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09.04.11 / Ohne Atom kein Ökostrom / Baden-Württemberg: Die designierte rot-grüne Landesregierung will Energieversorger EnBW umbauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-11 vom 09. April 2011

Ohne Atom kein Ökostrom
Baden-Württemberg: Die designierte rot-grüne Landesregierung will Energieversorger EnBW umbauen

Geldsorgen, CDU-nahe Kommunen und Stadtwerke sowie die eigenen Anhänger zerstören die Pläne von Winfried Kretschmann (Grüne), EnBW zum größten Ökostrom-Anbieter Deutschlands zu machen.

Bis zum 6. April hatten die Aktionäre des Energieversorgers EnBW die Möglichkeit, ihre Anteile zu einem attraktiven Preis von 41,50 Euro an das Land Baden-Württemberg zu verkaufen. Doch obwohl die Zukunftsaussichten für das Unternehmen nach dem Atom-Moratorium der schwarz-gelben Bundesregierung bescheiden sind, nahmen zahlreiche Kommunen und Stadtwerke das Angebot nicht an. Ökonomisch ist ihre Entscheidung, die Aktien zu halten, auf den ersten Blick nicht sinnvoll. Nach der von Angela Merkel nach dem japanischen Atomunfall in Fukushima eingeleiteten Atomwende steht EnBW vor ernsthaften Problemen. 51 Prozent des Stroms, den das Unternehmen produziert, stammten bisher aus Kernkraft. Doch nun sind die Meiler Neckarwestheim I (Baujahr 1976) und Philippsburg (Baujahr 1979) vom Netz. Somit wurde aufgrund einer Entscheidung aus Berlin der Jahresumsatz des Unternehmens mit einem Schlag um rund 500 Millionen Euro reduziert.

Weniger Umsatz bedeutet weniger Gewinn, so die einfache Schlussfolgerung, die die Aktionäre von EnBW nun verkraften müssen. Das ist folgenschwer, weil die meisten Kommunen genau wie das Land ihre EnBW-Käufe über Kredite finanziert haben. Der scheidende Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hatte erst zum Jahreswechsel ein riesiges Aktienpaket vom französischen Energieversorger EDF für 4,7 Milliarden Euro zurückgekauft. Zins und Tilgung sollten über die Gewinne finanziert werden, doch die werden nun deutlich geringer ausfallen, so dass das Land und die Kommunen ihre Kredite mit über die laufenden Haushalte finanzieren müssen.

Das bringt Mappus-Nachfolger Winfried Kretschmann (Grüne) massiv in Bedrängnis. Eigentlich will er EnBW zum führenden Ökostrom-Anbieter in Deutschland ausbauen, doch dafür braucht man Geld für Investitionen. Gleichzeitig braucht er nun auch Geld, um die Kredite zu bedienen. Und dann war da ja noch der 6. April, an dem sich trotz der misslichen Lage, in der sich EnBW und somit auch seine Aktionäre befinden, diese gegen einen Verkauf zu einem attraktiven Festpreis entschieden. Egal, ob die Stadt Karlsruhe, die freien Aktionäre des Neckar-Elektrizitätsverbandes, die Badische Energieaktionärs-Vereinigung oder der Gemeindeelektrizitätsverband Schwarzwald-Donau, sie alle verkauften höchstens einen kleinen Teil ihrer Aktien. Sie wollen zusammen mit den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken (OEW), einem Zweck-verband von zehn wohlhabenden Landkreisen am Bodensee, die Mehrheit an EnBW halten. OEW besitzt wie das Land rund 45 Prozent an EnBW. Sie alle – die meisten von ihnen CDU-affin – wollen verhindern, dass die neue grün-rote Landesregierung EnBW zum grünen Prestige-Projekt umformt und somit die Versorgungssicherheit und die Versorgung der ansässigen Unternehmen mit günstigem Strom gefährdet.

Während sich die genannten Unternehmen den Luxus leisten, ihre Aktien aus politischen Erwägungen heraus zu halten, sieht sich der künftige Ministerpräsident Kretschmann kaum in der Lage, aus politischen Motiven heraus zu handeln. Denn nicht nur die Kommunen drohen mit Veto zu seinen Plänen, auch im EnBW-Aufsichtsrat zeichnet sich ab, dass er dort nicht seine Leute platzieren kann. Bereits am 19. April, noch bevor die neue grün-rote Regierung steht, wird bei der Hauptversammlung der neue Aufsichtsrat gewählt. Die Kandidaten hierfür hat noch Stefan Mappus in Stellung gebracht. Kretschmann versucht, deren Wahl zwar irgendwie zu verhindern, weiß aber nicht wie. Aber wie soll er ein Unternehmen nach grünen Plänen umbauen, wenn er weder im Aufsichtsrat seine Leute hat, noch die Mehrheit der Aktien hält und zudem das Geld für Investitionen fehlt?

Zu allem Überfluss muss er auch noch mit Gegenwind aus dem eigenen Lager rechnen. Das zusammen mit RWE geplante Pumpspeicherkraftwerk Schluchsee, das eine höhere Leistung als die meisten Kernkraftwerke hierzulande hat und durch überschüssige Wind- und Sonnenenergie gespeist werden soll, wird von Bürgerinitiativen massiv bekämpft. Eigentlich sollte das Milliardenprojekt bereits 2018 in Betrieb gehen, doch der Widerstand der Bürger, viele von ihnen Anhänger der Grünen, macht diesen Plan zunichte. Und auch der Bau weiterer Windparks wird blockiert. Begründung: Man wolle keine Touristen abschrecken.

Und als wäre all das nicht schon hart genug, attestiert nun auch noch ein von Greenpeace in Auftrag gegebenes Gutachten genau das, was der Atomkraft-Gegner Kretschmann schon ahnt: Ohne die Meiler ist der Umbau zum größten Ökostrom-Anbieter nicht finanzierbar. Rebecca Bellano


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