortlichen Information und Orientierung. Lassen die sie jetzt allein, droht ein kommunikatives Desaster, das schnell zur Eskalation der Krise führen kann.

Katastrophen und Konflikte kündigen sich selten an. Für die Verantwortlichen und die handelnden Akteure bedeuten sie meist eine Krise. Die Medien und die Öffentlichkeit haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf deren Entstehung, Verlauf, Auswirkungen und Folgen. In der modernen Mediengesellschaft ist daher eine professionelle Kommunikation mit der Öffentlichkeit unverzichtbarer Bestandteil des Krisenmanagements.

Der Mensch reagiert auf eine vermeintliche oder tatsächliche Bedrohung hoch empfindlich und nicht immer rational. Die Reaktionsgrundmuster sind Panik, Flucht, Verharrung und Kampf dem (vermeintlichen) Verursacher. Um eine Eskalation der Krise zu verhindern, sind jedoch Ruhe und Besonnenheit sowie Verlass auf die Verantwortlichen nötig.

Hier kommt die Krisenkommunikation ins Spiel. Sie umfasst alle kommunikativen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit einer Krisensituation ergriffen werden. Ihr Ziel ist – neben der reinen Informationsvermittlung – die Bewältigung der Ängste der Menschen und die Verhinderung oder Begrenzung von Vertrauensverlust. Sie erfordert die frühzeitige Erarbeitung von kommunikativen Strategien zur Vorbereitung auf Krisensituationen und zum kommunikativen Krisenmanagement, also zum öffentlichen Auftreten während einer Krise. Je intensiver das Ereignis die Menschen betrifft, desto stärker ist das öffentliche Interesse und umso brisanter die Berichterstattung. Diese lässt sich weder verhindern noch lenken oder gar zensieren. Nicht derjenige, der Gegenstand des Medieninteresses ist, bestimmt Themen und Tendenz, sondern die Medien selbst. Wer sich ihnen verschließt, fördert Angst, Miss-trauen, Spekulationen, Verdächtigungen und Wut. Folge: Die Öffentlichkeit „entgleitet“ den Akteuren.

Diese Herausforderung kann nur bewältigt werden, wenn es gelingt, durch verzugslose und stets wahrheitsgemäße Information, Offenheit und Verständnis für die Besorgnis der Menschen deren Emotionen zu steuern und Vertrauen und Glaubwürdigkeit aufzubauen. Dazu müssen die Akteure eine klare Zuordnung von Zuständigkeiten treffen. Andererseits müssen sie sich abstimmen, um inhaltlich und argumentativ einheitlich und widerspruchslos aufzutreten.

Ministerien, Behörden und Unternehmensleitungen haben die Bedeutung einer professionellen Krisenkommunikation lange ignoriert. Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in der Krise erfolgte unkoordiniert und wurde erst dann, wenn es eigentlich schon zu spät war, „aus der Tasche gefahren“. Mittlerweile jedoch hat ein Umdenken eingesetzt. Das Bundesinnenministerium hat 2008 einen Leitfaden „Krisenkommunikation“ für Behörden und Unternehmen erarbeitet. In der Katastrophenschutzausbildung steht Medientraining auf dem Stundenplan. Auch bei Übungen werden die Handelnden mit der Presse konfrontiert. Kommunikations- und Medientrainer, die Führungskräfte von Behörden und Unternehmen auf den Medienauftritt vorbereiten, haben Hochkonjunktur. Denn: Wer hier spart, zahlt die Zeche in der Krise. Jan Heitmann


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