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09.04.11 / Zurück zu den liberalen Wurzeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-11 vom 09. April 2011

Moment mal!
Zurück zu den liberalen Wurzeln
von Klaus Rainer Röhl

War Westerwelle ein Populist? Ich denke, dass er gerne einer gewesen wäre. Er liebte die Außenwirkung, die große Geste. Vom berühmten „Guidomobil“ und der Zahl 18 auf den Schuhsohlen bis zu seinem letzten Auftritt in China, als sein Sturz in Berlin schon beschlossen war. Berühmt auch seine Auftritte beim Aachener Karneval „Wider den tierischen Ernst“. Seitdem ist Guido Westerwelle dort immer dabei. Öche Alaaf! Mutig. Zweimal war er schon in der Bütt. Und nach dem mit System herbeigeführten Sturz seines engen Parteifreunds Möllemann und dem er-pressten Rücktritt Gerhardts war er an der Macht. Unter ihm zog die FDP immerhin wieder in zwölf Landtage ein und gewann. Doch in den letzten Monaten folgte Niederlage auf Niederlage im Bund und in den Ländern.

Wie ist der FDP nun noch zu helfen? Ganz einfach: Die FDP muss, damit sie in zukünftigen Wahlkämpfen nicht als Umfallerpartei und Mehrheitsbeschafferin für die CDU endgültig jede Glaubwürdigkeit verliert, das tun, was sie dauernd von sich selbst fordert: Ihr Profil schärfen. Sie muss möglicherweise etwas weniger vom Geld reden und nicht nur von Statistiken, sondern mehr von den „Menschen in unserem Lande“. Auf gut deutsch: Die Partei muss menschenfreundlicher werden, solidarischer, brüderlicher. Ein Brüderle macht noch keine Brüderlichkeit.

Vielleicht müsste die Partei auch deutschfreundlicher werden. Die Menschen in diesem Lande, das sind nämlich die Deutschen. So deutschfreundlich wie Theodor Heuss, Thomas Dehler, Erich Mende es waren, auch Otto Graf Lambsdorff und alle großen Liberalen, die sich ganz selbstverständlich (auch) als National-Liberale empfanden. Zwölf Prozent brachten sie in ihrer guten Zeit auf die Waagschale. Auf 15 Prozent bezifferte das Allensbacher Institut das Wählerpotential für eine demokratische Rechte. In Bayern wird dieses Potenzial fast völlig von der CSU ausgeschöpft. Aber in den übrigen Bundesländern? In Deutschland ist an der Stelle, wo eine solche rechtsliberale Partei sein müsste, deren natürliche Verbündete der Mittelstand und das Handwerk wären, ein Loch. Ein Vakuum. Dabei sorgen gerade die mittelständischen Betriebe, wie jede neue Untersuchung zeigt, für ein weiterhin solides Wirtschaftswachstum und mehr Arbeitsplätze.

Das Feld ist offen. Die nächste Wahl kommt bestimmt. Liebe Parteifreunde! Die Musik spielt längst woanders. Unsere öffentliche Diskussion bestimmt seit mehr als einem Jahr Thilo Sarrazin. Daran wird sich trotz einer Schockpause auch nach den Angstwahlen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nichts ändern. Das Problem der unerwünschten Zuwanderung von vier Millionen Muslimen, seit Jahren verniedlichend „Migranten“ genannt, bleibt auf der Tagesordnung und auch die bei den Angstwahlen gebildeten rot-grünen oder grün-roten Regierungen müssen sich damit auseinandersetzen. Denn es ist ein Problem, bei dem es um unsere Existenz geht. Die Existenz der – noch – deutschen Mehrheit im Land. Die Zeiten, in der die sogenannten 68er die öffentliche Meinung bestimmten, die Themen setzten und am Ende ihre Ziele erreichten, sind vorbei. Die multikulturellen Seifenblasen und Seifenopern genauso wie die Anbiederung an lautstarke Minderheiten. Wir sind wieder einmal und immer noch das Volk. Und das Volk beginnt langsam, seine eigenen Interessen wahrzunehmen. Wie oft habe ich in diesen Jahren der Kanzlerin, der FDP und allen ihren Beratern empfohlen, bei aller Gastfreundschaft und globalen Offenheit auch die eigenen Landsleute nicht zu vergessen, etwas Deutschfreundlichkeit an den Tag zu legen. Schon im Winter 2010 war es langsam ins Bewusstsein gedrungen: Schlagzeile der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ („FAS“): „Kampf der Deutschenfeindlichkeit!“ Bundesfamilienministerin Kristina Schröder sagte der „FAS“: „Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit müssten in aller Härte bekämpft werden. Aber auch Deutschenfeindlichkeit ist Fremdenfeindlichkeit, ja Rassismus! Denn hier wird jemand diskriminiert, weil er einer bestimmte Ethnie angehört.“ Die Ministerin forderte sogar, deutschenfeindliches Vorgehen müsse juristisch besser geahndet werden können. Die „Volksverhetzung“ könne bisher leider nicht auf Deutschenfeindlichkeit angewandt werden.

Na endlich. Auch wir gehören zu Deutschland. Auch die Deutschen. Besucher sind herzlich willkommen, aber, so Seehofer im „Focus“: Menschen aus anderen Kulturkreisen wie der Türkei und arabischen Ländern täten sich in Deutschland schwerer. Daraus ziehe er den Schluss, „dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen!“ Nun, ist das ein Wort?

Alle haben das inzwischen gehört, nur in die abgeschirmten Kammern des Kanzleramtes und in den Kopf der Kanzlerin ist es noch nicht gedrungen. Der mögliche Grund: Sie hat Sarrazin, nach eigenen Angaben, auch nach einem Jahr immer noch nicht gelesen.

Stattdessen träumt sie von einer Koalition mit den Grünen, von einer endgültigen Energiewende. Träume kann man nicht verbieten, aber die Realos bei den Grünen lachen sie nur aus. Sie haben längst ihr eigenes Konzept, die Wirtschaft und damit die Gesellschaft zu ändern, ein Konzept, bei dem Regulierung und Lenkung im Vordergrund stehen. Dazu brauchen sie die Union nicht. Doch Deutschlands Zukunft wird sicher nicht in Stuttgart entschieden und auch nicht durch hektische Abschaltung der Kernkraftwerke und Umformung der ganzen Gesellschaft zu einem Volk von Wärmedämmern und Stromsparern. Die wichtigste Zukunftsaufgabe ist die Beendigung der Verschuldung durch einen nicht mehr zu bezahlenden Sozialstaat und die Erhaltung einer erfolgreichen, global konkurrenzfähigen Wirtschaft. Offensichtlich geht das nur mit einer runderneuerten CDU. Die Grünen gibt es schon, eine SPD gibt es – noch –, ebenso die Partei „Die Linke“. Nachahmung zwecklos. Anbiederung ebenfalls. Mit der gegenwärtigen Politik der Union sind weitere Wahlen nicht mehr zu gewinnen. Ein Grund mehr, warum das Land eine starke FDP braucht.

 

Dr. Klaus Rainer Röhl ist seit 1993 Mitglied der FDP. Er wird dem national-liberalen Flügel unter dem ehemaligen Generalstaatsanwalt Alexander v. Stahl zugerechnet. Im Juni erscheint sein neues Buch „Sarrazin für Anfänger“, Universitas Verlag.


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