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16.04.11 / Grün gegen Grün / Protest gegen S21 geht trotz neuer Regierung weiter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Grün gegen Grün
Protest gegen S21 geht trotz neuer Regierung weiter

Den Gegnern des Bauprojekts Stuttgart 21 (S21) fehlen nach dem Ende der CDU-Regierung die Feindbilder: Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus ist trotz guten Wahlergebnisses abgewählt, weil ihm ein Koalitionspartner zur Mehrheit fehlt, und die Bahn verkündet einen Baustopp. Die grüne Basis und manche Bürgergruppen wollen dennoch weiter protestieren, vorbeugend nun eben gegen die neue grüne-rote Regierung.

„Es ist ganz klar, dass alle Partner weitermachen, auch mit den Montagsdemos“, sagt Grünen-Regionalrätin Irmela Neipp-Gereke vom Aktionsbündnis gegen das Großvorhaben. Sie ist mit der Auffassung bei den Grünen nicht allein. Selbsternannte „Parkschützer“ verlassen den Schlossgarten und dessen von S21 gefährdete Bäume jetzt nicht in der Erwartung, gesiegt zu haben, sondern weil die Bürger im Frühling auf der Wiese und nicht im Protestzelt sitzen wollen. Die SPD möchte diese Bürger mit einem totalen Baustopp bis zum von ihr geplanten Volksentscheid ködern. Der soll das Schicksal der Großinvestition besiegeln, kalkuliert die Partei.

Der Streit um S21 aber hat die Wahl in Baden-Württemberg nicht entschieden, darin sind sich Analysten einig. So könnte der vom neuerdings kleinen Regierungspartner bevorzugte Volksentscheid Grün-Rot eine ernüchternde Überraschung einbringen. Beide Koalitionäre sind sich nur einig, zuerst einmal den Bau anzuhalten. Die Bahn solle „keine weiteren Fakten“ schaffen, verlangten der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wie sein SPD-Partner und baldiger Minister Nils Schmid während der Koalitionsgespräche.

Jurist Schmid sieht alle Verpflichtungen bei der Bahn: Allein durch die Ankündigung eines Volksentscheides genieße S21 keinen rechtlichen Schutz. Die Bahn könne demnach dem Land die Kosten im Falle eines Aus für das Projekt nicht berechnen – nicht einmal die der bereits laufenden Aufträge. Beamte aus dem Justizministerium weisen diese Sicht inzwischen zurück – peinlich für Schmid. Dessen neue Tonlage hat die Fronten wieder verhärtet.

„Stuttgart 21 kommt mit 100-prozentiger Sicherheit“, sagt Bahnchef Rüdiger Grube. Er pocht auf die „wasserdichten Verträge“ mit dem Land Baden-Württemberg. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG sagt in Richtung neuer Landesregierung: „Und wenn dort jemand meint, dass er aus dem Projekt aussteigen möchte, soll er das allen Partnern sagen, übrigens auch wohin wir die Rechnung schicken sollen. Unsere Forderungen würden sich auf rund 1,5 Milliarden Euro belaufen.“ SPD und Grüne diskutieren noch, welche Rolle sie dem in der Schlichtung zu S21 vereinbarten sogenannten Stresstest und dessen im Sommer vorliegenden Ergebnissen einräumen wollen.

Kretschmanns Mannschaft treibt die Frage um, wie viel Extrakosten oder welche neuen Probleme der Test ergeben muss, damit die Politik S21 streichen kann – ganz ohne Volksentscheid. Die längst erfolgte Schlichtung gerät damit unter die Räder des neuen Bündnisses.

Ein deutliches Signal kommt auch von der Justiz: Freispruch für einen „Parkschützer“. Sich an Baufahrzeuge anzuketten sei keine Nötigung, lautet das Urteil. „Wir denken über neue Formen der politischen Kundgebung nach“, sagt Gangolf Stocker, Aushängeschild der „Parkschützer“ und jüngst zurückgetretener Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S21. Die „Montagsdemos“ gehen weiter.             SV


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