23.04.2024

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16.04.11 / Die FDP im Übergang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-11 vom 16. April 2011

Die FDP im Übergang
von Wilhelm v. Gottberg

Die Würfel sind gefallen. Westerwelle gibt den Bundesvorsitz in seiner FDP ab. Damit geht er einer durchaus möglichen Niederlage beim in Kürze anstehenden Parteitag aus dem Weg. Der 49-Jährige will am Amt des Außenministers festhalten, doch darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Beim Parteitag im Mai in Rostock wird sich der scheidende Vorsitzende einiges anhören müssen. Nicht nur ein erheblicher Teil der FDP-Basis, sondern auch viele im bürgerlichen Lager sehen in Westerwelle den Hauptschuldigen beim Wahldesaster der Liberalen. Er konnte bisher mit dem Amt des Außenministers nicht punkten. Westerwelle erinnert in seinem Auftreten an einen Konfirmanden, der mit gedrechselten Worthülsen bemüht ist, den Erwartungen des Auslandes an Deutschland zu entsprechen. Er war in seiner Partei auf das Generalthema Steuersenkung fixiert. Damit aber hatte er andere wichtige politische Ziele des Liberalismus ausgeblendet. Auch deshalb konnte er seine große Wählerschar bei der letzten Bundestagswahl nicht längerfristig an die FDP binden.

Guido Westerwelles Manko als Politiker ist seit seiner Wahl zum Außenminister deutlich zutage getreten. Als Oppositionspolitiker ist er ernst zu nehmen; er ist angriffslustig und hat keine Scheu, Versäumnisse und Missstände anzuprangern. Diese Rolle konnte er auch als Mitglied der Regierung nicht ablegen, sondern hat sie gegen die eigenen Koalitionäre fortgeführt. Er wollte als Gutmensch der Regierung erscheinen. Das ging schief. Ein Regierungspolitiker muss Politik gestalten, kommunizieren können und um Zustimmung zum eigenen Handeln werben. Vermutlich hat Westerwelle den Zenit seiner politischen Laufbahn bereits überschritten.

Was kommt nach Westerwelle? Gesundheitsminister Philipp Rösler soll neuer FDP-Vorsitzender werden. Auf dem schwierigen Feld der Gesundheitspolitik hat er sich achtbar geschlagen; allerdings nicht durchweg erfolgreich im Sinne des Allgemeinwohls. Die Pharma- und Ärztelobby ist stark. Die Gewerkschaften und die Krankenkassen wirken in der Gesundheitspolitik immer mit. Auf diesem Feld ist es schwer, politische Lorbeeren zu erringen. Rösler muss die Partei programmatisch breiter aufstellen. Steuersenkungen anzustreben ist gut, sie politisch durchzusetzen ist bei der gegenwärtigen Haushaltslage unrealistisch. Rösler wird ein Kernthema der Liberalen neu definieren müssen: „Marktwirtschaft“!

Den Bestrebungen auf der EU-Ebene eine Wirtschaftspolitik mit planwirtschaftlichen Akzenten einzuführen, sollte die FDP ein entschiedenes Nein entgegensetzen. Unter Otto Graf Lambsdorff war das der wichtigste Punkt der FDP. Auch die Geldwertstabilität und die Kriminalitätsbekämpfung könnte die Partei zu wichtigen Punkten machen. Unverständlich, warum sich die FDP nicht um die eingeschränkte Meinungsvielfalt sorgt, zum Beispiel beim Thema Ausländerkriminalität.

Zur Neuausrichtung der Partei gehört auch neues Personal in den politischen Spitzenpositionen. Mit Rainer Brüderle, Birgit Homburger oder Cornelia Pieper ist kein Staat zu machen. Pieper ist eine Fehlbesetzung als Staatsministerin im Außenamt.

Dem jungen Generalsekretär Christian Lindner sollte man noch Zeit geben. Überzeugend ist seine Wende hin zum schnellen Kernenergieausstieg nicht. Ein guter Generalsekretär braucht Lebenserfahrung. Mit zunehmender Lebenserfahrung wächst das Durchsetzungsvermögen. Die FDP hat eine Reihe guter Bundestagsabgeordneter, die für Führungsaufgaben in Frage kommen. Man muss sie nur auf den Schild heben.

Was wird aus der FDP? Ihre Zukunft ist nicht gesichert. Die Ergebnisse des Parteitages und der Ausgang der nächsten Landtagswahlen werden die Beantwortung dieser Frage leichter machen.


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