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16.04.11 / Sonderfall Syrien / Baschar al-Asad: Ein Feind, dessen Sturz Israel schmerzen würde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Sonderfall Syrien
Baschar al-Asad: Ein Feind, dessen Sturz Israel schmerzen würde

Die Unruhen in arabischen Ländern gehen mit unterschiedlicher Intensität weiter. Syrien ist hier ein Sonderfall, denn es ist das einzige arabische Land mit engen Beziehungen zum Iran und das einzige, in dem eine sunnitische Mehrheit von Nicht-Sunniten dominiert wird: Die Alewiten sind eine schiitische Abspaltung, lehnen allerdings die Scharia ab und sind so liberal, dass sie von den meisten Muslimen gar nicht als Muslime angesehen werden. Die von der Baath-Partei getragene Staatsideologie ist zudem – wie einst im Ägypten Gamal Abd-el-Nassers und im Irak Saddam Husseins – säkular, panarabisch und „sozialistisch“.

Anders als in Tunesien und Ägypten richteten sich die Unruhen bisher auch kaum gegen den Präsidenten Baschar al-Asad selbst, der es zusammen mit seiner Gattin verstanden hat, dem Regime ein fortschrittlicheres Gesicht zu geben und dessen Reformversprechungen (noch) eine gewisse Glaubwürdigkeit haben. Die Proteste richten sich vielmehr gegen die Korruption im Allgemeinen und gegen die vielen lokalen Missstände.

Extremfall ist Deraa in der südwestlichen Ecke Syriens, wo über hundert Tote zu beklagen sind. Der von Al-Asad mittlerweile abgesetzte Gouverneur war nicht zuletzt deswegen so verhasst, weil er wegen einer langen Dürre die Wasserzuteilungen an die Bauern drosselte – der Zugang zum See Genezareth ist ja wegen der israelischen Besetzung des Golan versperrt.

Ebenfalls anders als in Tunesien und Ägypten scheinen Armee, Polizei, Geheimdienste und Verwaltung voll hinter Al-Asad zu stehen. Beobachter sind sich einig, dass ein Regimewechsel sehr blutig sein würde und dass allein der strikte Säkularismus des Baath-Regimes einen religiösen Bürgerkrieg verhindert. Denn es gibt eine Vielzahl meist abstammungsmäßig definierter Konfessionen, darunter 15 Prozent Christen, die wie in Irak und Ägypten am meisten leiden würden. Eine Million irakischer Flüchtlinge in Syrien sind Anschauungsunterricht genug.

Trotzdem sah sich Al-Asad bereits zu gewissen Zugeständnissen an konservativ Religiöse veranlasst: Das einzige Kasino wurde geschlossen, und das erst im Vorjahr verhängte Gesichtsschleierverbot für Lehrerinnen wurde aufgehoben. Auch wurden 300000 aus der Türkei stammende, bisher staatenlose Kurden eingebürgert, was bei der kurdischen Minderheit (etwa zehn Prozent) gut ankommt. Weitere Konzessionen verschiedener Art werden erwartet.

Für die USA geht es zwar nicht ums Öl, denn Syrien wird etwa ab 2020 bereits Netto-Importeur sein, wohl aber um Israel. Und in Israel selbst ist man im Dilemma: Einerseits gilt das Baath-Regime als erbitterter Feind und gewährt der libanesischen Hisbollah logistische Unterstützung. Andererseits sorgte Al-Asad wie zuvor sein Vater dafür, dass es seit dem Oktoberkrieg 1973 zu keiner direkten Konfrontation mehr kam. Ein Bürgerkrieg in Syrien würde daher auch für Israel einige Risiken bringen. R. G. Kerschhofer


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