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02.04.11 / Die Mär vom »guten« Rebell

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-11 vom 02. April 2011

Die Mär vom »guten« Rebell
von Hinrich E. Bues

Eine fast unheimliche Sympathie schlägt den Rebellen in Nordafrika und dem Nahen Osten entgegen. Es heißt, sie würden sich für Freiheit und Demokratie erheben. Dabei bleibt völlig unklar, wer oder was nach der Absetzung der Diktatoren an ihre Stelle treten soll.

Der Rebellenkampf in Libyen, der derzeit von alliierten Luftstreitkräften unterstützt wird, gibt in dieser Hinsicht besonders viele Rätsel auf. Warum dieser Einsatz jetzt in Libyen? Im Vergleich zu Gaddafi gäbe es auf der Welt weit blutrünstigere Diktatoren. Der libyschen Bevölkerung ging es in den letzten Jahrzehnten relativ gut. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt an der Spitze Afrikas. Libyen verfügt über reiche Bodenschätze an qualitativ gutem Erdöl und Erdgas, zudem über ein gewaltiges Trinkwasserreservoir unter dem Wüstenboden, das ganz Nordafrika versorgen könnte.

Wer aber sind die Rebellen? Man weiß nicht viel von ihnen. Für eine republikanische Demokratie haben sie bisher nicht offiziell plädiert. Sie sind in der Mehrheit Moslems. Die „Welt“ bildete jüngst auf der Titelseite einen betenden Rebellen im Wüstensand ab. Bei genauerer Betrachtung dieses Fotos kamen jedoch Zweifel auf: Der angebliche Wüstenkämpfer trug blitzsaubere Schuhe und eine ebenso blitzblanke Panzerfaust. Ein solches Bild sollte misstrauisch machen, zumal wenn es um die unselige Verbindung von Waffengewalt und Gebet geht.

Aus den umkämpften Provinzen sind nur wenig objektive Informationen zu erhalten. Oftmals werden die Rebellen als junge Männer beschrieben, die nach ihrer Schul- oder Hochschulausbildung als „Techniker“ oder „Ingenieure“ arbeitslos sind. Das liegt in Libyen (anders als in Ägypten) nicht an mangelnden Gelegenheiten, sondern an einer gewissen Arbeitsscheu. Ein Heer von Gastarbeitern hat diesen Mangel bisher ausgeglichen. Nun ziehen die jungen Männer, fast gänzlich unvorbereitet, teilweise mit Privatwagen in den Krieg.

Die neuen Milizionäre scheinen dabei keineswegs „besser“ als die alten Gaddafi-Truppen zu sein. Flüchtlinge aus der Rebellenhochburg Bengasi berichten an der ägyptischen Grenze von systematischen Hausdurchsuchungen, Plünderungen und sofortigen Exekutionen von vermeintlichen Revolutionsgegnern. Allein die schwarze Hautfarbe reiche schon aus, um jemanden als „Söldner“ Gaddafis zu töten. Der von Frankreich bereits anerkannte Übergangsrat der Rebellen erklärt dazu schulterzuckend, dass „Jugendliche“ ihre eigenen Gesetze machen würden. Die westliche Allianz steht mit dem vorschnellen Militäreinsatz in Libyen, der in Umfragen von zwei Drittel der deutschen Bevölkerung abgelehnt wird, vor gewaltigen Problemen. Die Einheit des rohstoffreichen Libyen ist nicht erst seit der europäischen Kolonialherrschaft gefährdet, sondern seit Jahrhunderten durch Stammesfehden bedroht. Der Islam hat diese Tendenz eher verstärkt als besänftigt. Auch nach den negativen Erfahrungen im Irak und Afghanistan lässt der Westen die zentrale Frage „Was kommt nach Gaddafi?“ ungeklärt. Es ist sträflich, die Kultur und Geschichte eines Landes, besonders die Stammes- und Religionskonflikte, weitgehend unbeachtet zu lassen. Hier hilft die Mär vom vermeintlich „guten“ Rebellen in den westlichen Medien nicht weiter.


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