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09.04.11 / Kaiser, Kleriker und Kaufleute / Fünf Ausstellungen zeigen packende Geschichten rund ums Kulturerbe aus den vergangenen 1500 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-11 vom 09. April 2011

Kaiser, Kleriker und Kaufleute
Fünf Ausstellungen zeigen packende Geschichten rund ums Kulturerbe aus den vergangenen 1500 Jahren

Die Eintracht von Braukunst und Klosterleben, die Zwietracht zwischen Salierkaisern und Päpsten, Krieg und Frieden auf einer Fernhandelsroute, Uta und der Naumburger Meister: Kulturhistorische Ausstellungen an geschichtsträchtigen Schauplätzen geben in den nächsten Monaten spannende Einblicke in die deutsche und europäische Vergangenheit.

Was wäre Europa ohne das auf Benedikt von Nursia (um 480/90–550/60) zurückgehende Mönchtum? Klöster waren in einer Zeit, in der nicht einmal Kaiser und Könige des Lesens und Schreibens kundig waren, Horte des Wissens und der Wissenschaft. Das veranschaulicht uns ab Juli an historischer Stätte, dem vor 800 Jahren gegründeten Kloster Dahlheim im Kreis Paderborn, die von Helga Fabritius kuratierte Ausstellung „Macht des Wortes“. Die Schau zeige, so die Kuratorin, „in welch vielfältiger Weise der Benediktinerorden als europäischer Kulturträger das Bild des Kontinents bis heute beeinflusst“. Als populärstes Beispiel nennt sie die von den Benediktinern kultivierte Braukunst. Zu den Attraktionen der Schau gehören Höhepunkte der Buchmalerei, reich bestickte liturgische Gewänder, Prunkkelche und weitere kostbare Beispiele der Schatzkunst.

Eines der berühmtesten Benediktinerklöster war Lorsch. Im Museumszentrum Lorsch und auf dem Klostergelände, dessen Glanzlicht die einzigartige karolingische „Königshalle“ ist, wird ab Mai die Ausstellung „Vom Reichskloster Karls des Großen zum Weltkulturerbe der Menschheit“ gezeigt. Im Blickpunkt stehen erstmals präsentierte archäologische Funde der in jüngster Zeit durchgeführten Ausgrabungen. Sie geben Auskunft über die Klostergebäude bis hin zu einer luxuriösen Toilettenanlage sowie über Leben und Arbeiten der Mönche. Zu den herausragenden Ausstellungsstücken werden karolingische, ottonische und romanische Bauskulpturen gehören. Bernhard Pinsker, der wissenschaftliche Leiter des Ausstellungsprojekts, kündigt weitere Prunkstücke an: „Der Sarkophag Ludwigs des Deutschen, vergoldeter (einmalig) und figürlich bemalter Wandputz von der Innenausstattung der Kirche, der Grabstein eines ,gequälten‘ Klosterlehrers.“

Kloster Lorsch war bis in die Zeit der Salier ein geistiger und politischer Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reiches. Prominentestes Bauwerk der Salier aber ist der Dom zu Speyer, der dieses Jahr sein 950. Weihejubiläum feiert. Als Grabstätte der vier Salierkaiser ist er zudem das größte Exponat der ab April laufenden Ausstellung „Die Salier – Macht im Wandel“. Im benachbarten Historischen Museum vermitteln Funde aus den Kaisergräbern und andere wertvolle Exponate Einblicke in eine von dramatischen Umbrüchen geprägte Zeit. Weit reichende Folgen hatte der Konflikt zwischen den Salierkaisern und den Päpsten um das Vorrecht der Einsetzung von Bischöfen und Äbten, der sogenannte „Investiturstreit“. Zu den herausragenden Leihgaben wird die in Cambridge ausgeliehene Kaiserchronik Heinrichs V. gehören. Seine Regierungszeit (1099–1125) bildet den Schwerpunkt der Schau, wie Projektleiterin Sabine Kaufmann ankündigt. Sie ergänzt: „Aus der Auseinandersetzung des sogenannten Investiturstreits geht letztlich der Papst gestärkt hervor, während das Kaisertum an alleinigem Machtanspruch verloren hat.“ Auch die Fürsten des Reiches gewinnen an Einfluss: „Sie sind es auch, die die Macht haben, den Kaiser zu zwingen, sich im Wormser Konkordat mit dem Papst zu einigen.“

Wie der Kaiserdom zu Speyer ist auch der Mitte des 13. Jahrhunderts vollendete Naumburger Dom ein Kulturdenkmal ersten Ranges. Jeder Kreuzworträtsellöser kennt die Frage: „Stifterfigur im Naumburger Dom mit drei Buchstaben.“ Die Antwort lautet bekanntlich „Uta“.

Sie und die elf anderen lebensgroßen Stifterfiguren sind die prominentesten Schöpfungen des Naumburger Meisters, dem im Dom und an weiteren Schauplätzen in Naumburg ab Juni eine große Ausstellung gewidmet sein wird.

Aber wer war eigentlich der Naumburger Meister? Ausstellungssekretär Guido Siebert gibt die Antwort: „Unter dem Namen Naumburger Meister ist ein einzelner Künstler zu verstehen, der als leitender Bildhauer und Architekt einem Werkstattverband von Steinmetzen und Bildhauern vorstand.“ Dessen künstlerische Spuren lassen sich von Reims über Mainz und Bassenheim bis nach Meißen verfolgen. Und was ist das Besondere an seinem Schaffen? Der Naumburger Meister „verhalf den Skulpturen zu einem neuartigen menschlichen Ausdruck, der innere Empfindungen in der äußeren Gestalt sichtbar machte“, erklärt  Siebert.

Während seiner Wanderschaft war der Naumburger Meister auf der „via regia“ unterwegs. Diese historisch bedeutsamste Fernhandelsstraße zwischen West- und Osteuropa führt über Mainz und Frankfurt am Main, Erfurt, Naumburg und Leipzig nach Breslau und Krakau. In die Stadt Görlitz tritt sie durch eine imposante Kanonenbastei aus dem späten 15. Jahrhundert ein: den Kaisertrutz. In ihm wird ab Mai die Schau „via regia – 800 Jahre Bewegung und Begegnung“ stattfinden. Im Blickpunkt stehen das Leben der Menschen an und auf der Straße, der Warenhandel sowie der Austausch von Kunst und Kultur. Als prominente Reisende, die vorgestellt werden, nennt Pressesprecherin Eileen Mägel August den Starken und Napoleon, den romantischen Maler Caspar David Friedrich sowie den als Reformlandwirt von Zar Alexander I. und dem bayerischen König Ludwig I. gleichermaßen geschätzten und mit einem Adelstitel ausgezeichneten Kaufmann und Kunstsammler Maximilian Speck von Sternburg.  Veit-Mario Thiede

„Macht des Wortes. Benediktinisches Mönchtum im Spiegel Europas“, 2. Juli bis 30. Dezember  im Kloster Dalheim, Lichtenheim-Dalheim, www.stiftung-kloster-dalheim.lwl.org

„Kloster Lorsch – Vom Reichskloster Karls des Großen zum Weltkulturerbe der Menschheit“, 28. Mai 2011 bis 29. Januar 2012 im Museumszentrum Lorsch, www.hlmd.de

„Die Salier – Macht im Wandel“, 10. April bis 30. Oktober im Historischen Museum der Pfalz, Speyer, www.museum.speyer.de

„Der Naumburger Meister – Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen“, 29. Juni bis 2. November 2011 im Dom und weiteren Schauplätzen in Naumburg, www.naumburgermeister.eu

„via regia – 800 Jahre Bewegung und Begegnung“, 21. Mai bis 31. Oktober im Kaisertrutz, Görlitz, www.landesausstellung-viaregia.museum


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